
Der Vorwurf: CR7 versteuerte 150 Millionen nicht
HAMBURG. FOOTBALL LEAKS hat wieder zugeschlagen. Diesmal im Zentrum der Enthüllungen: Cristiano Ronaldo. Doch handelt es sich bei den neuesten Offenlegungen nicht um exklusive Vertragsinhalte oder Gehaltszahlungen des Portugiesen, sondern um Dokumente, die beweisen sollen, dass der dreifache Weltfußballer seit 2009, also dem Jahr, als er bei Real Madrid anheuerte, insgesamt zirka 150 Millionen Euro an Werbeeinnahmen am spanischen Fiskus vorbeigeschleust und unterschlagen hat. Die Enthüllungsplattform ließ in diesem Zusammenhang dem europäischen Recherchenetzwerk EIC (European Investigative Collaborations), welchem auch das deutsche Magazin DER SPIEGEL angehört, einen Datensatz mit Spielerverträgen und Geheimdokumenten aus dem Profifußball im Umfang von 1,9 Terabyte zukommen, welchen das Netzwerk in den letzten Monaten umfassend auswertete.
Es ist das größte Datenleck in der Sportgeschichte. Der neue SPIEGEL jetzt zum Download unter https://t.co/IHtP9VNc7O und morgen am Kiosk. pic.twitter.com/HKYrrHIr4j
— DER SPIEGEL (@DerSPIEGEL) 2. Dezember 2016
Aus diesen Dokumenten gehe unter anderem hervor, dass Ronaldo im Winter 2008 seine Bildrechte an die Firma Tollin Associates Ltd., eine Briefkastenfirma mit Sitz auf den britischen Jungferninseln, abtrat. Im Gegenzug standen Ronaldo bis 2015 jegliche Einnahmen von Tollin – abgesehen von kleinen Abzügen – zu. Heißt: Jegliche Werbeeinnahmen von CR7 flossen direkt in die Karibik, wo null Prozent, also keinerlei Steuern auf das eingegangene Geld entrichtet werden mussten. Um große Firmen wie Nike, die äußerst ungerne ihre Gelder in Steueroasen wie die britischen Jungferninseln überweisen, nicht abzuschrecken, bediente sich Ronaldo, respektive dessen Management um Jorge Mendes, folgender Taktik: Die Rechte wurden an zwei weitere Briefkastenfirmen – MIM und Polaris – mit Sitz im irischen Dublin weitergegeben und die Honorare an ebendiese überwiesen, wodurch zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen wurden: Die großen Konzerne waren ruhig gestellt, da das Geld in ein EU-Land floss, andererseits liegt der Firmensteuersatz in Irland lediglich bei 12,5 Prozent, wodurch eine Menge Steuern eingespart wurden. Zum Vergleich: In Spanien beläuft sich selbiger Steuersatz auf 24 Prozent. So wanderten laut den Dokumenten von Football Leaks zwischen 2009 und 2014 insgesamt rund 72 Millionen Euro entweder direkt oder über Umwege auf die Konten der Tollins Associates Ltd. und somit mehr oder weniger direkt auf das Konto des dreifachen Champions-League-Siegers.
Da der Vertrag mit Tollin 2014 auslief, war Ronaldo gezwungen, die Einnahmen in seiner Steuererklärung zu deklarieren, gab anstatt der vollständigen Summe jedoch nur 11,5 Millionen Euro an. In diesem Falle machte sich der Europameister die sogenannte „Lex Beckham“ zu Nutzen, ein 2004 in Spanien eingeführtes Gesetz, welches hochqualifizierte Fachkräfte, also neben Sportlern auch Wissenschaftler und Manager aus dem Ausland, auf die iberische Halbinsel locken sollte. Neben dem Umstand, dass ausländische Spieler, die zuvor zehn Jahre nicht in Spanien gelebt hatten, lediglich 24,75 Prozent Steuern (statt der üblichen 50 Prozent bei Spitzengehältern) auf jegliche Einnahmen innerhalb Spaniens zahlen mussten, blieben Einnahmen aus dem Ausland sogar steuerbefreit. Zwar wurde das Gesetz im Jahre 2010 von der Regierung wieder gekippt, allerdings wurde allen Spielern, die bis 2009 auf die iberische Halbinsel gezogen waren, eine Übergangsfrist bis zum 1. Januar 2015 gewährt. Da Ronaldo seine Einnahmen über Bildrechte in jenem Zeitraum nur zu 20 Prozent aus Spanien bezog, musste er also auch nur jene 11,5 Millionen Euro angeben, welche mit einem Steuersatz von 24 Prozent besteuert wurden (entspricht zirka 2,75 Millionen Euro).
[advert]
Der Trick: Zukünftige Werbeeinnahmen schon verkauft
Noch eine Stufe perfider verfuhr Reals Nummer 7 laut der Vorwürfe mit seinen Bildrechten für die Jahre 2015 bis 2020. Weil die „Lex Beckham“ zum 1. Januar 2015 bekanntlich auslief und fortan jegliche Einnahmen mit dem Spitzensteuersatz von 50 Prozent besteuert wurden, fand man Ende 2014 eine Möglichkeit, die zukünftigen Einkünfte noch in die Steuererklärung für das Jahr 2014 zu „pressen“. Die Bildrechte wurden noch im Dezember auf einen Schlag an die beiden Briefkastenfirmen Arnel und Adifore, hinter denen Valencia-Eigentümer Peter Lim steht und deren Sitz sich ebenfalls auf den britischen Jungferninseln befindet, für 75 Millionen verkauft und konnten somit noch unter den Einnahmen für selbiges Kalenderjahr verbucht werden. Da auch in diesem Fall lediglich 11,25 Millionen für die spanischen Bildrechte fällig wurden, betrug der entrichtete Steuerbetrag auch in diesem Fall nur 2,7 Millionen. Also: Trickreich ja, aber möglicherweise noch legal, wenn auch moralisch fragwürdig.
Insgesamt zahlte Ronaldo bei kumuliert zirka 150 Millionen Euro Werbeeinnahmen also nur ungefähr fünf Millionen Euro an Steuern. Die Beurteilung, ob das vom Portugiesen angewandte Gebahren nun rechtmäßig war oder nicht, liegt nun in den Händen der ermittelnden Finanzbehörden. Dies scheint den Aussagen der ermittelnden Journalisten zufolge wohl auch die Intention hinter den Veröffentlichungen zu sein: (Steuer)Rechtliche Grauzonen aufzudecken und die Behörden auf entsprechende Ungereimtheiten hinzuweisen, wobei die Frage nach der Legalität dieser Vorgehensweisen weiterhin offen ist. Ronaldos beratende Agenur GestiFute veröffentlichte bereits eine Stellungnahme, wonach der portugiesische Nationalspieler stets seinen steuerlichen Pflichten nachgekommen wäre. Abgesehen von der Frage nach der Legalität dieser Geschäfte stellt sich unvermeidlich aber auch die nach der Moral – und diese scheint nach jetzigem Stand der Dinge nicht zwangsläufig gegeben.
? Gestifute publica un certificado de Hacienda afirmando que CRISTIANO RONALDO está al corriente de pagos a 30/11/16 pic.twitter.com/shqwD1Dq5d
— Bernabéu Digital (@bernabeudigital) 3. Dezember 2016
Bleibe immer up-to-date: Folge REAL TOTAL auf Facebook und Twitter!
Community-Beiträge