
Clásico-Klatsche: Des Jahres unwürdig
MADRID. Abpfiff, Pfeifkonzert. Real Madrids Pflichtspieljahr 2017 endete mit einem Knall. Und das auch noch einen Tag vor Heiligabend. Und das auch noch im Estadio Santiago Bernabéu gegen den FC Barcelona. Die Königlichen unterlagen ihrem Erzrivalen 0:3 und liegen nun satte 14 Punkte von der Spitze der Primera División entfernt auf Platz vier.
Unwürdig ist das Adjektiv, das zutrifft, um den Abschluss des Kalenderjahres zu beschreiben. Unwürdig im Hinblick auf die stets hohen Ansprüche des Klubs, aber vor allem angesichts dessen, was 2017 dem Madridismo zuvor geboten hatte. Allein mit dem Double im Frühjahr vollbrachte das Starensemble von Erfolgscoach Zinédine Zidane Historisches.

Nach Liga-Titel: Madrid schreibt international Geschichte
Erst fuhr Real die erste spanische Meisterschaft seit 2012 ein, um zwei Wochen später in Cardiff mit der Verteidigung des Champions-League-Titels Geschichte zu schreiben. Das 4:1 gegen Italiens Double-Gewinner Juventus Turin glich über weite Strecken einer Demontage. Real, die gefühlt unschlagbare Übermacht im Weltfußball, positionierte sich abermals dort, wo man sich dem eigenen Anspruch zufolge immer befinden will und muss. Immer. Alles andere als der erste Platz gleicht bei dem stets erfolgsgierigen Klub einer Niederlage.
https://www.youtube.com/watch?v=ii-Tsv2XtJU
Reals Weg zur „Duodécima“: Ronaldo überragt
Mit starken Auftritten in den vorherigen Runden gegen den FC Bayern München und Atlético Madrid hatte sich Reals großer Coup von „la Duodécima“ abgezeichnet. Auch dank eines überragenden Cristiano Ronaldo, der ab dem Viertelfinale bis zum Endspiel satte zehn Tore erzielte und eindrucksvoll unter Beweis stellte, dass das Alter bei ihm bloß eine Zahl ist.
- 12. April: Real trifft im Viertelfinale der Königsklasse auf Bayern München und gewinnt das Hinspiel auf deutschem Boden trotz Rückstands 2:1. Arturo Vidal hatte den FCB in Führung gebracht (25.), verpasst es folglich aber, einen unberechtigten Handelfmeter zum 2:0 zu verwandeln (45.+1). Nach der Halbzeit übernimmt Real die Spielkontrolle und dreht die Partie dank eines Doppelpacks von Cristiano Ronaldo (47./77.).
https://www.youtube.com/watch?v=94guBygu7gw
- 18. April: Real geht mit einem 2:1-Vorsprung ins Viertelfinal-Rückspiel im Santiago Bernabéu, verspielt diesen aber. Nach 90 Minuten führen die Bayern 2:1 – Robert Lewandowski erzielt per Elfmeter die Führung (53.), Cristiano Ronaldo gleicht aus (76.), doch unmittelbar danach unterläuft Sergio Ramos ein Eigentor (77.) In der Verlängerung machen die Blancos in Person von Ronaldo (104./109.) und Marco Asensio (112.) aber noch drei Tore. 4:2 heißt es am Ende eines Spektakels.
https://www.youtube.com/watch?v=xSGpPF5wRos&
- 2. Mai: Die Königlichen lassen Atlético beim Halbfinal-Auftakt keine Chance! Das Hinspiel im Bernabéu geht mit 3:0 klar an Real. Der alles überragende Mann: Cristiano Ronaldo, der alle Tore erzielt (10./73./86.). Die Königlichen mit einem Bein im Finale.
https://www.youtube.com/watch?v=i7_isTY95nY
- 10. Mai: Real zieht zum zweiten Mal in Folge und zum dritten Mal seit 2014 ins Champions-League-Endspiel ein. Im Halbfinale gegen Atlético verliert das weiße Ballett den zweiten Schlagabtausch zwar 1:2, ist wegen des Hinspiel-Erfolgs aber trotzdem weiter. Die „Rojiblancos“ schnuppern dank früher Treffer von Saúl Ñíguez (12.) und Antoine Griezmann (16./FE) am Wunder, doch kurz vor der Halbzeit verkürzt Isco und markiert das wichtige Auswärtstor (42.), mit dem die K.o.-Runde entschieden ist.
https://www.youtube.com/watch?v=f-nA8FqY7Ow
Das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte
Das Jahr 2017 geht mit den Erfolgen in der Liga, der Champions League, der Supercopa de España sowie beim UEFA Super Cup und bei der FIFA Klub-WM als das erfolgreichste in die ruhmreiche Geschichte des Weltvereins ein. Nie zuvor hatten die Madrilenen innerhalb eines Kalenderjahres gleich fünf Titel geholt. Der Schlüssel: Geschlossenheit, Ehrgeiz und Qualität – auch in der Breite des Kaders. Das Rotationsprinzip erwies sich als goldwert.

