
Zidane überrascht mit mutiger Aufstellung
TRONDHEIM. Real Madrid beginnt das neue Spieljahr so, wie es das alte beendete: mit einem Titel. In einem packenden Finale setzte man sich am Ende mit 3:2 nach Verlängerung gegen den FC Sevilla durch und darf sich nun zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte UEFA-Super-Cup-Sieger nennen. Marco Asensio hatte Real per Traumtor in Führung geschossen (20.), Ramon Vázquez (41.) und Jewhen Konoplyanka per Foulelfmeter (72.) drehten das Spiel zugunsten Sevillas, ehe Sergio Ramos per Last-Minute-Treffer die Verlängerung herbeiführte. In dieser gelang schließlich Daniel Carvajal nach feinem Solo der Siegtreffer.
Für den ersten Aufreger des Abends sorgte Zinédine Zidane allerdings bereits im Vorfeld der Partie: Entgegen der Erwartungen ließ „Zizou“ sein Team doch im mittlerweile bewährten 4-3-3 antreten und setzte James Rodríguez für Jungstar Asensio nur auf die Bank. Auf dieser nahm neben dem zuletzt angeschlagenen Karim Benzema überraschend auch Luka Modrić Platz, der wohl aufgrund des noch bestehenden Trainingsrückstandes zunächst durch Landsmann Mateo Kovačić ersetzt wurde. Alles in allem eine zwar nachvollziehbare, aber nicht risikolose Formation, die der französische Cheftrainer ins Rennen um den ersten Titel im neuen Spieljahr schickte: Casilla – Carvajal, Varane, Ramos, Marcelo – Kovačić, Casemiro, Isco – Vázquez, Morata, Asensio.
Asensio packt den Hammer aus
Im strömenden Regen von Trondheim entwickelte sich vom Anpfiff weg eine flotte Begegnung. Sevilla versuchte zunächst in typischer Sampaoli-Manier hoch zu pressen, fand gegen ballsichere Madrilenen jedoch nur bedingt Zugriff. Überhaupt zeigten sich die Königlichen sowohl mit als auch ohne Ball in der Anfangsphase sehr variabel. In Ballbesitz fand man eine gute Mischung aus Spielkontrolle und schnellen Rhytmuswechseln, gegen den Ball wechselte man situationsbedingt zwischen extrem hohen Pressing und einer abwartenden Haltung aus einem kompakten 4-1-4-1. Nach einer kurzen Abtastphase gewannen die Blancos an Übergewicht und verzeichneten durch Sergio Ramos und Asensio auch die ersten Halbchancen. Richtig gefährlich wurde es das erste Mal zwar erst nach 20 Minuten, dieser Abschluss hatte es aber dafür in sich: Nach Ballgewinn im Mittelfeld fasste sich Asensio aus rund 20 Metern ein Herz und hämmerte das Spielgerät humorlos in den Winkel zum 1:0. Traumtor!
Im Anschluss an den verdienten Führungstreffer ließen es die Madrilenen merklich ruhiger angehen und standen extrem tief, was Sevilla half, besser in die Partie zu finden. Folgerichtig erarbeitete sich der Europa-League-Sieger auch die ersten Torgelegenheiten. Mariano schloss aus aussichtsreicher Position im Sechzehner per Volley jedoch zu überhastet ab, bei Carricos Distanzschuss zeigte sich Kiko Casilla auf dem Posten. Real präsentierte sich mit dem Ball am Fuß zwar weiter spielfreudig und kombinationssicher, scheiterte aber immer wieder am letzten Pass. Relativ aus dem Nichts verbuchte dann Sevilla plötzlich seinen ersten Treffer des Abends: Vitolo wurde bei der Ballannahme an der Sechzehnerkante nur halbherzig gestört, dieser vertändelte eigentlich den Ball, doch Neuzugang Ramon Vázquez schaltete am schnellsten und versenkte den Ball aus dem Gewühl humorlos im langen Eck (40.).
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Der überraschende Ausgleich, wenngleich nicht unverdient, da sich die Weißen nach dem Führungstreffer doch reichlich passiv präsentierten. Aufgeweckt durch das Gegentor, zeigten der Champions-League-Sieger fortan wieder mehr Initiative. Besonders der quirlige Lucas Vázquez bereitete der sevillanischen Defensive viel Kopfzerbrechen und brach ein ums andere Mal auf dem rechten Flügel durch. Kurz vor der Pause legte der Canterano nochmals schön für den heranstürmenden Isco auf, dessen Kopfball fehlte jedoch die nötige Präzision, sodass es mit 1:1 in die Kabinen ging.
