Kommentar

Zidane hat das Ancelotti-Syndrom

Real Madrid stand sich im Clásico gegen den FC Barcelona selbst Spalier. Trainer Zinédine Zidane ist gut beraten, endlich an seiner Menschenführung zu arbeiten und seinem Team nicht blind zu vertrauen. Sonst droht ihm das gleiche Schicksal wie Carlo Ancelotti. Ein Kommentar von REAL TOTAL-Redakteur Kerry Hau.

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Zinédine Zidane Real Madrid
Zidane steht vor der Bewältigung einiger Probleme – Foto: Gabriel Bouys/AFP/Getty Images

Am Ende gab es ihn dann doch, den Spalier. Allerdings nicht so, wie ihn sich die Schaulustigen im Estadio Santiago Bernabéu vorgestellt hatten. Nicht vor dem Anpfiff, und auch nicht von den Spielern des FC Barcelona. Es lief die 54. Minute des 270. Clásicos, als sich die Akteure in Weiß aus heiterem Himmel gestatteten, für ihre Gegenspieler in Burgunderrot und Blau eine fast 40 Meter lange Ehrengasse zu bilden. Der nicht gerade als Wirbelwind bekannte Ivan Rakitić bedankte sich artig und spazierte munter hindurch. Schließlich am gegnerischen Sechzehner angelangt, spielte er einen Pass auf den ebenfalls sträflich freien Sergi Roberto, der nur kurz den Kopf heben und den Ball zum verwaisten Luis Suárez bugsieren musste. Es war ein Kinderspiel – und der Anfang vom Ende einer der bittersten Clásico-Niederlagen für Real Madrid in den letzten Jahren. 0:3. Zuhause. Ein so wunderbares Jahr mit fünf Titelgewinnen hätte einen besseren Abschluss verdient. Zumal die Aussichten für 2018 alles andere als rosig sind.

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Die spanische Meisterschaft? Endgültig verspielt! Barça zeigt unter Ernesto Valverde nicht mehr den überragenden Fußball der letzten Jahre, ist aber eine unheimlich abgezockte Einheit. Abgesehen davon hat noch kein Team in der Geschichte der Primera División einen 14-Punkte-Vorsprung aufgeholt. Die Champions League? Kann man nie einplanen. Und ist vielleicht ausgeglichener als jemals zuvor. Im Achtelfinale wartet mit Paris Saint-Germain schon ein großer Titelaspirant. Präsentiert sich Real so fahrlässig wie in der zweiten Hälfte des Clásicos, ist das frühe Aus perfekt. Und die Copa del Rey? Bietet – Stand jetzt – die realistischste Chance auf einen Titel. Wäre trotzdem nicht mehr als ein Trostpreis. Klar ist: Real stehen schwere Zeiten bevor. Ein Abwärtstrend war aufgrund der ganzen Erfolge der letzten Jahre durchaus abzusehen, darf aber nicht als Entschuldigung gelten. Wer das weiße Trikot trägt, muss immer gewinnen. Die Vergangenheit spielt keine Rolle! Ein Grundsatz, der beflügeln, aber auch hemmen kann. Zweiteres war in jener 54. Minute am Samstag der Fall. Eine Minute, die genau die Probleme der Mannen von Zinédine Zidane in dieser Saison widerspiegelte.

Vorne fehlten wie so oft der Mut und die Überzeugung, sich durch die gegnerischen Reihen zu kombinieren und das Tor zu erzielen. Stattdessen folgten ein Ballverlust, der in einem kollektiven Tiefschlaf mündete. Toni Kroos war zwar noch nie ein Sprinter, wie sich aber Mateo Kovačić und Casemiro – ja sogar das brasilianische Kampfmonster Casemiro – so abkochen lassen konnten, ging über den Verstand des Zuschauers hinaus. Ähnlich wie die Einstellung der Abwehrspieler, allen voran von Kapitän Sergio Ramos, komplett auf Eigeninitiative zu verzichten und sich ausschließlich auf den Nebenmann zu verlassen. Das geht weder in einem Clásico noch gegen Mannschaften wie Betis oder Girona, wie die bisherige Hinrunde ebenfalls eindrucksvoll zeigte.

