Reportage

Asensios kometenhafter Aufstieg: Der Alleskönner

Marco Asensio versetzt die Fußballwelt bei der U21-EM in Entzücken, doch eigentlich macht die spanische Nachwuchshoffnung nur da weiter, wo sie zuvor bei den Königlichen aufhörte. Ein Blick auf die Fähigkeiten des Talents zeigt: Diesem Jungen sind keine Grenzen gesetzt. Das Porträt einer Ausnahmeerscheinung.

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Marco Asensio Real Madrid
Hinter Marco Asensio liegt eine fabelhafte Saison – Foto: Lennart Preiss/Bongarts/Getty Images

Zidanes Vorahnung

MADRID. Der vergangene Transfersommer an der Concha Espina war zweifelsohne der ruhigste seit Jahren. Aufgrund der von der FIFA verhängten Transfersperre durfte Real Madrid keine Spieler verpflichten, nachdem im Jahr zuvor bereits die Verpflichtung von David de Gea auf spektakuläre Art und Weise gescheitert war, präsentierte man auch im Sommer 2016 keinen keinen galaktischen Neuzugang auf dem Ehrenbalkon im altehrwürdigen Santiago Bernabéu. Ob Zinédine Zidane zu diesem Zeitpunkt bereits ahnte, dass man den eigentlich obligatorischen Top-Transfer bereits in den eigenen Reihen hatte? Man darf schwer davon ausgehen. Denn umsonst dürfte der einstige Spielmacher nicht darauf bestanden haben, dass Marco Asensio nach einjähriger Leihe bei Espanyol Barcelona ab sofort fester Bestandteil der ersten Mannschaft der Königlichen sein sollte.

38 Spiele, zehn Tore | Alle Videos

Asensios Kometen-Saison im Video

Ihn kennt inzwischen jeder: Marco Asensio Willemsen! Der kometenhafte Aufstieg des 21-Jährigen... weiterlesen

Und wie ernst es „Zizou“ mit seiner Ankündigung meinte, wurde gleich beim ersten Pflichtspiel der Spielzeit offenkundig. Statt James Rodríguez tauchte nämlich völlig überraschend der Name des Youngsters auf dem Spielberichtsbogen für den UEFA Super Cup gegen Sevilla (5:4 nach Elfmeterschießen) auf – und der gebürtige Mallorquiner zahlte das Vertrauen auf beeindruckende Art und Weise zurück. 20 Minuten waren im Endspiel von Trondheim gespielt, als Madrids Nummer 20 eine erste Kostprobe ihrer unglaublichen Fähigkeiten abgab: Nach einem abgewehrten Einwurf gelangt der Ball in zentraler Position 25 Meter vor dem Tor zu Asensio, der das runde Leder in einer geschmeidigen Bewegung perfekt an- und mitnimmt, drei Schritte Anlauf, ein wuchtiger Abschluss, Tor. Sergio Rico im Gehäuse von Sevilla konnte nur hinterher schauen, wie das Spielgerät perfekt im linken Tordreieck einschlug. Ein Wahnsinns-Treffer, der aber weitaus mehr sein sollte, als bloß die wunderschöne Eröffnung einer aus Madrid-Sicht überwältigenden Saison: Es war ein Vorbote für all das, was noch kommen sollte.

Der Prototyp des spanischen Nachwuchsspielers

Und das war eine Menge: 38 Pflichtspiel-Einsätze absolvierte Asensio in der abgelaufenen Saison für die Blancos, erzielte zehn Treffer, legte deren vier direkt auf und leitete ein Dutzend weitere ein. Eine Vielzahl der Tore war dabei nicht minder schön anzusehen wie der Führungstreffer in Trondheim. Vom Wahnsinns-Sololauf gegen Sevilla über den halben Platz bis hin zum humorlosen Abschluss im Champions-League-Finale – die königlichen Anhänger kamen oftmals aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Aber schon alleine diesen eigentlich schüchtern anmutenden Jungen von der balearischen Ferieninsel auf dem Fußballplatz zu sehen, ist Erlebnis genug. Denn auch ohne tiefgreifende Kenntnisse der Sportart Fußball lässt sich wohl mühelos feststellen: Man hat es hier mit einem der größten aktuellen Talente im Weltfußball zu tun.