Mit fünf gewonnenen Trophäen war Real Madrid nie so erfolgreich wie im Jahr 2017. Neben den Errungenschaften gab es aber auch das eine oder andere negative Erlebnis. REAL TOTAL lässt die zurückliegenden zwölf Monate Revue passieren. (Fotos: Jose Jordan & Curto de la Torre/AFP/Getty Images/Handout/UEFA via Getty Images)

15. Januar: Real Madrids spektakuläre Ungeschlagenen-Serie reißt. Nach 40 Pflichtspielen in Serie ohne Niederlage unterliegen die Königlichen in der Liga beim FC Sevilla 1:2. Bitter: Die Andalusier erzielen das Siegtor in der Nachspielzeit. Real verlor zuvor letztmals am 6. April 2016 gegen den VfL Wolfsburg (0:2). (Foto: Jorge Guerrero/AFP/Getty Images)

25. Januar: Real blamiert sich in der Copa del Rey und fliegt schon im Viertelfinale gegen Celta Vigo raus. Nach einer 1:2-Niederlage beim Hinspiel im Estadio Santiago Bernabéu kommen die Blancos auswärts nicht über ein 2:2 hinaus. Frühes Pokal-Aus. (Foto: Miguel Riopa/AFP/Getty Images)

7. März: Zinédine Zidanes Ensemble macht die Teilnahme am Champions-League-Viertelfinale klar. Die Merengues entscheiden im Achtelfinale gegen den SSC Neapel sowohl das Hin- als auch das Rückspiel mit 3:1 für sich. (Fotos: Gonzalo Arroyo Moreno & Francesco Pecoraro/Getty Images)

18. April: Real trifft im Viertelfinale der Königsklasse auf den FC Bayern München und gewinnt nach dem Hinspiel-2:1 auch das Rückspiel im Bernabéu – aber erst nach Verlängerung. Bayern gleicht Reals Hinspiel-Erfolg nach 90 Minuten aus, in den zusätzlichen 30 Minuten machen die Blancos aber noch drei Tore. 4:2 heißt es am Ende einer spektakulären Partie. Das Halbfinale ist gebucht. (Fotos: Alex Grimm & Shaun Botterill/Bongarts/Getty Images)

23. April: Nach dem europäischen Weiterkommen muss Real beim Liga-Clásico gegen den FC Barcelona einen Rückschlag hinnehmen. 2:3-Niederlage vor heimischer Kulisse am 33. Spieltag. Real geht in Führung, Barça dreht das Spiel, Real gleicht zum 2:2 aus, doch in der Nachspielzeit gelingt Lionel Messi das Siegtor. Die Katalanen verkürzen den Rückstand auf Spitzenreiter Real auf drei Punkte. (Foto: Gonzalo Arroyo Moreno/Getty Images)

10. Mai: Real Madrid zieht zum zweiten Mal in Folge und zum dritten Mal seit 2014 ins Endspiel der UEFA Champions League ein. Nach einem deutlichen 3:0 im Halbfinal-Hinspiel gegen Atlético verliert das weiße Ballett den zweiten Schlagabtausch 1:2, ist aber trotzdem weiter. Finalgegner: Juventus Turin. (Fotos: Gerard Julien/AFP/Getty Images)

21. Mai: Die erste Meisterschaft seit 2012! Dank eines 2:0 am 38. Spieltag beim FC Málaga räumt Real erstmals nach fünf Jahren wieder den spanischen Liga-Titel ab. Cristiano Ronaldo und Co. beenden die Spielzeit mit 93 Zähler und einem Drei-Punkte-Vorsprung vor Barça. 106 Treffer wurden erzielt, 41 kassiert. 29 Siege, sechs Unentschieden, drei Niederlagen. (Foto: Gonzalo Arroyo Moreno/Getty Images)

3. Juni: Champions-League-Titelverteidigung! In Cardiff vollbringt Real Madrid das historische Kunststück, als erste Mannschaft überhaupt den Henkelpokal zweimal in Folge einzufahren. Das Endspiel gegen Juventus entscheiden die Königlichen mit 4:1 für sich. Nach einer ausgeglichenen ersten Halbzeit gleicht der zweite Spielabschnitt einer Machtdemonstration. Nach 90 Minuten ist „la Duodécima“ perfekt. (Foto: David Ramos/Getty Images)

19. Juli: Álvaro Morata verlässt Real Madrid nach nur einer Saison schon wieder Richtung FC Chelsea. Die Londoner überweisen 80 Millionen Euro nach Spanien. Erst eine Woche zuvor verabschiedete sich James Rodríguez auf Leihbasis für zwei Jahre zum FC Bayern München. Zwei Abgänge, denen man in Madrid im Nachhinein durchaus nachgetrauert hat. (Foto: Juan Manuel Serrano Arce/Getty Images)

8. August: Die Titeljagd geht weiter! Real schlägt Europa-League-Triumphator beim UEFA Super Cup in Skopje 2:1 und fährt damit den dritten Pokal im Jahr 2017 ein. (Foto: Armend Nimani/AFP/Getty Images)

