Das primäre Konzept ist simpel und klar: Real Madrid hörte auch eine Mannschaft mit 3 Linien zu sein und entwickelte sich zu einer mit 5. Die 3 vorherigen und die 2 Schranken. Jede Schranke ist de facto ein Fußballer, der sich zwischen den drei Linien aufstellt. Soll heißen, die erste Schranke verbindet die Verteidigung mit dem Mittelfeld und die zweite Schranke das Mittelfeld mit dem Angriff. Diese Schranken helfen Ancelottis Mannschaft sowohl im Angriff, sowie in der Verteidigung. In der Verteidigung bedeutet jede Schranke eine Abbremsung beim Konterversuch des Gegners. Es ist eine Hürde, die man umgehen muss, und somit Zeit kostet. Wenn der Gegner in Real Madrids Strafraum möchte, muss er 5 anstatt 3 Herausforderungen meistern. Das verlangt mehr Pässe in kleinerem Raum, was die Erfolgschancen verkürzt und die Abwehrarbeit der Blancos stark verbessert. Offensiv gesehen bedeutet das die automatische Möglichkeit für diagonale Pässe. Sie tauchen überall auf. Jeder Spieler ist Teil von mindestens einem Dreieck und so ist die Qualität des Ballbesitzes nach oben explodiert. Bevor es detaillierter beschrieben wird, sollten erstmal die Identitäten der Schranken genannt werden. Die erste Schranke ist Sergio Ramos und die andere James Rodriguez.
Kurz nachdem die Mannschaft ihren Ballbesitz in der gegnerischen Hälfte festsetzt, tritt die erste Schranke in Aktion. Sergio Ramos verlässt die Linie seines Partners, gewinnt an Höhe und belegt eine Position, die der eines 6ers ähnelt. Das tut er zwar nicht immer, denn es ist eine sehr aggressive Aktion ist, so ist das verhältnismäßig sehr oft, in verschiedenen Spielen zu sehen. Selbst wenn Sergio nicht spielt und Varane oder Nacho der LIV ist, so rücken sie auch vor, auch wenn sie dafür weniger gut geeignet sind. Welche Vorteile entspringen aus dieser Schranke? Sehr viele.
Zunächst offensiv, weil es schneller abgehandelt ist. Erstens das Positionieren einer unerwarteten Figur in einer Zone, die ihr gewöhnlicherweise nicht zuspricht, fordert Bewegung der eigenen Spieler und verwirrt den Gegner. Dazu, dadurch dass er eine andere Höhe einnimmt, auch wenn diese auch mal mit der von Kroos zusammentrifft, vereinfacht das Bilden von Dreiecken im linken Sektor mit Marcelo, James/Isco und Ronaldo. Zuletzt, und vielleicht am wichtigsten, erlaubt es Kroos mehr wie ein 8er zu operieren. Der Deutsche teilt mit Ramos die Aufgaben eines 6ers und auch wenn er die größere Bedeutung für diese Zone trägt, so liegt seine Natur noch in der Position des linken 8ers. Wenn Ramos seine Zone absichert, gewinnt Kroos, mit einer wunderbaren Intelligenz, an Höhe und gesellt sich zu Modric. Setzt Madrids Ballbesitz fast am 16er des Rivalen fest mit einer unglaublichen Qualität und Ordnung, strahlt selber eine gewisse Torgefahr aus und, wichtig, bereitet sich aufs Pressing vor. Die erste Schranke ermöglicht es Kroos und Modric, vorher die Doppelsechs auf weiter Flur, als abgesicherte Doppelacht zu agieren, die den Gegner pressen ohne übermäßigen physischen Kraftakt und gegen einen Gegner, der mit dem Rücken zu Casillas steht.
Dass Kroos aufrückt ist eine Variante. Real Madrid löst selten Situationen auf die gleiche Weise. Die Vielseitigkeit ist immens und das das Mittelfeld vor Spielintelligenz explodiert, entscheiden die Spieler ihren nächsten Move je nach Lage. Die Blancos führen nicht aus, sie interpretieren.