Doch was macht diesen 21-Jährigen, den Real vor zwei Jahren für läppische 3,5 Millionen Euro und ohne großen Medienrummel von RCD Mallorca loseiste, so verdammt stark? Eigentlich lässt sich diese Frage mit einem einzigen Satz ohne große Umschweife erklären: Er ist komplett. Und zwar so verdammt komplett, dass es fast schon beängstigend ist. Der offensive Mittelfeldspieler ist der Prototyp des spanischen Nachwuchsspielers: Technisch herausragend, kreativ, mit einer exzellenten Auffassungsgabe gesegnet, taktisch perfekt ausgebildet, noch dazu unheimlich schnell in der Entscheidungsfindung und auf den Beinen – Asensio hat einfach alles.

Wenn der mittlerweile dreifache spanische Nationalspieler beginnt, den Ball mit seinem überaus genialen linken Fuß zu streicheln, wird auf Anhieb offensichtlich, weshalb Zidane auf seinen Verbleib verharrte. Mit seiner Mischung aus spielerischer Leichtigkeit und Eleganz erinnert Asensio bisweilen sogar an den einstigen Grand Signeur des Weltfußballs, den er noch heute als sein Idol bezeichnet. Doch das ist noch nicht alles: Neben seiner virtuosen Technik und seiner grandiosen Körperbeherrschung verfügt das Nachwuchsjuwel für einen gelernten zentralen Mittelfeldspieler über eine enorme Grundschnelligkeit, die ihn nochmals deutlich von sicherlich nicht minder begabten Teamkollegen wie Isco oder James Rodríguez abhebt und ihm auch ermöglicht, über die Flügel zum Einsatz zu kommen. Und welch großartige Waffe diese Schnelligkeit sein kann, bewiesen unter anderem die Solo-Läufe gegen Sevilla und die Bayern oder seine Vorarbeit gegen Deportivo, wobei er zuvor jeweils einen Sprint über den halben Platz zurücklegte.

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Sieht man Asensio spielen, fällt es schwer zu glauben, dass man hier wirklich einen 21-Jährigen vor sich hat. Die Routine und das Selbstbewusstsein, welches er an den Tag legt, erinnern vielmehr an einen gestandenen Spieler. Aber wahrscheinlich ist genau das seine größte Stärke. Die „Perle von Mallorca“ lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen, strahlt ein unglaubliches Vertrauen in die eigene Stärke aus, wirkt mental unheimlich gefestigt. Und das spiegelt sich auch im Spiel des Jungstars wider. Reals Jüngster im Kader begeht kaum Fehler, positioniert sich nahezu immer richtig, wirkt geistig stets hellwach und verfügt über eine fast tadellose Entscheidungsfindung. Asensio vermittelt permanent das Gefühl, er habe auf jegliche Situationen des Spiels die nötigen Antworten parat. Wenn der Ball zu ihm kommt und der Iberer in unnachahmlicher Manier den Kopf hebt und die Optionen abwägt, wähnt man sich als Fan in großer Sicherheit – und weiß, er wird etwas Konstruktives damit anstellen.

Auch defensiv eine Wucht

Wie komplett Spaniens größte Nachwuchshoffnung tatsächlich ist, offenbart sich auch in seinem Spiel gegen den Ball. Anders als andere vermeintliche Super-Techniker, die sich defensiv meist aus dem Gröbsten heraushalten und auch taktisch das eine oder andere Defizit aufweisen, macht Asensio auch nach hinten eine gute Figur. Zwar pflügt der Mallorquiner dabei nicht unbedingt in Mario-Mandžuki?-Manier die Außenlinie entlang, verfügt aber besonders im Gegenpressing über ein außergewöhnliches Timing und taktisches Geschick. Bereits während seiner Leihe bei Espanyol Barcelona, wo er überwiegend als hängende Spitze zum Einsatz kam, machte er sich als geschickter Bälledieb einen Namen und gefiel durch giftiges Nachsetzen sowie schnelle Rückeroberungen. Im Dress der Königlichen knüpfte er nahtlos daran an und leitete auf diese Weise reihenweise Treffer ein, im Liga-Rückspiel gegen Sevilla (4:1) war er auf diese Weise sogar an der Entstehung aller vier Tore beteiligt.

