
Madrid brennt, Torres löscht
MADRID. Ein historischer Abend sollte es werden, und irgendwie geht dieser auch in die Geschichtsbücher ein. Nur leider nicht zur Freude der Madridistas. Statt einer epischen „Remontada“ schreiben zwei Gegentore Geschichte, die es so in Reals 112-jähriger Geschichte noch nie gab – in den jeweils ersten Minuten der beiden Halbzeiten. Und das, obwohl Carlo Ancelotti seine Top-Elf ins Rennen schickte: Navas – Carvajal, Pepe, Ramos, Marcelo – Isco, Kroos, James – Bale, Benzema, Ronaldo.
Und der Abend des Rückspiels im Achtelfinale der Copa del Rey begann so schön, so feurig. Die Fans schenkten ihren Helden den erhofften, spektakulären Empfang am Stadion und Cristiano Ronaldo präsentierte dem Bernabéu seinen Ballon d’Or und erhielt selbst eine Choreografie der Anhängerschaft. Perfekte Gegebenheiten, Madrid brannte! Und Fernando Torres spielte den Feuerwehrmann. 46 Sekunden (!), nicht mal eine Minute dauerte es, da löschte „el Niño“ den Großbrand an der Concha Espina. Madrids Innenverteidigung, sowohl Sergio Ramos als auch Pepe, schien zu sehr auf Offensive gepolt und machte einen alles andere als konzentrierten Eindruck. Erst setzte sich Griezmann durch, dann fackelte Torres nicht lang. 0:1, der Schock in der ersten Minute. So hatte sich der Madridismo das nicht vorgestellt.
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Statt drei benötigten die Merengues plötzlich vier Tore. Machbar! Und dann legten die Hausherren, nach wie vor vom siegessicheren Publikum angefeuert, selbst los wie die Feuerwehr. Bis zum Pausenpfiff feuerten die Blancos 20 Schüsse ab, also plus dem üblichen Streufeuer alle zwei Minuten einen! Aber „Atléti“ hielt dem königlichen Druck irgendwie Stand. Kurz nach dem Rückstand versuchten es Pepe und Bale per Kopf, ein Benzema-Schuss wurde abgeblockt, dann war Oblak vor Ronaldo nach einer Kroos-Ecke zur Stelle. In Minute 20 war es dann soweit und ein neues Feuer entfachte im Fußballtempel der spanischen Hauptstadt: Sergio – wer sonst – Ramos brachte die absolute Hoffnung zurück, als er einen Freistoß von Toni – wer sonst – Kroos (weil zwölfter Assist, zweitbester Wert im Team) über die unbewachte Linie köpfte.
Und es sollte weiter gehen – Real hatte Blut geleckt, Atlético war um Entlastung bemüht, bekam sie aber kaum. Ronaldo hätte wenig später für Führung und eine weitere Explosion sorgen können, doch Mario Suárez hatte etwas dagegen und ersetzte seinen Torhüter. Viel ankreiden konnte man den Blancos nicht: Carvajal mit enorm hohen Einsatz, manchmal etwas zu nervös, Isco maximal bemüht und mit vielen guten Szenen, selbst der sonst gerne mal zurück gezogene Kroos feuerte hin und wieder aus allen Rohren und auch Ramos wurde eher am gegnerischen, denn am eigenen Strafraum gesichtet. Doch es half nichts, man scheiterte an sich, am Gegner, an allem. Ronaldo wollte zu viel, ließ Hakenpässe ins Leere gehen, wurde bei zwei guten Abschlüssen erst von Juanfran, später von Miranda geblockt. Nach einem weiteren, ordentlichen Abschluss des ebenfalls unaufhaltsamen Marcelos ging es mit 20:4 Torschüssen und 72:28 Prozent Ballbesitz in die Kabinen – aber auch nur 1:1. Bedeutete: Real brauchte noch drei Tore!
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Wahnsinn! Haben die legendären Bus-Empfänge der Madridistas eine neue Dimension erreicht? Ein wahres Inferno war das, was sich gegen 18:35 Uhr in der Avenida Concha Espina am Estadio Santiago Bernabéu abspielte.