Ein anderer Einfluss der Schranke ist, dass Ancelotti das extreme Zurückziehen der Abwehr gelöst hat. Mit Ramos auf 6er Höhe, macht der RIV auch den Raum nach vorne eng und sind bereit, um die Läufe der Gegenspieler auf ihrer Seite zu stoppen. Der rechte IV kann sogar selbst zur Schranke werden, auch wenn das viel seltener passiert. Gegen Liverpool ist das z.B. vorgefallen, als Balotelli es geschafft hat, Varane weiter nach hinten abzudrängen. Real Madrid versucht nichts aufzuzwingen. Man versucht sich anzupassen.
Es folgt die zweite Schranke, James Rodriguez. Oder vielleich James und Gareth Bale. Der, der auf einer Linie mit Kroos und Modric begonnen hatte und dann als Außen eingesetzt wurde wie Di Maria wurde, wie Sergio Ramos, weiter nach vorne vorgerückt. Er positioniert und arbeitet wie ein 10er, den es etwas nach links zieht. Er verbindert das Mittelfeld mit den Stürmern. Wenn nicht Bale diese Rolle belegt. Der Waliser spielt fast als rechter 10er, was ihn näher an die Rolle bringt, die er in seiner letzten Saison bei den Spurs belegte. Sowohl Bale, als auch James kommt diese Rolle sehr entgegen. Die Dynamik ist unglaublich, niemand ist fest auf einer Position, alle kommen und gehen ohne aufzuhören, Dreiecke zu bilden, und dadurch entstehen die vielen Doppelpässe, die man zuletzt bei Madrid genießen durfte. Das geordnete Spiel von Bale und James kommt so zum Vorschein. Vielleicht wird Bale danach nicht mehr als die Rakete gesehen werden und man wird mehr auch seine technischen Qualitäten zu würdigen wissen. James kann als Schranke 2 wie ein 10er aufspielen, auch wenn offiziell ein 4-3-3 im Angriff und ein 4-4-2 in der Verteidigung gespielt wird. Bewegung ist das Stichwort.
Bewegung. Das konstante Tauschen der Positionen, wenn BBC und James in Ballbesitz sind, lässt sich auch bewundern, wenn die hinteren Spieler die Kugel kontrollieren.
http://giant.gfycat.com/GranularAnimatedGrison.gif in dieser wunderbaren Sequenz kann man sehen, wie Ronaldo die Doppelzehn mit James bildet und mit Modric ein Dreieck bildet. Obwohl Bale zunächst der 10er ist, tauschen sowohl der Portugiese, als auch Benzema mit ihn ständig die Position. Da Cristiano sich bewegt, müssen es alle anderen auch tun.
Um die zweite Schranke zuende zu analysieren, ihre defensive Effektivität. Taktisch ist es zweifelsohne ein Erfolg. Es engt den Gegner ein und zwingt ihn, richtung eigenem Tor zu schauen. Mit James als Schranke hat man einen Spieler, der gute Entscheidungen trifft und somit ist der Ballverlust von "großer Qualität". Ancelotti löst so seine Probleme und erlaubt es seinen Gegner nicht, mit einem Pass alle zu überwinden. Nichtsdestotrotz ist die Intensität bei Gareth und Cristiano so mangelhaft, dass selbst technisch nicht herausragende Akteure sich aus der positionell schwierigen Lage befreien können. Weil sich einer der beiden "weigert" einen 5 Meter Lauf anzusetzen, passiert es oft, dass das gesamte Team als Konsequenz nach hinten fallen lassen muss. Dank der 2 Schranken schafft man es aber sich mit Kontrolle zurückzuziehen, da der Gegner immer wieder abgebremst wird. Die kollektive Bemühung, sich 70 Meter fallen zu lassen bleibt aber bestehen und die Ronaldo und Bale könnten sie ohne große Mühe verhindert haben. Doch gut, das Mindset ist auch eine Qualität und diese zwei Spieler besitzen sie nicht. Deswegen hatte Ancelotti so viele Kopfschmerzen und deswegen kann Real Madrid sich nur mit der defensiven Stabilität befassen und nicht mit der Perfektion. Und Stabilität kriegt man hin. Man ist nicht mehr so leicht bezwingbar und maskiert nicht sehr gute Verteidiger wie Kroos und Isco als Balleroberer. Die Verbesserung ist offensichtlich.