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Bleibt die Frage: Hat dieser begnadete Fußballer überhaupt irgendwelche Schwächen? Man muss wirklich sehr lange suchen, um diese zu finden, aber das Kopfballspiel gehört zweifelsohne nicht unbedingt zur Parade-Disziplin des Edeltechnikers. Und man sollte auch nicht vergessen, dass die vergangene Saison auch für das Madrider Wunderkind nicht ohne Rückschläge verlief. Im Februar kam Asensio beispielsweise gar nicht zum Zug, in manchen Partien tauchte er nach ein paar guten Aktionen vollkommen ab – in Anbetracht seines Alters aber trotz allem völlig normale Entwicklungen. Umso beeindruckender erscheint es dabei, wie sich der Jungstar im Saisonendspurt präsentierte. Und sich auf diese Weise – sofern man den Medien in Spanien Glauben schenken mag – die Gunst von Zidane und die Aussicht auf noch mehr Einsatzzeit in der kommenden Saison erspielte.

Im Eröffnungsspiel der U21-EM gegen Mazedonien (5:0) setzte der madrilenische Hoffnungsträger mit einem Hattrick gleich einmal das nächste Ausrufezeichen und gab eine weitere Kostprobe seines schier unendlich erscheinenden Potentials. Mit Spanien ist er einer der Top-Favoriten auf den Titel, mit Real dürften in den kommenden Jahren noch einige folgen, nicht wenige trauen ihm sogar eine bedeutende Rolle bei der WM 2018 zu. Und ebenso ist diesem genialen Fußballer zuzutrauen, dass er Cristiano Ronaldo nicht nur irgendwann bei den Königlichen beerbt, sondern diesem auch eines Tages bei der Weltfußballer-Wahl nachfolgen könnte. Die Fähigkeiten dafür besitzt er. Und zwar alle.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Wenn er jetzt noch seinen schwächeren rechten Fuss verbessert oder sogar perfektioniert, wäre er sowas von stark. Meine Güte, was würde das nur für ein Monster sein!?
Traue ihm absolut alles zu!
Er hat sich auch in puncto Abschluss mMn sehr weiterentwickelt. Wenn ich mich nicht irre war er bei Mallorca und Espanyol nicht für seine Tore bekannt.
Wie auch immer, ich bin ein richtiger Fan von ihm geworden.
 
Wird die U21-Euro eigentlich irgendwo im Fernsehen übertragen?
 
Aufgrund dessen was wir momentan an Offensivpotential in den eigenen Reihen bzw. in der Hand haben wäre es für mich kein Unding kadertechnisch einen Schnitt zu machen. Nach 3 CL-Titeln in vier Jahren geht für mich eine kleine Ära zu Ende, auch weil man ein Jahr wie das letzte nur schwer toppen kann. Ohne mir gleich die ganzen Ronaldo-Fans auf den Hals hetzen zu wollen möchte ich einen kleinen Ausblick wagen und einfach nur mal Möglichkeiten aufzeigen die wir, Real Madrid, haben. Also...
Wir könnten Navas mit De Gea bzw. Donnarumma ersetzen! Wobei Donnarumma meine erst Wahl wäre (habe ihn das ganze Jahr über in der Serie A verfolgt und kann getrost sagen: das ist ein Jahrhunderttalent!)
Wir könnten/werden in der Defensive weiterhin mit Carvajal, Ramos, Varane und Marcelo spielen (mit Theo und Vallejo haben wir 2 der besten Nachwuchsverteidiger Europas im Kader)
Das Mittelfeld ist bespickt mit den 2 besten zentralen MF-Spieler (Kroos und Modric) die noch locker 2-3 Jahre auf diesem Niveau weiterspielen können/werden. Für Casemiro brauchen wir einen Ersatz (Llorente erfüllt dieses Spielerprofil allerdings nicht). Kovacic ist eine Box-to-Box-Spieler (also Ersatz für Modric oder Kroos). ...und nun der ganz große Teil: Der Angriff:
Man könnte Ronaldo und Benzema für sehr gutes Geld verkaufen (200-250 Mio für beide) und in den ganz großen Umbruch investieren. Mbappé und Dybala holen und Morata halten. Dann würde unser Angriff folgendermaßen bestückt sein: Isco, Bale, Asensio, Morata, Mbappé und Dybala...Ich meine mit dieser Breite und diesem Zukunftsspektrum könnte man einen Abgang von Ronaldo auf Dauer verkraften und den Grundstein für Erfolge für die nächsten Jahre legen.