Weitaus beunruhigender als die Leistungen auf dem Platz ist aber der Umgang der Madrilenen mit ihren Problemen. Einige Spieler sitzen noch immer auf dem hohen Ross, das sie im vergangenen Juni in Cardiff bestiegen haben. Flüchten sich in Ausreden. Weinen den abgewanderten Spielern nach. Verlangen zum Teil sogar noch eine Aufstockung ihres Gehalts. Selbstkritik? Kommt für einen Großteil nicht in Frage. Nur diejenigen, die sich nach den Spielen immer der Presse stellen, wie Marcelo, sind dazu fähig. Und diejenigen, die am Flughafen auf dem Weg in den Weihnachtsurlaub abgefangen werden, wie Karim Benzema, geloben in fast schon unverschämter Gelassenheit Besserung.

Zidane sollte etwas ändern, sonst droht ihm das Ancelotti-Schicksal – Foto: Giuseppe Cacace/AFP/Getty Images

Das passt zum Verhalten des Trainers. Zidanes Aussagen, überhaupt nichts ändern zu müssen, treffen maximal auf seine taktische Ausrichtung zu. Das Experiment Kovačić hätte bei einer besseren Chancenauswertung im Clásico auch gut gehen können. Zidane hat seit seiner Ankunft viel an seinem System gewerkelt, seine Mannschaft kann im positiven Sinne unberechenbar sein. Trotzdem ist er in der aktuellen Lage gut beraten, auch an sich zu arbeiten. Vor allem an seiner Menschenführung. Denn bisher funktionierte die Legende nur nach dem Zuckerbrot-Prinzip. Als cooler, besonnener Spielerkumpel. Wie einst sein Mentor Carlo Ancelotti. Der machte allerdings den gravierenden Fehler, zu viel Zuckerbrot zu verteilen und seine Peitsche Zuhause zu lassen. Seinen Stars einfach blind zu vertrauen und nicht immer nach dem Leistungsprinzip aufzustellen. Wie das endete, weiß jeder. Auch Zidane. Deshalb sollte ihm eigentlich klar sein, dass sich in den nächsten Monaten sehr wohl etwas ändern muss. Gegebenenfalls sogar in Sachen Wintertransfers. Sonst droht 2018 wie 2015 zu werden.

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Kommentare
Vertrauen wir doch bitte weiter unserem Trainer und dem Team. Der Trainer wird mit Sicherheit seine Arbeit machen und die Jungs aufwecken. Für die Transfers ist er aber nicht verantwortlich. Das wird mit Sicherheit noch folgen müssen, denn Benz wird so nicht nehr funktionieren. Der dringendste Bedarf ist im Sturm u. anschließend im Tor. Ein Benz braucht definitiv öfters die Peitsche, da sein Mentor voll hinter ihm steht, jedoch nur enttäuscht wird! Man möge sich mal die letzten Jahre unsere Stürmer Möglichkeiten anschauen. Nur mit zwei Top Stürmer waren wir so konkurrenzfähig und haben die Titel eingesammelt. Verstehe nicht wann das beim Management ankommt?!
 
Torwartproblem? Sehe ich anders! Keylor ist ein super Rückhalt und bescheiden, keine Starallüren etc..
Benz, keine Worte... nur noch Grotte, wird trzd jedes Spiel machen... CR7? Mehr Gehalt? Wofür? Nach Leistung müsste man die Hälfte wieder abnehmen...

Arroganz Anfall der gesamten Truppe, die Überflieger müssen mal wieder auf den Boden gebracht werden, sehe nur niemanden der das kann...
 
Tja, Zizou hat bei Carlo gelernt und führt dessen Linie gnadenlos fort. Alle schreien jetzt nach Verstärkungen, aber warum wurde z.B. Mayoral geholt? In jedem Spiel hechelt er jedem Ball hinterher, warum vergammelt er und die anderen hungrigen Spieler auf der Bank, während sich die einstigen Helden in lethargische, arrogante Faultiere verwandeln, die ununterbrochen spielen dürfen? Mehr Rotation würde den Konkurrenzkampf beleben und alle Beteiligten motivieren, ein paar % mehr zu geben. So sieht man seit Anfang dieser Saison quasi dieselben Probleme, die man zwar mit den Super Cups kaschieren konnte, die aber jetzt immer gravierender und offensichtlicher werden. Es hat auch nicht wirklich den Anschein, dass ZZ der Mannschaft einen kräftigen Tritt in den Hintern verpassen wird, dazu ist er nicht der richtige Typ und er hatte schon mehr als genug Anlässe dazu. Der kumpelhafte Trainer, der so grandiose Erfolge in so kurzer Zeit eingefahren hat, scheint sich abgenutzt zu haben, da werden auch Panikeinkäufe im Winter nichts daran ändern. Ich hoffe natürlich, dass ich am Ende der Saison eines Besseren belehrt werde und Zidane die Kurve kriegt, aber es sieht so aus, als ob er einfach immer weiter abdriftet und sich der Realität verweigert.
 
