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Di Stéfano aufgebahrt – Madrid verabschiedet seinen König

Alfredo Di Stéfano lebt nicht mehr. Um 17:15 Uhr hat sein 88-jähriges und in den vergangenen Jahren krankes Herz gestern aufgehört zu schlagen. Don Alfredo war eine Legende des Fußballs und erst recht eine von Real Madrid. Abertausende Anhänger der Königlichen und Bewunderer der Ikone pilgern dementsprechend am heutigen Tage zum Estadio Santiago Bernabéu, in dem Di Stéfanos Sarg aufgebahrt ist – darunter zahlreiche Größen des Klubs.

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Alfredo Di Stéfano
Alfredo Di Stéfanos Sarg, halb abgedeckt mit einem weißen Tuch von Real Madrid

Tausende Madridistas erweisen Legende letzte Ehre

MADRID. Am Montag geht es wieder los: Real Madrid startet in die Saisonvorbereitung – Trainingsauftakt. Doch die Stars werden ihren ersten Arbeitstag der Spielzeit 2014/15 mit gemischten Gefühlen antreten und sicherlich nicht so, wie es in den zurückliegenden Jahren der Fall war. Der kommende Montag wird der siebte Tag nach dem Tod von Legende Alfredo Di Stéfano. Gestern verstarb „la Saeta Rubia“, der „blonde Pfeil“, im Alter von 88 Jahren an den Folgen eines am Samstag erlittenen Herzstillstands. Anders als in der Vergangenheit wird Don Alfredo nun auf jedem Mannschaftsfoto fehlen. Die neue Saison wird die erste ohne die beiden großen Legenden Santiago Bernabéu (verstarb bereits am 2. Juni 1978) und Di Stéfano. Der Madridismo trauert.

Und heute verabschiedet er sich vom komplettesten und somit besten Fußballer aller Zeiten, wie immer wieder zu hören ist. Tausende Fans pilgerten bereits am Morgen in Scharen zum Estadio Santiago Bernabéu, in dem der Leichnam des in Buenos Aires geborenen Argentiniers, der sich mit dem Alter immer mehr wie ein Spanier fühlte, in Madrid sein Zuhause fand und 31 Mal für die „Selección“ auflief, ab 10:30 Uhr aufgebahrt wird. Jeder Madridista kann noch bis 21 Uhr Abschied nehmen. Und morgen von 9:30 bis 15 Uhr. Abschied von dem Gesicht des Vereins. „Spricht man über Di Stéfano, spricht man über Real Madrid“, verdeutlichte Kapitän Iker Casillas die Bedeutung des einstigen Torjägers und weltbesten Spielers der 1950er-Jahre. „San Iker“ erwies Don Alfredo ebenso die letzte Ehre wie Sergio Ramos, Daniel Carvajal, Nacho Fernández, Fernando Hierro, José Antonio Camacho, PirriAmancio Amaro oder UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino. Mit Präsident Enrique Cerezo und Spielführer Gabi kamen sogar die Stadtrivalen von Atlético Madrid. „Das ist das Mindeste, was wir tun können“, so ein ebenfalls ergriffener Atlético-Boss. Auch zugegen waren Bürgermeisterin Ana Botella und natürlich Vereinsspitze Florentino Pérez sowie Emilio Butragueño, Direktor für institutionelle Beziehungen.

Sie alle behalten den Mann, der Real Madrid an die Weltspitze des Fußballs führte, gerne in Erinnerung – in guter Erinnerung. Ein Vorbild sei er gewesen, eine absolute Ikone Real Madrids. Jeder, der an diesem Tag des Abschieds ins Mikrofon sprach, bezeichnete Di Stéfano als den Allergrößten. Und: „Er war immer sehr herzlich zu mir“, so Butragueño, der einst in Di Stéfanos Schule ging. Als Menschen, der einem immer sehr nahe gestanden habe, beschrieben Ramos und Nacho den verstorbenen, aber nicht vergessenen König der Königlichen. Er sei stets jemand mit einem lockeren Spruch oder Kommentar gewesen. Und so entwickelte sich beispielsweise eine Pressekonferenz zu 50 Jahren Di Stéfano bei Real Madrid eher zu einer Spaß-Veranstaltung. Auf dem Podium riss er einen Spruch und Witz nach dem anderen, ganz zur Belustigung der schreibenden Zunft. Harmonie und Freude bestimmten Begegnungen mit der argentinisch-spanischen Legende. Sie überzeugte nicht nur auf dem grünen Rasen mit Leistungen, sondern auch abseits des Platzes mit ihrem Wesen.

„Er ist mit keinem Spieler der Welt vergleichbar. Maradona, Cruyff oder Messi waren sehr gut, aber das waren Individualisten. Komplett war nur Di Stéfano. Er war Verteidiger, die Mitte und Angreifer. Nicht mal Pelé kann man mit ihm vergleichen. Uns hat der älteste Bruder verlassen, denn der Vater war Bernabéu, der auch während der WM gestorben ist – 1978. Alfredo war fantastisch, sympatisch, mit einem Gefühl für Humor“, so José Martínez Sánchez, geläufiger bekannt als Pirri, über den früheren Torjäger, dessen Familie den ausdrücklichen Wunsch gehabt habe, ihm die letzte Ehre im Stadion zu erweisen, wie Präsident Pérez mitteilte. „Dieses Stadion war sein heiliger Grund, sein Leben“, so der 67-Jährige.

Emotionen, Ergriffenheit und Erinnerungen bestimmen den heutigen Tag, den Tag des Abschieds. Fanklubs und Ex-Vereine Di Stéfanos stellten riesige Blumenkränze ab. Nachdem sich Madridistas jeden Alters auf einer riesigen Plakatwand mit letzten Worten an ihre Legende eintrugen, bekreuzigten sie sich über den ganzen Tag hinweg schlangestehend vor dem Sarg „Viejos“, des Alten. Blumen und kleinere Geschenke wurden niedergelegt, viele mit Tränen beträufelt. Vizekapitän Ramos war nicht anders zumute. „Das ist ein trauriger Tag für die Welt des Fußballs. Er ist eine Ikone und symbolisiert Real Madrid“, meinte der 28-Jährige: „Am Tag meiner Präsentation gab er mir das Trikot und sagte mir: ‚Vergiss nicht, was dieses Trikot repräsentiert.‘ Ich habe ihn nicht spielen sehen, aber es gibt viele Videos, mit denen wir ihn genießen konnte. Er war menschlich, nah. Der Kopfball von ‚la Décima‘ war ebenfalls sein Geist.“ Und er wird im Estadio Santiago Bernabéu bleiben – auch nach dem Abschied…

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

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