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Zu Gast bei Toñín „el Torero“

REAL TOTAL zu Gast bei einem der größten und bekanntesten Fans von Real Madrid: Toñín „el Torero“. Im Interview äußerte sich der Kult-Fan zu Themen, die den Madridismo bewegen: Pfiffe gegen Iker Casillas, warum Álvaro Arbeloa genauso wenig kritisiert werden darf, weshalb Sergio Ramos „undankbar“ sei, weswegen viele Mitglieder Ex-Trainer José Mourinho heute noch danken, das anstehende Pokalfinale und vieles mehr.

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real total im interview mit tonin el torero
Sonne, Madridistas und ein sehr interessantes Gespräch mit Kult-Fan Toñín

„Mourinho hatte Teil an ‚la Décima‘, Ramos ist undankbar“

Der Madridista kam in Fahrt und wollte einen weiteren unvergesslichen Übungsleiter nicht unerwähnt lassen: José Mourinho. Auch er verhielt sich sehr gut zu einem seiner bekanntesten Befürworter. „Nach seinem Abschied (am 1. Juni 2013 beim 4:2 über Osasuna; d. Red.) kam er zu mir, umarmte mich und dankte mir für die Unterstützung.“ Was die Wenigsten wissen: Toñín und andere Socios versuchten eine Demonstration für den Verbleib von Mourinho zu veranstalten, entsprechend ist „the Special One“ nach wie vor im Madridismo beliebt. Warum? „Weil er eine neue Denkweise bei Real Madrid einpflanzte: Die Professionalität stand über allem!“ Klingt nach Phrase, war es aber nicht. Nach Jahren der Misserfolge und Trainerwechsel (zwischen Vicente del Bosque und Mourinho wechselten sich in sieben Jahren neun Trainer ab) spendete der Portugiese Stabilität – intern wie extern. „Die Spieler hatten ihre eigenen Geschichten der Professionalität unterzuordnen. Wer feiern wollte, musste am nächsten Tag dennoch 100 Prozent geben, Voll-Profi sein.“

111 Gründe, Real Madrid zu lieben

Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends nicht unbedingt der Usus an der Concha Espina. Aber auch das Umfeld änderte sich, die in Madrid überaus emsige Presse hatte hohen Einfluss auf die sportliche Entwicklung. „Real Madrid braucht die Presse“, stellt Toñín gleich mal klar, „sie verbreitet unsere Titel, unsere Historie. Doch die gefährlichen Freundschaften, die einige Spieler mit den Medien hatten, wusste Mourinho zu unterbinden.“ Der Portugiese machte Infiltrationen den Garaus! Und brachte Real zurück in die Erfolgsspur. Nicht nur wegen der Rekordmeisterschaft 2011/12 und dem Ende der „Herrschaft“ Barcelonas, sondern auch wegen aktueller Erfolge. „Mourinho hatte großen Teil an ‚la Décima‘“, überraschte Toñín nur bedingt. „Der größte Block der Spieler kam von Mourinho, davon profitierte Ancelotti, der dann zum Glück noch Bale bekam, der in den großen Spielen traf.“ Viele wissen das nicht mehr zu schätzen, auch ein Sergio Ramos beispielweise, den der 45-Jährige als „undankbar“ bezeichnete, nachdem Ramos in der Vergangenheit und im Gegensatz zu heute auf „the Special One“ schwor (und der ihn obendrein zu einem der besten Innenverteidiger machte). „Mourinho setzte seinen eigenen Stil durch, ließ López aus Leistungsgründen spielen, Casillas hatte dagegen das Glück, die Titel zu gewinnen. Und da López auch unter Ancelotti öfter als Casillas spielte, scheint es die richtige sportliche Entscheidung gewesen zu sein.“

„Pfiffe gegen Casillas sind schlecht, aber Arbeloa ist der Leader“

Iker Casillas. Diese für manche fleischgewordene Märchenfigur, die ein Santiago Bernabéu damals genauso aufs Zeichenbrett hätte werfen können, wie den Verein, von dem wir heute sprechen. So sehen es manche. Andere nicht. Nicht nur weil „San Iker“ seinen sportlichen Zenit längst überschritten hat, sondern auch wegen der zuvor erwähnten „gefährlichen Freundschaften“ wünschen sich viele Socios seit Jahren seinen Weggang. Und pfeifen – und teilen dadurch den Madridismo. Und wie sieht das der Kult-Fan? „Schlecht! Casillas ist Teil der Familie. Man kann Spieler ablehnen, aber nicht im eigenen Stadion auspfeifen. Wenn, dann sollte diese Diskussion intern bleiben – unter den Madridistas. Denn Pfiffe zeigen auch die Uneinigkeit dem Gegner gegenüber, was diesen Zwist öffentlich und offiziell macht. Das hat er nicht verdient!“ Es sind die vernünftigsten Worte, die wir in diesem jahrelangen Streit bisher hörten. „Ich bin kein ‚Casillista‘ (Casillas-Befürworter), der Kneipenbesitzer hat andere Idole. Mit einer leicht irritierenden Bewegung entblößt er seinen Rücken. Jeder Madridista erkennt die beiden eintätowierten Gesichter, die uns dort entgegen strahlen: Don Santiago Bernabéu, ohne den Real Madrid nicht der größte Verein der Welt wäre, und Juanito, dessen Konterfei unter den Begriffen „Kampfgeist“ und „Leidenschaft“ im spanischen Duden abgebildet ist (Nachschlagen wird nicht empfohlen). Weder bejubelt, noch kritisiert Toñín den Mann, der hinter Raúl (741) die zweitmeisten Pflichtspiele für Real absolvierte (713). Doch in der 112-jährigen Geschichte des spanischen Rekordmeisters gab es weiß Gott schon würdigere Kapitäne: „Casillas fehlt es an Charisma, so wie es einst Camacho, Santillana, Fernando Hierro oder Raúl hatten.“