Die Anhänger tobten, brachten sich in Stimmung und gaben den Stars zusätzliche Motivation. Unzählige bengalische Feuer, laute Gesänge. „Ihr müsst das erste Tor erzielen!“, so Álvaro Arbelos Forderung. Die Fans kamen ihr nach.
Natürlich auch präsent: Reals bekannteste Fan-Gruppierung, die Ultras Sur. Auf dem Banner steht: „Aufgeben ist keine Option.“ Die Anhängerschaft zeigte sich zweifelsohne von ihrer besten Seite!
Es war für den Klub ein Alles-oder-Nichts-Spiel, dennoch richtete sich die Fan-Choreographie beim Einlauf der Mannschaften einzig und allein auf Cristiano Ronaldo.
Warum? Na klar, weil er am Montag seinen dritten Ballon d’Or gewann. Vor dem Anstoß präsentierte der Portugiese dem Madridismo den Titel.
…und erntete Applaus und Sprechchöre.
Daumen hoch! Im Hintergrund ein überdimensionales Banner mit CR7.
Nicht nur Ronaldo, auch Toni Kroos, Sergio Ramos und James Rodríguez zeigten dem Bernabéu ihre Errungenschaften von der FIFA-Gala. Während Kroos und Ramos Teil der Weltelf wurden, räumte James den Puskás-Award für das beste Tor in 2014 ab.
Wie bei den Königlichen üblich posierten die Preisträger gemeinsam mit der kompletten Mannschaft. Ohne sie geht’s schließlich nicht.
Diese Elf schickte Carlo Ancelotti gegen den Stadtrivalen ins Rennen: Keylor Navas im Tor, in der Verteidigung Daniel Carvajal, Pepe, Ramos und Marcelo, im Mittelfeld agierten Isco, Kroos und James, den Angriff bildeten Gareth Bale, Karim Benzema und Ronaldo.
Dann der Anpfiff – und 48 Sekunden später der Schock: In Form von Fernando Torres gingen die Gäste in Führung. Schlechter hätte das Match nun wirklich nicht anfangen können. Real brauchte nun vier Tore. Frage nebenbei: Warum fotografiert der Real-Fan im Publikum den Stadtrivalen beim Jubel?!
Nach dem Rückstand war es erst recht ein Spiel auf ein Tor. Real machte enormen Druck, hatte die Fans weiterhin im Rücken. Chance um Chance wurde kreiert, doch der Ball wollte nicht über die Linie.
…bis zur 20. Spielminute, als Kroos einen Freistoß von der rechten Flanke in die Mitte hinein gab und Ramos das Spielgerät in die Maschen beförderte. 1:1! Das Bernabéu tobte! Drei Tore noch!
Das weiße Ballett weiterhin am Drücker und teilweise mit sagenhaften 81 Prozent Ballbesitz. „In der ersten Halbzeit hat das Team mir sehr gefallen. Wir haben zum Großteil in Atléticos Hälfte gespielt“, fiel es auch Emilio Butragueño auf. Einziges Manko: es fielen keine weiteren Tore. 1:1 zur Pause. Weiterhin Vorteil Atlético.
Und Atléticos Vorteil wurde größer. Wieder Torres, wieder die erste Minute nach Anpfiff. Die zweite Halbzeit begann quasi mit der 2:1-Führung für die „Rojiblancos“. Ramos: „Dadurch rückte das Weiterkommen in weite Ferne, es war nahezu unmöglich.“
Weil aber noch 45 Minuten zu spielen waren und es das eine oder andere Wunder im Fußball schon gegeben hat, machten die Blancos weiter. Zwar konnte sich Atlético mehr und mehr aus der eigenen Hälfte befreien und Real vom eigenen Tor fernhalten, doch neun Minuten später glich Ronaldo zum 2:2 aus (54.). Wieder hieß es: drei Tore noch!
Real rannte an, doch zum einen konnte man sich wirklich Großchancen nicht erarbeiten und zum anderen lief Ancelottis Mannschaft schlicht die Zeit davon.
Zehn, 15 Minuten vor Schluss war den Merengues bereits anzumerken, dass der Glaube an die Wende praktisch nicht mehr vorhanden ist. Auch im Bernabéu wurde es ruhig, die ersten Anhänger machten sich in Minute 85 auf den Heimweg. Und sie sollten auch nichts mehr verpassen, es blieb beim 2:2.
