
Pepe, der heimliche MVP
MADRID. Spricht man über die prägenden Figuren des portugiesischen Triumphes bei der diesjährigen Europameisterschaft, fallen wohl unweigerlich die Namen Cristiano Ronaldo oder Renato Sanches. Ersterer, weil er sein Team durch wichtige Treffer und Vorlagen bis ins Finale führte und in selbigem aufgrund seines verletzungsbedingten Ausscheidens eine tragische Rolle einnahm, Zweiterer, weil er trotz seiner erst 18 Jahre ein beeindruckendes Turnier ablieferte und bereits wie ein langjähriger, gestandener Spieler auftrat. Und dann war da noch ein gewisser Pepe Kepler Lima, der in der öffentlichen Wahrnehmung, womöglich auch aufgrund seines ihm immer noch anhaftenden Rüpel-Images, ein wenig unter dem Radar zu laufen schien, insgesamt aber den vielleicht wichtigsten Akteur des portugiesischen Teams bei jener Kontinental-Meisterschaft darstellte.
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Dass Real Madrids Innenverteidiger neben der Nominierung für die Elf des Turniers auch den Titel als bester Spieler des Finales einheimste, war eine Bestätigung der überragenden Leistungen des Routiniers während des Turniers aber auch während eines Großteils der abgelaufenen Saison und verschaffte dem 33-jährigen Defensivspezialisten endlich auch einmal das nötige Maß an Anerkennung, welches ihm zusteht. Mit dem Gewinn des Europameistertitels setzte der 1.87 Meter große Verteidiger einem (individuell) ereignisreichen Jahr die Krone auf, was bei genauerer Betrachtung nicht unbedingt selbstverständlich erschien. Denn: Auch wenn am Ende mit dem Champions-League-Sieg sowie dem Triumph bei der EM zwei große Titel zu Buche stehen und der gebürtige Brasilianer an beiden Titeln maßgeblichen Anteil hatte, war die zurückliegende Spielzeit von Madrids Nummer 3 beileibe keine einfache.
Vielmehr war sie geprägt von erheblichen Höhen und Tiefen, die wie ein Spiegelbild seiner ereignisreichen Karriere gesehen werden kann. Oftmals schon abgeschrieben und totgesagt, kämpfte sich der Defensivspezialist immer wieder zurück und ließ seine (zahlreichen) Kritiker verstummen. Dass Pepe trotz seiner mittlerweile 33 Jahre immer noch zum Stammpersonal bei den Königlichen sowie in der Nationalmannschaft gehört ist kein Zufall, sondern das Ergebnis harter und hingebungsvoller Arbeit. Vor allem aber bewies diese Spielzeit abermals: Diesen Mann darf man einfach niemals abschreiben.
Pepe, das Stehaufmännchen
Dabei begann die Saison 2015/16 zunächst mit einem persönlichen Rückschlag: Neu-Trainer Rafael Benítez gab Raphaël Varane den Vorzug gegenüber dem 78-fachen portugiesischen Nationalspieler und es schien, als müsste sich der langjährige Madridista in diesem Jahr überwiegend mit der Back-Up-Rolle zufrieden geben. Wenn Pepe bedingt durch Benítez’ Faible zur Rotation zu Beginn der Saison zum Einsatz kam, lieferte er zwar gute Leistungen ab, insgesamt schien der junge Franzose die Nase jedoch vorne zu haben. Als eine Verletzungspause den charismatischen Glatzkopf zwischen dem 5. und 10. Spieltag auch noch zum Zuschauen zwang, schien die Rangordnung in der königlichen Innenverteidigung zementiert. Doch wie heißt es so schön: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Teilweise auch bedingt durch die Schulterprobleme von Sergio Ramos wurde Pepe plötzlich wieder in die Mannschaft gespült und Madrids Nummer 3 hinterließ mit starken Darbietungen auf dem Feld bleibenden Eindruck. Da Varane zu diesem Zeitpunkt zudem eine persönliche Schwächephase durchlief, war der Portugiese auf einmal wieder voll zurück im Geschäft.
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Es war nicht das erste Mal, dass sich der 1.78 Meter große Verteidiger einer derartigen Situation ausgesetzt sah: Bereits in der Endzeit unter José Mourinho und auch phasenweise unter Carlo Ancelotti musste der Europameister zeitweise ins zweite Glied rücken, um letzten Endes gestärkt aus der Situation herauszutreten und sich seinen Posten zurückzuerkämpfen. Dass sich selbiges Prozedere in der Anfangszeit unter Zinédine Zidane abermals wiederholte und Pepe erneut als Sieger hervorging, ist neben dem Beweis seiner fußballerischen Klasse in erster Linie auch ein Zeugnis seiner unglaublichen Sieger- und Kämpfermentalität. Varane mag aufgrund seiner herausragenden Anlagen als der talentiertere von beiden gelten und wird auf lange Sicht sicherlich auch den Platz neben Ramos in der Innenverteidigung einnehmen. Dass er sich, all seinem Potential zum Trotz, in mittlerweile fünf Jahren beim spanischen Rekordmeister bislang allerdings nicht langfristig gegen den Routinier durchsetzen konnte, hat durchaus seine Gründe. Aber was macht den aus Lissabon gekommenen Verteidiger eigentlich so stark?
