
„Bis auf die Spanier und Ronaldo sind alle austauschbar“
MADRID. Cristiano Ronaldo ist ein Spieler der Marke „Galáctico“, ein Gareth Bale ebenso. So wie einst Zinédine Zidane oder Luís Figo. Ángel Di María war hingegen keiner – zumindest nicht, was die Ablösesumme und das Standing im Klub betraf. Während die genannten Superstars Real Madrid jeweils zwischen 60 und 94 Millionen Euro kosteten und von Vereinsspitze Florentino Pérez wie auf Händen getragen wurden und werden, genoss der Argentinier in seinen vier Spielzeiten an der Concha Espina nie diese Anerkennung von den Offiziellen, was er auch öffentlich in einem Abschiedsbrief beklagte, nachdem sein 75 Millionen Euro schwerer Wechsel zu Manchester United in trockenen Tüchern war. Der flexible Mittelfeldspieler kam 2010 nur von Benfica Lissabon, weil es der damalige Coach José Mourinho unbedingt wollte.
Dass „el Fideo“ nun an die „Red Devils“ verkauft und WM-Torschützenkönig James Rodríguez zuvor für satte 80 Millionen Euro verpflichtete wurde, passt zur Philosophie, der Pérez folgt. Ein Superstar, der sich exzellent vermarkten lässt und der zusätzlich aus einem geographischen Raum kommt, den der Champions-League-Sieger nun wunderbar erschließen kann.
Christoph Metzelder, der zwischen 2007 und 2010 für die Blancos spielte und sie seitdem nie aus den Augen verloren hat, erklärte gegenüber dem KICKER: „Real ist eine globale Marke, die weltweit Märkte erschließt. Über den Kolumbianer James etwa den südamerikanischen oder mit Keylor Navas den Mittelamerikas. Es geht eben auch um die Marke Madrid, die weiter ausgebaut werden muss. Immer neue Stars – das ist Teil der Strategie. Man hat das Gefühl, es darf keinen Sommer ohne Transfers geben. Real ist als Champions League-Sieger die nominell beste Mannschaft Europas. Trotzdem werden auf entscheidenden Positionen Spieler getauscht. Wenn sich bei einem Turnier ein Spieler in den Fokus spielt, ist er per se interessant für Real.“
Bis auf die spanischen Nationalspieler plus Weltfußballer Cristiano Ronaldo seien alle austauschbar, so der 33-Jährige. Der Fall Di María dient als Exempel, dass selbst grandiose Leistungen manchmal nicht genügen, um bei den Königlichen zu bestehen. „Er war ein herausragender Spieler, der aber unter dem Radar flog in Sachen öffentlicher Wahrnehmung, Vermarktbarkeit oder Superstar-Status. Für die Marke Real hat er nicht so viel Potenzial“, unterstreicht „Metze“: „Dabei bewies er ja nicht nur im Champions League-Finale seine Wichtigkeit. Wenn man im Team gefragt hätte, hätten vermutlich alle Mitspieler gesagt, dass man ihn unbedingt halten muss. Das war bei Özil genauso.“
Der Verkauf des 26-jährigen „Gauchos“ sei aufgrund der getätigten Verpflichtungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht jedoch nötig gewesen, findet der 47-fache deutsche Nationalspieler. Wäre die Nummer 22 geblieben, hätte Real in diesem Transfer-Sommer ein Minus von 80 Millionen Euro gemacht.
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Metzelder glaubt an Kroos und Khedira
Zuvor kam nämlich nicht nur ein James, sondern auch Toni Kroos für 30 Millionen vom FC Bayern München. Sie scheinen gut investiert, schließlich ist der deutsche Weltmeister nach gerade mal einem Monat als Königlicher bereits Stammkraft in Carlo Ancelottis Dreier-Mittelfeld. „Land, Liga, Sprache, Mentalität und vor allem auch Fußballkultur – alles ist neu, und das wird sicherlich etwas brauchen. Das geht einfacher, wenn man gewinnt. Aber das wird funktionieren. Dafür ist Toni zu gut“, ist sich Metzelder sicher.
Dass der 24 Jahre alte Neuzugang künftig nicht mehr Seite an Seite mit Taktgeber Xabi Alonso die Fäden ziehen kann, empfindet der einstige Schalker und Dortmunder zwar nicht als dramatisch, aber auch nicht als wirklich vorteilhaft: „Der Transfer Xabi Alonsos war wohl nicht geplant von Seiten Reals. Vermutlich sah Alonso die Chance, eine neue Erfahrung zu sammeln, und bat um die Freigabe. Mit ihm verliert die Mannschaft das Hirn, den Akteur, der den Rhythmus bestimmt. Nun ist der Vergleich auffälliger, es könnte schnell heißen: Xabi hätte dies oder jenes gemacht. Toni wird zudem lernen müssen, dass Real defensive Stabilität im Zweifel dem Offensiv-Spektakel opfert und weniger systemtreu ist als Barcelona oder Bayern unter Guardiola.“
Für Kroos’ Landsmann Sami Khedira, der seine mittlerweile fünfte Saison im Bernabéu erlebt, bieten sich mit den Abgängen von Di María und Alonso indes neue Möglichkeiten, zu Einsätzen zu kommen – wenn er sich auch erst von seinem Muskelbündelriss im linken Oberschenkel erholen muss. „Trainer Carlo Ancelotti hat ja fast schon durchblicken lassen, dass er vom 4-3-3 der vergangenen Saison vielleicht wieder auf ein 4-2-3-1 wechselt, möglicherweise mit Sami Khedira als Stabilisator für den defensiven Bereich. Ausgeglichenheit zwischen Defensive und Offensive ist ihm wichtig und da ist Sami dank seiner Lauf- und Zweikampfstärke ein perfekter Spieler für“, lobte Metzelder.
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