Erwähnenswert ist, dass Real Madrid ohne Alonso in der statischen Verteidigung zwar eingebüßt hat, aber immer noch sehr gut darin ist. James, durch seine Geduld, ist eine Verbesserung im Vergleich zu Di Maria und diejenigen, die mit Mourinho gearbeitet haben(Arbeloa, Pepe, Ramos, Varane, Marcelo, Coentrao, Modric…) kann man weiterhin eine herausragende Abwägung zusprechen, wann sie den Raum dem Ballführer vorziehen sollen und wie ihre Körperhaltung sein muss, um den Gegner dorthin zu lenken, wo man sie haben will. Wenn Madrid sich hinten festgesetzt hat, wird es schwer sie zu überwinden. Sei das gesagt, muss ich mich wiederholen: Das Niveau wie einst mit Xabi wird nicht erreicht. Zwischen Kroos und Modric sind einige Pässe und Dribblings möglich, die Alonso nicht erlaubt hätte. Gegen einen Cesc, Götze oder, natürlich, Messi-Neymar, wird die Zuverlässigkeit nicht so stark gegeben sein, wie in der vorherigen Saison.
Jetzt kommt vielleicht die größte Überraschung. James Rodriguez als einer der Mittelfeldspieler mit den größten Leichtigkeit, um Mitspieler abzusichern im europäischen Fußball.
Es wurde versucht zu verdeutlichen, wie wichtig die Rochaden in diesem Real Madrid sind. Vor allem zu sehen beim BBC, aber anwendbar auf alle Spieler. Fast jeder Spieler kann in eines der 5 Spielhöhen auftauchen. Zum Beispiel belegen sowohl Marcelo, Modric wie auch Kroos die Schranke auf der 10. Das alles erlaubt eine Fluidität, denn man bildet ständig Dreiecke und der Gegner kommt nicht mit, denn es ist schwer dazu bereit zu sein, sowohl Marcelo als auch Bale verteidigen zu müssen. Beide fordern sehr unterschiedliche Reaktionen von Seiten des Deckers. Was Carlo nutzt, um seine Spieler dazu zu bringen, in dieser Synergie einzusteigen, ihre Positionen zu verlassen und aggressiv zu sein ist die Laufintensität und taktische Qualität von James Rodriguez. Der Nummer 10 genügt es nicht, seine Mitspielern in der Nähe auszuhelfen, wie es die großzüzigen machen. Er geht noch viel weiter,er unterstützt 6 von seinen 9 Mitspielern. James verstehe alles, was auf dem Platz zu sich geht und deckt Marcelo, Kroos und Modric mit ab und kompensiert die Aktionen von Bale, Ronaldo und Benzema. Das ist von unschätzbaren Wert und ich habe nie sowas gesehen. Dass ein linker 8er die Vorwärtsgänge des rechten 8ers absichert. Die Sicherheit, die diese Fähigkeit Ancelotti gegeben hat, war der Schlüssel, um dieses System zu implementieren. James auf dieser Position ist ein Genuss für die Augen, ein Spieler der ständig Fußball kreiert.
