Reportage

Santiago Bernabéu Yeste: Der Vater des Erfolgs

Die Historie von Real Madrid scheint endlos zu sein. Unzählige Titel wurden gesammelt und noch mehr glorreiche Spieler schnürten für die Königlichen ihre Schuhe. Ein Mann sticht dennoch bei allen denkwürdigen Momenten heraus. Ohne ihn gäbe es den Klub Real Madrid vielleicht nicht mehr: Santiago Bernabéu Yeste. Heute vor 125 Jahren geboren, blickt REAL TOTAL auf dessen Schaffenszeit zurück.

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Ohne diesen Mann würde es wohl kein Real Madrid mehr geben – Foto: realmadrid.com

Alles begann in Almansa, in Spaniens Osten. Am 8. Juni 1895 in der Provinz Albacete geboren, zog Santiago Bernabéu Yeste jedoch als kleines Kind mit seinen Eltern in die spanische Hauptstadt. In Teenager-Jahrem tritt er der Jugend des Madrid Football Club – wie der Verein damals noch bezeichnet wurde – bei und feiert 1912 im Alter von 17 sein Debüt bei den Herren. Den größten Erfolg als aktiver Fußballer erlangt er 1917 durch den Gewinn der Copa del Rey. Insgesamt sollte Bernabéu bis 1927 69 Treffer in 79 Spielen für die Blancos erzielen – eine enorm gute Quote, aber noch nichts im Verhältnis zu den Leistungen, die er im Anschluss für den Verein erbringen sollte.

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Nach Bürgerkrieg: Bernabéu baut Klub wieder auf

Noch während seiner fußballerischen Laufbahn schließt Santiago Bernabéu erfolgreich das Jurastudium ab und erhält die Zulassung als Rechtsanwalt. Nach seiner aktiven Zeit bleibt er zunächst als Sekretär der “Junta Directiva” dem Verein treu. Diese Tätigkeit findet ihr abruptes Ende nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges 1936, Bernabéu flüchtet ins Exil nach Frankreich. Als er wieder zurückkehrt liegt sein geliebter Verein in Trümmern. Hier hätte die Geschichte von Real Madrid bereits enden können, bevor sie richtig begonnen hatte – dank Bernabéu tat sie das nicht.

Bernabéu (l.) mit seinem wichtigsten Transfer: Alfredo Di Stéfano (r.) – Foto: imago images / Leemage

31 Titel unter seiner Präsidentschaft

Der Sportfunktionär akquirierte ehemalige Spieler und Funktionäre, um sich an den Wiederaufbau des Stadions und der Vereinsliegenschaften zu machen. Auf Fördergelder vom Staat konnte Bernabéu allerdings nicht zählen. Das zwischenzeitlich in Atlético Aviación umbenannte Atlético Madrid hatte nach dem Krieg die sportliche Vormachtstellung in der spanischen Hauptstadt eingenommen und schien deshalb in der Gunst von Diktator Franco zu liegen. Auch deshalb setzte sich Bernabéu vehement gegen jegliche Vorwürfe, Real sei ein Régime-Klub, zur Wehr: „Was die Franco-Diktatur getan hat, war uns auszunutzen und sie haben uns niemals auch nur fünf Cent gegeben.” Aller Hürden zum Trotz gelang es ihm, den Spielbetrieb bei den Blancos aufrecht zu erhalten.

Zum Präsidenten des Vereins avancierte Bernabéu dann 1943 eher durch ein Kuriosum: Nach einem Clásico soll es zwischen beiden Fanlagern derartige Ausschreitungen gegeben haben, dass die Regierung die jeweiligen Präsidenten zur Amtsaufgabe gezwungen hatte. Aufgrund vorangegangener Verdienste wurde er zum legitimen Nachfolger und behielt sein Amt bis zu seinem Tode inne. In seiner 35-jährigen Amtszeit sollten sich die Königlichen insgesamt 31 Trophäen, darunter sechs Landesmeisterpokale und 16 Meisterschaften sichern.

„Dieser Argentinier muss in Madrid spielen“

Die Ziele des neuen Präsidenten waren klar definiert: Er wollte den größten Klub der Welt schaffen. Dazu brauchte er ein neues Stadion, um durch Ticketeinnahmen die besten Spieler der Welt finanzieren zu können. Nebenbei forcierte er die Reorganisation sämtlicher Vereinsstrukturen und trieb die Professionalisierung auf allen Ebenen voran – und die Arbeit trug ihre Früchte. Nicht nur im Fußball, auch andere Abteilungen wie Basketball strichen nationale sowie internationale Erfolge ein. Und das war nicht alles.

1944 mögen ihn manche noch verrückt gehalten haben, ein Stadion für 100.000 Zuschauer bauen zu wollen. Aber 1947 wurde das Nuevo Estadio Chamartín fertiggestellt und schon acht Jahre später in seinen heutigen Namen Estádio Santiago Bernabéu umgetauft. Der Jurist hatte sich schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt und manifestierte seinen Mythos durch die glorreichen Erfolge mit der Mannschaft um Alfredo di Stéfano, seinem ganz persönlichen Transfercoup: „Ich will diesen Spieler, koste es was es wolle, dieser Argentinier muss in Madrid spielen“, hatte der Visionär bereits eine Vorahnung über die zukünftige Wichtigkeit des „blonden Pfeils“ für den Klub. Als “einzigen Weisen in meinem Leben” bezeichnete ihn auch Neuzugang Paul Breitner.

Bernabéus Denkmal, das seit 1955 nach ihm benannt ist – Foto: REAL TOTAL

Hinterlassenschaften von Don Bernabéu bleiben bis heute

„Das Trikot von Real Madrid ist weiß, es kann mit Schlamm, Schweiß oder sogar Blut beschmutzt sein, aber niemals mit Schande“, für solche Sprüche ist Bernabéu bekannt. Am 2. Juni 1978 verstarb der Mann, dem der Verein mehr zu verdanken hat, als jedem Spieler. Don Bernabéu ist der Grundvater des „Mythos Real Madrid“. Er war ein Visionär in seinem Amt und konnte jede Hürde und jeden Wiederstand überwinden, dem 1977 diagnostiziertem Krebsleiden stand er letztlich machtlos gegenüber. Was bleibt ist „sein“ altehrwürdiges Stadion und die von ihm propagierte Klubphilosophie, die bis heute gelebt wird und den Madridismo so besonders macht. Descansa en paz, Señor.

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von
Christian Graber

Anhänger der Königlichen seit dem bitteren Halbfinalaus in der Champions League-Saison 2001 gegen die Bayern und seitdem Verehrer der Klubphilosophie. Spezifische Kenntnisse des Fußballmarktes in Lateinamerika und bekennender Freund der "Joga-Bonito-Kultur".

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