16. August: Der nächste Triumph lässt nicht lange auf sich warten. Die Supercopa de España 2017 geht an Real! Nach einem 3:1 beim Hinspiel im Stadion des FC Barcelona gehen die Madrilenen mit einem 2:0 auch im Rückspiel als Sieger vom Feld. Besonders spektakulär: Marco Asensio. Der Youngster erzielte in beiden Duellen mit dem Copa-del-Rey-Sieger je ein Traumtor aus der Distanz. (Foto: Denis Doyle/Getty Images)

23. Oktober: Cristiano Ronaldo wird bei der FIFA-Gala in London zum weltbesten Fußballer der Saison 2016/17 ausgezeichnet und schafft es dazu genauso wie seine Mitspieler Sergio Ramos, Marcelo, Luka Modri? und Toni Kroos in die Weltelf. Zinédine Zidane wird zudem zum weltbesten Trainer gekürt. (Fotos: Michael Steele & Ben Stansall/AFP/Getty Images)

7. Dezember: Cristiano Ronaldo triumphiert in Paris! Zum insgesamt fünften Mal wird der Superstar von Real Madrid mit dem Ballon d‘Or ausgezeichnet – und zum zweiten Mal am Stück. (Foto: Pierre-Philippe Marcou/AFP/Getty Images)

16. Dezember: Es ist das Jahr der Titelverteidigungen! Nach der Champions League und dem Super Cup gewinnt Real zum zweiten Mal in Folge auch die FIFA Klub-Weltmeisterschaft. In den Vereinigten Arabischen Emiraten holen die Blancos im Halbfinale ein 2:1 gegen den Al-Jazira Club und im Endspiel ein 1:0 gegen Grêmio Porto Alegre. (Foto: Giuseppe Cacace/AFP/Getty Images)

23. Dezember: Ein erfolgreiches Jahr endet mit einem Misserfolg und einem vermutlichen Titel-K.o. nach 17 Spieltagen. Das 0:3 gegen Barça im eigenen Stadion sorgt für einen 14-Punkte-Rückstand auf die Spitze, auch wenn Real aufgrund der Klub-WM-Teilnahme eine Partie weniger bestritten hat. (Foto: Denis Doyle/Getty Images)
Hunger nicht gestillt: Zidane-Team überbietet sich selbst
Zidane und seinen Stars gelang es, sich nach dem fantastischen Jahr 2016 – „la Undécima“, Super Cup, Klub-WM – selbst zu toppen. Eine denkmalwürdige Leistung, vor der es den Hut zu ziehen gilt. Schließlich zeigt die Leistungskurve einer Mannschaft nach derart großen Triumphen in der Regel nicht nach oben, sondern nach unten. Bei Real ist erst jetzt, nach dem zweiten erfolgreichen Spieljahr in Serie, wieder in der Liga der Fall.
„Wenn du dieses Gefühl kennst, Titel zu gewinnen, dann willst du sie immer wieder holen. Aber natürlich ist es nicht immer einfach, jeden einzelnen Tag motiviert zu sein. Gerade nach großen Erfolgen“, so Mittelfeldstratege Toni Kroos.
Pokal-Aus, Transferpolitik, Liga-Misere: Die Störfaktoren 2017
Ein einziger Pokal blieb Real 2017 verwehrt: die Copa del Rey. Im Januar blamierten sich die Blancos im Viertelfinale gegen Celta Vigo. Rückblickend trauern die Madridistas diesem negativen Moment aber nicht hinterher – anders als so mancher personeller Entscheidung aus dem Transfersommer. Da wäre allen voran der Angriff. Álvaro Morata wurde an Chelsea verkauft, Mariano Díaz an Olympique Lyon. 88 Millionen Euro nahm Real mit den beiden Torjägern ein, investierte das Geld jedoch in keinen neuen Stürmer. Zidane vertraute lieber Borja Mayoral, der keine gute Saison beim VfL Wolfsburg erlebt hatte.
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Ein Fehler, wie nicht wenige finden – zumal Karim Benzema in der laufenden Spielzeit bislang deutlich unter den Erwartungen bleibt. Dass Real in der Liga derart schlecht dasteht, wird auch an der Ladehemmung des Franzosen festgemacht. In zwölf Einsätzen traf er lediglich zweimal. Die Geduld etlicher Anhänger ist am Ende und die Rufe nach einer Verpflichtung für die Offensive werden immer lauter.
Leistungsabfälle sieht man an der Concha Espina alles andere als gerne. Erfolg möge bei Real auf Erfolg folgen. Immer und immer wieder. Ein Anspruch, der 2017 nach dem glanzvollen 2016 zu dem gemacht hat, was es war: ein einmaliges, eines für die Geschichtsbücher. Daran hat vor Weihnachten auch Barça nichts ändern können…
NEUAUSGABE MIT BONUSKAPITEL: »111 Gründe, Real Madrid zu lieben«!
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