Und warum war Madrids bestes Spiel dann, als Isco auf der Position gespielt hat? Zunächst, weil der Fußball nunmal von den Spielern gespielt wird und Isco ist ein unnormaler Bankspieler, dessen Bankrolle nur damit erklären lässt, dass er in diesem Real Madrid spielt neben James, Kroos, Modric und BBC. Das Genie aus Malaga reift in einer unglaublichen Geschwindigkeit und befindet sich in einer unglaublichen Form, wo es schwer wird, mit ihn mitzuhalten. Logischerweise passt sich die Mannschaft auch an ihn an, wenn er dort spielt, er kopiert nicht den Kolumbianer. Der größte taktische Unterschied ist, dass Isco sich auf ein Profil bewegt. Sein Bewegungsradius in der Vertikalen ist groß, aber er driftet nicht so häufig wie James ins Zentrum und praktisch nie nach rechts. Anders als James aktiviert er nicht 7 Posten, sondern 4: LV, DM, LZM und LA. Die taktische Vielseitigkeit lässt nach, auch wenn sie sehr hoch bleibt. Andererseits ist seine Fixierung auf einer Seite für die Spieler um ihn herum noch besser. Namentlich Marcelo und Kroos. Toni tauscht sehr häufig Positionen mit ihm und ist damit häufiger auf seiner Lieblingsposition und Marcelo wird vollstens entfaltet, denn ihm wird sogar die Möglichkeit gegeben eine Aktion als LZM zu starten und als 10er zu beenden. Alles in allem ist der Tausch keine allgemeine Verschlechterung des Systems. Was man an taktische Vielfältigkeit verliert, gewinnt man an Technik auf engstem Raum und Kontinuität im Ballbesitz. Der Spanier ist der beste in Madrid was das spielen, sich bewegen, Ball empfangen, spielen angeht. Was James vorraus hat ist etwas mehr Torgefahr(Pässe und Tore), mehr Intensität, besseres Passspiel beim Kontern und weniger Fehler, die zu schlimmen Ballverluste führen.
Eine Zone mit großem Gefahrenspotenzial existiert aber noch: Der linke Außenverteidiger verteidigt nicht wie einer. Er macht mit bei der Ballbehauptung und seine Teilnahme beim Pressing aus der 8er Zone - wo er operiert - bringt einige schnelle Ballgewinne. Aber es besteht die Gefahr von Kontrollverlust, die erwähnt werden muss, denn sie könnte Madrid aus einer Partie bringen. Coentrao könnte dies wieder stabilisieren, aber dann kommt wieder die Frage auf.. wie viel Qualität verliert Madrids Ballbesitz? Und wenn es viel wäre, wie viele hohe Ballerboerungen würde man verlieren? Fragen, die natürlich schwer zu beantworten sind und dessen antworten sehr große Bedeutung haben sollten.
Und somit folgt schon das Schlussteil, die davon handelt, dass Ancelotti nicht sehr sturr agiert und bereit ist, auch mal davon abzuweichen. Gegen Villarreal hat der Gegner eine sehr offensive Einstellung gewählt und Ancelotti antwortete mit einem anderem System, als das beschriebene. Das einzige Mal in den letzten 7 Partien.
Ich glaube es wird einem nicht schwer fallen, die Umstellungen zu bemerken, wenn sie sich auf dem Feld zeigen. Die Spieler sind begeistert. Man sieht, wie oft sie unter einander kommunizieren mit Grinsen auf den Backen, denn noch ist das alles nicht perfektioniert. Deswegen sieht man, wie Kroos Isco beauftragt, weiter vorzurücken, oder dass Ronaldo Bale sagt, er soll nach vorne gehen, weil er auf der 10 Platz nehmen will, oder wo James Modric aufm Po klatscht, nachdem er ihn abgedeckt hat.
Ich werde bald einige Bilder anhängen, um die Bewegungen besser zu visualisieren.
Real Madrid hat zur Zeit Spaß beim Kontern, sowie beim Doppelpass. Beim Toreerzielen, sowie beim Kollegen absichern. Die Spieler fühlen sich integriert und fühlen sich gut, denn sie wissen, dass sie etwas wichtiges machen, auf wenn die Nahaufnahme nicht auf sie geht. Und alles, basierend auf das, was Toni und James der Mannschaft gegeben haben in Bezug auf Entscheidungen mit dem Ball am Fuß.
Schwächen? Es gibt sie. Es ist keine perfekte Mannschaft und die stärksten Konkurrenten werden sie auch bestrafen können. Und wenn jemand es schafft, Madrid so stark einen mitzugeben, dass es sich nicht davon erholt, dann wird auch das nicht die sechs Spiele vergessen machen, wo Real Madrid diesen wunderbaren Fußball gespielt hat. Das war großartig.