Ramos rettet Real in die Verlängerung
Im zweiten Durchgang dauerte es etwas, bis die Partie wieder an Fahrt aufnahm, da beide Teams zunächst auf Sicherheit bedacht waren. Die ersten offensiven Akzente setzten dabei erneut die Königlichen, Vázquez’ Hereingabe nach schöner vorangegangener Kombination fehlte es allerdings abermals an Präzision (52.) und Iscos Abschluss wurde gerade noch zur Ecke abgewehrt (55.). Überraschenderweise blieben die Madrilenen ihrer abwartenden Haltung vom Ende der ersten 45 Minuten treu und überließen Sevilla überwiegend das Feld, um bei Ballgewinn schnelle Vorstöße zu fahren. Bei einem dieser Gegenangriffe gelang dem eingewechselten Benzema der nächste gefährliche Abschluss, doch auch sein Kopfball wurde noch entscheidend abgefälscht.
Wie schon in Halbzeit waren es aber die Sevillanos, die aus dem Nichts ein Tor erzielten: Ramos ließ gegen Vietto unglücklich das Bein im Strafraum stehen, woraufhin der Stürmer die Einladung des Kapitäns dankend annahm und zu Boden ging. Die Chance vom Punkt ließ sich der kurz zuvor ins Spiel genommene Konoplyanka nicht nehmen und verwandelte souverän zur 2:1-Führung in die linke Ecke. Durch den plötzlichen Rückstand unter Zugzwang, versuchten die Mannen von Zidane zwar nochmals die Schalgzahl zu erhöhen, so richtig gelingen wollte dies aber nicht. Man agierte mit viel Wut im Bauch, gleichzeitig aber auch zu ungestüm und kopflos. Sevilla verstand es zudem, relativ souverän die Zeit von der Uhr zu spielen.
Als sich vermutlich jeder schon mit einem Triumph des Europa-League-Siegers abgefunden hatte, schlug – mal wieder – die Stunde des Sergio Ramos. Schön von Carvajal freigespielt, chippte Vázquez den Ball von der Grundlinie in die Mitte, wo der Kapitän aus einem Meter nur noch einnicken musste und sich zum wiederholten Male in einem Europapokal-Finale in die Torschützenliste eintrug. Der Last-Second-Treffer des gebürtigen Sevillaner bedeutete aber natürlich gleichzeitig: Nachsitzen, Verlängerung, nochmal mindestens 30 Minuten Extrazeit.
Carvajal erlöst die Madridistas
Zu Beginn der Verlängerung war der fortschreitende Kräfteverschleiß besonders bei den Andalusiern deutlich spürbar. Der Druck von Seiten Reals nahm minütlich zu und nach dem Platzverweis gegen Kolo wegen wiederholten Foulspiels agierte man ab der 94. Minute sogar in Überzahl. Vier Zeigerumdrehungen zappelte der Ball nach einem Ramos-Flugkopfball tatsächlich erneut im Netz, wegen vorausgehenden Haltens wurde der sehenswerte Treffer jedoch anuliert. Die Blancos haderten zwar mit dieser harten Entscheidung, versuchten aber weiter auf Sieg zu spielen. Richtig gefährlich wurde es bis zum nächsten Seitenwechsel allerdings nicht mehr.
In der zweiten Hälfte der Verlängerung spielten dann nur noch die Weißen. Sowohl James als auch Vázquez hatten die Entscheidung auf dem Fuß, scheiterten aber beide alleine vor Sergio Rico. Real drängte auf das Tor, fallen wollte es jedoch nicht. Benzema per Kopf und erneut James per Direktabnahme vermochten es ebenfalls nicht, den Ball im Gehäuse unterzubringen. Sevilla, stehend K.O., versuchte sich nur noch irgendwie ins Elfmeterschießen zu retten. Dies schien für die Südspanier auch greifbar, doch dann kam Daniel Carvajal: Mit der allerletzten Luft setzte der Rechtsverteidiger auf seiner Seite zum Solo an, überlief gefühlt die halbe Hintermannschaft des Kontrahenten und vollende schließlich sehenswert per Außenrist in den linken Winkel, gleichbedeutend mit dem Siegtreffer (119.).
Mit Rückenwind Richtung Liga-Start
Mit dem ersten Titel der Spielzeit im Gepäck dürften Ramos und Co. nun mit ordentlich Rückenwind dem Liga-Auftakt am 21. August bei Real Sociedad San Sebastián entgegensteuern, um endlich die erste Meisterschaft seit 2011 in Angriff zu nehmen. Vorher steht im Rahmen der Trofeo Santiago Bernabéu am kommenden Dienstag gegen Stade Rennes (22:30 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker) aber noch das abschließende Freundschaftsspiel der diesjährigen Vorbereitungsperiode an.
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