
Elf Jahre her: Reals (damalige) Rekord-Saison
Das muss man sich mal vorstellen. Du bist neuer Trainer bei Real Madrid. Im Sommer wurde so viel eingekauft wie noch nie bei diesem Verein, dessen Druck auf deinen Schultern lastet wie ein Blauwal auf einem Surfbrett. Und du sammelst die meisten Punkte in der Geschichte dieses Klubs, aber wirst trotzdem nur Zweiter.
96 Punkte waren es am Ende, die Manuel Pellegrini in seiner ersten und letzten Saison mit Real Madrid stapeln konnte. „Ich hatte großes Pech“, wusste der Chilene im Nachhinein. Denn in Cristiano Ronaldo fehlte ihm der neue Super-Transfer aufgrund einer Sprunggelenksverletzung im Herbst. „Wir hätten mit ihm garantiert mehr Punkte in der Liga gesammelt!“
Drei Punkte waren es am Ende, mit denen Barcelona den zweiten von drei Liga-Titeln in Folge gewann. Drei Zähler, die im Clásico am 31. Spieltag verloren gingen, als Barça im Bernabéu mit 2:0 triumphierte. CR7 spielte trotzdem, Raúl, Guti und Benzema wurden eingewechselt, dennoch jubelten die Katalanen nach 32 und 56 Minuten. Und nach 90 Minuten über einen Vorsprung, nachdem man Wochen vorher noch punktgleich mit Real an der Tabellenspitze stand.
Trainer Pellegrini wollte im Sommer schon hinschmeißen
Mittlerweile elf Jahre her, sollte die Spielzeit 2009/10 sich als mächtig dramatisch herausstellen. Denn von Spieltag 33 bis 37 teilte nur ein Punkt die beiden Erzrivalen. Ein Pünktchen zwischen dem berühmten Champagner und einer Tasse aus Madrids Fluss Manzanares. Als Madrid dann am letzten Spieltag früh mit 0:1 in Málaga hinten lag, Barcelona darauf zwei Tore gegen Real Valladolid erzielte, schwanden die letzten Hoffnungen (1:1 am Ende). Dabei wollte Pellegrini eigentlich schon kurz nach seinem Amtsantritt die weiße Flagge schwenken, da er schon „in der Saisonvorbereitung über einen Rücktritt nachdachte, aber Jorge Valdano (damaliger Sportdirektor; d. Red.) überzeugte mich, dass ich diesen nicht erkläre.“
Im Sommer 2009 ging es ihm noch primär um Abgänge von Arjen Robben oder Wesley Sneijder. Denn Pellegrini hatte schon so eine Ahnung, dass im Champions-League-Finale 2010 im Bernabéu nicht aktuelle, sondern ehemalige Madrilenen auf dem Platz stehen würden: Sneijders Inter bezwang Robbens Bayern mit 2:0.
Für Real war der „Finale dahoam“-Traum schon im Achtelfinale gegen Lyon geplatzt (0:1, 1:1) – es sollte das sechste und vorerst letzte Achtelfinal-Aus in Folge bleiben. Madrid trotz Rekord in LaLiga am Tiefpunkt angekommen? In den acht Jahren danach: acht Mal Halbfinale, vier Mal sogar Finale – die Titelausbeute ist bekannt.
Pellegrini, Mourinho, Erfolge
Pellegrini war da schon Geschichte. Trotz der Rekord-Saison sowie Unterstützung der Fans hatte der im Sommer 2009 zurückgekehrte Florentino Pérez längst auf einen anderen sein Auge geworfen. Den Triple-Trainer aus Mailand, der nach Porto auch mit Inter die Königsklasse gewann: José Mourinho. Der Portugiese blieb nach dem Finale im Bernabéu gleich, wo er war, sonst wäre es möglicherweise anders gekommen: “Wenn ich nach Mailand zurückgekehrt wäre, wo die Fans meinen Namen gesungen hätten, hätte ich Inter vielleicht nicht verlassen.”
Politisches beklagt Pellegrini bis heute als Ursache für seine Kündigung. So sei Real Madrid „sehr politisch geprägt. Ich würde ihn nicht als Fußballverein bezeichnen, da dort Personen am Werk sind und sich einmischen, die nicht genügend Ahnung von Fußball haben.“
Letzten Endes führte nicht nur das frühe CL-Aus, sondern auch eine bis heute für Albträume sorgende Pokal-Blamage den Kopf des Chilenen in die Schlinge. 0:4 im Hin-, aber nur 1:0 im Rückspiel – und das gegen einen Drittligisten! 2009/10 war für Real schon in der ersten Runde der Copa del Rey Schluss, als es gegen AD Alcorcón zum “Alcorconazo” kam. Damals schon so gut wie ein Todesurteil für einen königlichen Dompteur.
Özil und Khedira kommen, Raúl und Guti gehen
Elf Jahre ist es her, als am 16. Mai 2010 so einige Geschichten geschrieben wurden. Barcelona gewann seinen 20. Liga-Titel und während Pérez, CR7 und Co. sich langsam zurecht fanden, ließ der Umbruchsbagger bei Real Madrid zwei weitere Säulen wegbrechen: Raúl González Blanco und José María „Guti“ Gutiérrez Hernández erlebten ihre letzte Spielzeit.

Am 26. Mai wurde Pellegrinis Entlassung offiziell, zwei Tage später sein Nachfolger bekannt gegeben. Mourinho kam und durch Abgänge von Royston Drenthe sowie Rafael van der Vaart trieb Real seine berühmte Holland-Achse endgültig ab. Dafür trieb „The Special One“ nach der WM 2010 sein Unwesen, lockte unter anderem Mesut Özil und Sami Khedira nach Madrid und legte in seinen drei Jahren – stets anwesend im Champions-League-Halbfinale – die Grundsteine für die Erfolge der kommenden Jahre. Von ihm verpflichtete Spieler wie Raphaël Varane, Casemiro oder Luka Modrić prägen die Merengues bis heute.
Doch bis die Erfolge zurück kamen, mussten die Königlichen noch einiges an Lehrgeld bezahlen. Erst, dass sogar der Rekord von 96 Punkten nicht genug sein sollte: Im Jahr darauf verteidigte Barça (96 Punkte) seinen Titel erneut vor Real (92), ehe dann geschah, was bis heute unerreicht bleiben soll: Reals 100-Punkte-Saison 2011/12. Das muss man sich mal vorstellen!
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