Vom Rüpel zum Saubermann
Lebte Pepe während seiner Anfangszeit in Madrid noch überwiegend von seiner Aggressivität und Robustheit im direkten Duell, zehrt der 33-Jährige mittlerweile vermehrt von seinem umsichtigen Stellungsspiel, durch das er viele Situationen mittels kluger Antizipation löst, ohne überhaupt einen Zweikampf bestreiten zu müssen. Bisweilen agiert der Portugiese zwar immer noch äußerst kompromisslos und klärt einen Ball auch mal rigoros in Richtung Tribüne (sofern es denn die Situation erfordert), bevorzugt sucht Madrids ältester Akteur im Kader mittlerweile jedoch die spielerische Lösung, um sich vom gegnerischen Druck zu befreien.
Pepes herausragendste Eigenschaft ist aber wohl – damals wie heute – sein defensives Kopfballspiel, bei dem er kaum bis gar nicht zu bezwingen ist. Dazu gesellt sich noch ein passabler Spielaufbau, was ihn zu einem äußerst kompletten Verteidiger macht, wenngleich es vor allem den Diagonalbällen bisweilen an der nötigen Präzision mangelt. Was Madrids Nummer 3 in den letzten Jahren aber den entscheidenden Vorsprung vor Konkurrent Varane verschaffte, war dessen Konstanz und die Fähigkeit, in großen, wichtigen Spielen auf den Punkt zu liefern. Zwar leistete sich der Portugiese in den vergangenen Spielzeiten auch immer wieder Aussetzer oder ließ die nötige Absprache mit seinen Nebenmännern vermissen. Wenn es zählte, war auf Pepe allerdings zu hundert Prozent Verlass.
Der früher so heißspornige Portugiese, der sich oftmals nicht im Griff zu haben schien und spätestens seit seinem unrühmlichen Ausraster gegen Getafes Casquero im Jahre 2009, als er auf diesen eintrat und an den Haaren zog, seinen Ruf weg hatte, ist gereift. Das lässt sich nicht nur an dessen ruhigerem Verhalten auf dem Platz (von einigen unnötigen Schauspieleinlagen einmal abgesehen) ablesen, sondern auch an der Kartenbilanz der letzten Jahre. Mit fünf respektive vier gelben Karten gehörte der Portugiese in den letzten beiden Spielzeiten zu den fairsten Verteidigern der Primera División, der letzte Platzverweis resultiert gar aus einer Gelb-Roten aus der Saison 2011/12. Madrids dritter Kapitän dient mittlerweile also nicht mehr nur aus sportlicher Sicht als Vorbild.
Schließt Pepe Arbeloas Lücke?
Unter dem Strich wird allerdings auch zu Beginn dieser Saison wieder die Frage im Raum stehen, ob Varane endlich die Wachablösung gelingt oder Pepe ein weiteres Jahr den unverwüstlichen Platzhalter in der Madrider Verteidigung mimt. Unabhängig von seiner letztendlichen sportlichen Rolle wird der Iberer aber ohnehin einen überaus bedeutenden Platz im königlichen Kader einnehmen. Alleine aufgrund seines Alters und seiner unheimlichen Erfahrung gebührt dem 33-Jährigen ein besonderer Status innerhalb des Teams, mit seinen Führungsqualitäten auf und außerhalb des Platzes fungiert er als Ansprechpartner für Jung und Alt. Und durch den Abgang von Routinier Álvaro Arbeloa könnte diese Rolle sogar noch gestärkt werden.
Pepe ist Madridista durch und durch und würde für das königliche Wappen vermutlich durch die Hölle gehen. Nachdem mit dem „Spartaner“ nun also eines der Aushängeschilder des Madridismo wegbricht, braucht es eine starke Persönlichkeit, die diese Lücke schließt. Der Portugiese scheint prädestiniert dafür. Aufgrund seiner Leidenschaft für den Verein. Aufgrund seiner Hingabe für das Wappen. Aufgrund seiner unheimlichen Siegermentalität. Und auch wenn der Zweikampf mit Varane zur neuen Spielzeit wieder offen scheint, könnten es genau diese Eigenschaften sein, die am Ende wieder dafür sorgen, dass sich dieser Pepe einfach nicht von der Bildfläche verdrängen lässt – oder er wie ein Phönix aus der Asche zurückkehrt.
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