Irgendwann muss sich Real Madrid von Ronaldo (und Benzema) lösen und ich frage mich: Warum nicht jetzt, wo gerade so viel Potential vorhanden ist um den weltbesten Nachwuchs nach Madrid zu holen? Nach 2 CL-Titeln in Serie kann unser Image nicht besser werden...
 
Aufgrund dessen was wir momentan an Offensivpotential in den eigenen Reihen bzw. in der Hand haben wäre es für mich kein Unding kadertechnisch einen Schnitt zu machen. Nach 3 CL-Titeln in vier Jahren geht für mich eine kleine Ära zu Ende, auch weil man ein Jahr wie das letzte nur schwer toppen kann. Ohne mir gleich die ganzen Ronaldo-Fans auf den Hals hetzen zu wollen möchte ich einen kleinen Ausblick wagen und einfach nur mal Möglichkeiten aufzeigen die wir, Real Madrid, haben. Also...
Wir könnten Navas mit De Gea bzw. Donnarumma ersetzen! Wobei Donnarumma meine erst Wahl wäre (habe ihn das ganze Jahr über in der Serie A verfolgt und kann getrost sagen: das ist ein Jahrhunderttalent!)
Wir könnten/werden in der Defensive weiterhin mit Carvajal, Ramos, Varane und Marcelo spielen (mit Theo und Vallejo haben wir 2 der besten Nachwuchsverteidiger Europas im Kader)
Das Mittelfeld ist bespickt mit den 2 besten zentralen MF-Spieler (Kroos und Modric) die noch locker 2-3 Jahre auf diesem Niveau weiterspielen können/werden. Für Casemiro brauchen wir einen Ersatz (Llorente erfüllt dieses Spielerprofil allerdings nicht). Kovacic ist eine Box-to-Box-Spieler (also Ersatz für Modric oder Kroos). ...und nun der ganz große Teil: Der Angriff:
Man könnte Ronaldo und Benzema für sehr gutes Geld verkaufen (200-250 Mio für beide) und in den ganz großen Umbruch investieren. Mbappé und Dybala holen und Morata halten. Dann würde unser Angriff folgendermaßen bestückt sein: Isco, Bale, Asensio, Morata, Mbappé und Dybala...Ich meine mit dieser Breite und diesem Zukunftsspektrum könnte man einen Abgang von Ronaldo auf Dauer verkraften und den Grundstein für Erfolge für die nächsten Jahre legen.

Irgendwann muss sich Real Madrid von Ronaldo (und Benzema) lösen und ich frage mich: Warum nicht jetzt, wo gerade so viel Potential vorhanden ist um den weltbesten Nachwuchs nach Madrid zu holen? Nach 2 CL-Titeln in Serie kann unser Image nicht besser werden...

Ronaldo für einen dreistelligen Millionen Betrag zu verkaufen, klingt verlockend, aber mal ehrlich, wer würde den Kaufen? Würde nur gehen wenn man sich sicher ist, dass es zu keiner Haftstrafe kommen wird.
Benzema ist Perez und Zidanes Liebling, der wird nicht wechseln. Aber einer der 3 vorne sollte mMn gehen. Wird aber auch vieles davon abhängen, welche Formation Zidane nächste Saison spielen lässt. Mit Isco und 2er Sturn oder wieder mit BBC oder Asensio Benzema Bale oder Mbappe Benzema Bale oder Bale Benzema Hazard usw...
 
Hallo leute
Habe vor mir das Trikot von Asensio zu kaufen. Denkt ihr er wird die Nummer 20 behalten oder sollte ich besser noch warten, falls es zu einem James-Transfer kommen sollte und die Nummer 10 frei wird?
 
Hallo leute
Habe vor mir das Trikot von Asensio zu kaufen. Denkt ihr er wird die Nummer 20 behalten oder sollte ich besser noch warten, falls es zu einem James-Transfer kommen sollte und die Nummer 10 frei wird?
Mir geht es genauso :) ich habe beschlossen abzuwarten. Wer weiß was nach der U21-EM passiert wenn der Junge so weitermacht! Allerdings glaube ich nicht dass er die 10 nimmt. 11 oder 7 würde ihm gut stehen finde ich.
 

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