Hallo
Herr Hau sollte vielleicht mal wieder sein Buch lesen. Genau wie viele andere Schreiber hier. Letzte Saison alles gut, Diskussionen ob Moratta gut genug ist oder nicht. Dann heulen ihn alle nach. Dann die 2 Finalspiele gegen Barcelona gewonnen. Wir sind die größten, mit dem jungen Ergänzungspielern gehört uns die Zukunft, der Trainer ein Wahnsinn.
Jetzt läuft es mal nicht und dann sind alle Mist, der Trainer ist sowieso das letzte, die Führungsqualität ist so mies, da gewinnen wir eh nichts.
Kommt mal runter und überlegt euch ob es richtig ist nur in guten Zeiten zum Verein und Mannschaft zu halten und sonst nur rumzumotzen und alles Scheiße zu finden
 
Es ist nicht alles schlecht , und nach so vielen Titeln in Folge ist es normal nicht hochmotiviert in jedes Spiel zu gehen !!! Aber schaut man sich die Topspiele an muss man sich sorgen machen Spurs 1:3 Athletico 0:0 Bilbao 0:0 Barca 0:3 !!! Was mich stört ist das man nichts ändern will und hofft das die Ergebnisse von alleine kommen , würde mir wünschen das Zidane in der Rückrunde mehr rotiert !!! Gegen Barca waren unsere Flügel nicht besetzt und 4 Spieler im Zentrum, trotzdem läuft rakitic durch das ganze Zentrum also alles falsch gemacht mit ein bisschen mehr Risiko hätten wir das Spiel gewonnen !!!!
 
Kommt mal runter und überlegt euch ob es richtig ist nur in guten Zeiten zum Verein und Mannschaft zu halten und sonst nur rumzumotzen und alles Scheiße zu finden
Es ist natürlich nicht richtig, in guten Zeiten positive und in schlechten Zeiten negative Kritik zu äußern.
O_o
 
Es ist aber richtig den Trainer für seine Menschenführung des besten und erfolgreichsten Real Madrid's zu loben und dann nach 2-3 Monaten ist eben diese das Problem?
 
top, mal einer mit verstand !!! anscheinend wären hier in der community einige mit trainerpotenzial im profibereich! zz wird hingestellt als ob er nicht weiß was er macht, klar er redet vieles schön in interviews aba wen interessieren denn schon bitte heutztage irgendwelche interviews, die könnte man auch gut und gerne weglassen weil jeder spieler/trainer immer nur das gleiche labert!!
wenn dann wieder ein nicht so "netter" trainer kommt fühlen sich unsere stars ja auch wieder nicht wohl
 
top, mal einer mit verstand !!! anscheinend wären hier in der community einige mit trainerpotenzial im profibereich! zz wird hingestellt als ob er nicht weiß was er macht, klar er redet vieles schön in interviews aba wen interessieren denn schon bitte heutztage irgendwelche interviews, die könnte man auch gut und gerne weglassen weil jeder spieler/trainer immer nur das gleiche labert!!
wenn dann wieder ein nicht so "netter" trainer kommt fühlen sich unsere stars ja auch wieder nicht wohl

Ob sie sich wohlfühlen oder nicht sei mal dahingestellt. Fest steht, es braucht jemand, der über das Gespräch Zugang zu unserer Truppe findet und das stelle ich mir äußerst schwierig vor. Wer, außer Zidane, sollte das schaffen in der gegenwärtigen Situation? Selbst ihm ist es ja gerade nicht möglich! Zidane ist ein großartiger Trainer, Mensch, Kumpel... ich bin um seine derzeitige Ratlosigkeit nicht wirklich überrascht. Er braucht jetzt mehr denn je unsere Unterstützung und Rückhalt von den Fans, nicht nur in Zeiten wo es sowieso läuft.
 

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