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Die Kapitänsdiskussion. Bei Real festgelegt aufgrund der „Betriebszugehörigkeit“ und für uns die ideale Vorlage für das nächste Thema: Álvaro Arbeloa. Von manchen gehasst, von manchen verehrt. Sportlich längst nicht mehr der, der als einziger Spieler in der Fußballgeschichte an drei großen internationalen Turnieren teilnahm, und alle drei gewann, doch für den Madridismo dennoch von unvergleichlicher Bedeutung. Wie erklärt das der Fachmann? Er findet einen Vergleich in der deutschen Geschichte. Bei der Weltmeisterschaft 1974 führte Franz Beckenbauer das DFB-Team als Kapitän zum zweiten WM-Titel. Doch der „wahre Leader“ war ein anderer: Paul Breitner. Heute überzeugter Bayer, damals von Real Madrid gejagt und nach dem Turnier in Deutschland verpflichtet. Und so ist es mit Arbeloa: „Er hat keine Kapitänsbinde, ist trotzdem ein Leader-Typ. Ein astreiner Madridista durch und durch, der auf und außerhalb des Spielfeldes seinen Verein zu verteidigen weiß.“ Und darüber hinaus seine „fußballerische Rolle wie Kritiken akzeptiert. Madridista de corazón“. Madridista aus dem Herzen.

„Deutsche bei Real Madrid stehen für Titelgewinne“

Wir schwärmen mit, stoßen an und schweifen ab. Und reden über den bevorstehenden Abend, bei dem nach dem souveränen Hinspiel-Auftritt doch eigentlich nichts mehr anbrennen kann. Bei dem 2:0 auf Schalke trafen wir uns bereits in der königsblauen Vereinskneipe „Auf Schalke“ und hatten ähnlich tolle Momente unter zwar unterschiedlichen, aber doch irgendwie gleichen Fans. Fußballfans. Und das schätzt Toñín auch so an Deutschland: „Die Fußballfans respektieren andere.“ Und weiter: „Unabhängig von der mal positiven, mal negativen Historie Deutschlands“ schätzt er die „Einstellung zu Arbeit“ sehr. „Deutsche sind immer freundlich. Aber geht’s um Arbeit, sind sie sehr ernst und daher nicht umsonst der Motor Europas.“ Und so sieht er es auch im Fußball: „Deutsche Spieler bei Real Madrid sind ein Synonym für Titelgewinne!“ Die Frauen gefallen ihm ebenfalls in der Bundesrepublik. Sie sind für ihn zwar etwas groß, aber er „würde das schon schaffen.“

Wir werden wieder ernster, denn dieser Tage beschäftigt den Madridismo noch ein ganz anderes Thema: Das Copa-del-Rey-Finale, welches Barcelona und Athletic Bilbao nur zu gerne im Zuhause der Madridistas austragen würden, ganz im Gegensatz zur weißen Anhängerschaft. „Barça und Athletic wollen sich lustig machen über Real Madrid. Sie pfeifen die Nationalhymne aus, während wir Madridistas andere Einstellungen und Sichtweisen respektieren.“ Großteile der Katalanen und Basken sehnen sich seit Jahren nach der Unabhängigkeit. Große Erklärungen, warum sie in der Hauptstadt, die sie selbst ablehnen und verachten, einen Titel einfahren wollen, sind überflüssig. „Da kommt auch der Neid auf den Klub zum Vorschein. Der Nationalismus im Baskenland und Katalonien führt dazu, dass sie keinen Respekt vor anderen haben“, so die Stimme der Socios, die weiß, wie es im eigenen Stall aussieht: „Ob Monarchie oder Republik, eher links oder eher rechts – die Madridistas respektieren andere und würden niemals eine andere Hymne auspfeifen. Die kommen aber zum Pfeifen, zum Auslachen und Beleidigen.“ Die späteren Fan-Gesänge „La final de copa no se juega aquí“ („Das Pokalfinale wird nicht hier gespielt“) einten den Madridismo in der Hinsicht.

Geeint und nach einem tollen Essen unter tollen Madridistas brachen wir dann gesättigt und liedersingend aus der „Rincón“, die zugleich das Zuhause der „Peña Madridista Capote y Montera“ bildet, in Richtung Bernabéu auf in der Hoffnung auf einen unvergesslichen Abend. Zumindest in dieser Hinsicht wurden wir nicht enttäuscht. Dass das 3:4 über Schalke „zu den fünf schlechtesten Partien in der Geschichte Real Madrids gehörte“ waren sich danach alle einig. Mit seinem Optimismus, man stünde trotzdem im Viertelfinale, wähnte sich Toñín „el Torero“ anfangs noch allein. Doch auch das zeichnet den Mann mit dem Stierkämpfer-Spitznamen, der schon den Mannschaftsbus des FC Bayern zähmte, aus: Bedingungslose Unterstützung! „Hala Madrid hasta el morir“ ruft er uns zum Abschied zu, „Hala Madrid bis zum Tod“. Wir beließen es bei „Hala Madrid y hasta la próxima.“ Hala Madrid und bis zum nächsten Mal.

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Inhaltsverzeichnis

  1. Seite 1 Königliche Erinnerungen und wie aus Antonio Toñín wurde
  2. Seite 2 Toñín über Mourinho, Casillas, Ramos, Arbeloa, Pokalfinale und vieles mehr
von
Nils Kern

Du hast Fragen über REAL TOTAL? Da bin ich bin der Richtige: Chefredakteur und erster Ansprechpartner für Medien, Leser, Fans. ¡Hala Madrid!

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