Titelträger Real somit schon im Achtelfinale ausgeschieden, Atlético triumphiert und bekommt es im Viertelfinale bereits in der kommenden Woche mit dem FC Barcelona zu tun.
Ancelotti stimmte das Pokal-Aus enttäuscht, in Sorge ist der Coach aber nicht: „Wir haben die Fehler, die wir normalerweise nicht machen, teuer bezahlt. Aber ich bin stolz auf meine Mannschaft, weil sie bis zum Ende gekämpft hat. Man darf nicht außer Acht lassen, dass wir 60 Minuten gut gespielt haben. Mein Team hat in der ersten Hälfte einen hohen Aufwand betrieben, an die Aufholjagd geglaubt und spektakulär gespielt. Besser kann man eigentlich nicht spielen. Deshalb bin ich nicht in Sorge. Ich wäre beunruhigt, wenn wir chancenlos ausgeschieden wären. Das war aber nicht der Fall.“
Ramos und Pepe verschlafen Anpfiff erneut
Nach zehn Heimsiegen in Folge sollten drei Tore in 45 Minuten gegen einen Gegner, dem man vor kurzer Zeit noch drei innerhalb einer halben Stunde einschenkte, doch kein Problem sein. Also volle Offensive, dachte sich wohl auch Reals Innenverteidiger-Paar und blendete erneut alles andere komplett aus. Dieses Mal waren es sogar nur 33 Sekunden, als Griezmann auf Torres legte, und dieser Navas vernaschte. 1:2! Unglaublich!
Es passte nicht. Atlético ent- und geschlossener. Real scheiterte. Fast hätte Griezmann noch auf 1:3 nach guter Torres-Aktion erhöht, doch der Fußballgott hatte ein Nachsehen. Es hätte keinen größeren Kontrast hinsichtlich Effektivität geben können. Statt drei benötigte die Ancelotti-Truppe nun noch vier Treffer. Keine guten Aussichten angesichts des eigenen Abschlussglücks und der perfekten Einstellung des Gegners – im Gegensatz zum Hinspiel nicht mal sonderlich brutal, sondern schlichtweg konzentriert.
Aber die Königlichen wollten sich noch nicht geschlagen geben, nicht so. Dann eben vier Mal in 45 Minuten. Oder drei Mal in 35, denn in der 54. Minute war es Ronaldo, der den Ball nach Bale-Flanke noch mal ins Netz legte. Es sollte einer von wenigen Glanzmomenten des alten und neuen Weltfußballers bleiben. Was bis zum Abpfiff folgte, war leider kaum erwähnenswert. Varane kam für den angeschlagenen Pepe, Jesé später für den kaum in Erscheinung getretenen James. Auf einen dritten Wechsel verzichtete Ancelotti – selbst angesichts der späten Aussichtslosigkeit – ganz.
Oblak hielt noch einen Ramos-Kopfball, Benzema setzte noch einen drüber nach Ecke und selbst Madrids Bester an diesem verschenken Abend, Isco Alarcón, setzte seinen Abschluss zu zentral. Es gab keinen Ausweg – die „Colchoneros“ sollten ins Viertelfinale der Copa del Rey einziehen. Und das nicht unverdient! Im Hinspiel brutal, im Rückspiel konzentriert gespielt, so kann Real scheinbar nicht mal im eigenen Stadion mit 80.000 Verrückten auf den Rängen gewinnen.
Einige Frust-Fouls später und die Partie wurde mit 31:10 Torschüssen, 61:39 Prozent Ballbesitz und nur 2:2 Toren abgepfiffen. Defensive Unkonzentriertheiten, offensive Verschwendungen. Doch trotz aller individuellen Fauxpas stimmte die Einstellung der Mannschaft. Eigentlich. Man wollte die epische Aufholjagd, scheiterte aber letzten Endes an sich selbst. Kein Hals- und Beinbruch – der Pokal-Titelverteidiger scheidet mit mehr oder weniger großem Knall aus und kann sich nun auf die ohnehin höher gesetzten Wettbewerbe konzentrieren: Champions League und Liga. In dieser geht es Sonntag bei Getafe weiter (12 Uhr, LIVE auf LAOLA1.tv und im REAL TOTAL-Liveticker).
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