
Wäre er nicht vier Jahre zuvor zurück in die Bundesliga gewechselt, Paul Breitner hätte die Punkte, die es im Europapokal streng genommen natürlich nicht gab, wohl einfach per Post nach Kaiserslautern geschickt.
Eine legendäre Formulierung, die der charakterlich streitbare, als Fußballer aber unbestritten herausragende Wuschelkopf einmal im Frust getroffen hatte, weil seine Bayern auf dem Betzenberg jahrelang den Kürzeren zogen.
Der seither tief gefallene FCK war auch im Frühjahr 1982 zwar keine europäische Top-Adresse, sehr wohl aber eine, wo man nur äußerst ungern auswärts antrat. Real Madrid war im Frühjahr 1982 hingegen nur namentlich Real Madrid.
Den Königlichen waren in diesen Jahren, obwohl sie es 1981 noch ins Endspiel des Landesmeister-Cups geschafft hatten, wegen finanzieller Sorgen die Hände auf dem Transfermarkt ziemlich gebunden. Anfang 1982 schlitterten sie schließlich in eine Krise, die sie unter anderem die Meisterschaft und Trainer Vujadin Boskov noch im März den Job kostete.
Das Real Madrid der Garcías: Hinspielführung zu niedrig?
Nichtsdestotrotz gebührte die große Favoritenrolle vor dem UEFA-Cup-Viertelfinale dem „Real Madrid de Los García“, das also nach den Nachnamen seiner Spieler benannt wurde (etliche Profis der ersten Mannschaft hießen damals García). Ein solches Team konnte ansonsten wohl nicht all zu viel zu bieten haben.
Außer natürlich in Europapokal-Heimspielen, in denen die Merengues in der damals gefürchteten Festung Estadio Santiago Bernabéu so manchen Rückstand drehten. Allerdings vor allem vor und nach dieser kurzen Epoche.
„Wir konnten froh sein, in Madrid mit dem 1:3 davongekommen zu sein“, erinnerte sich Kaiserslauterns Friedhelm Funkel 2017 im KICKER. Und genau das war das königliche Problem: Im Bernabéu hatte das Hinspiel stattgefunden – nicht gerade die Reihenfolge, die man an der Concha Espina begrüßt hätte. Rückspiel also nicht mit dem eigenen frenetischen Anhang im Rücken, sondern in „Teufels Küche“. Auf dem „Betze“.
Funkel und Bongartz überrollen Madrid
Das mit dem Vorsprung – obwohl Francisco Pineda die Gäste hätte in Führung bringen können – hatte sich dann auch recht schnell erledigt. Schon nach 14 Minuten führte Kaiserslautern mit 2:0 – Doppeltorschütze: Funkel. „Vom Doc musste ich mir eine Spritze geben lassen, aber die wirkte“, verriet der heute 67-Jährige, der von Ricardo Gallego noch aus dem Hinspiel gefoult worden war.

Und dann bekam Real Madrid, dessen Trikot an jenem Abend etwa José Antonio Camacho, Vicente del Bosque oder Uli Stielike trugen (die Offensiv-Stars Santillana und Juanito fehlten verletzt), geradezu eine Überdosis seiner eigenen Medizin verabreicht.
Die „Roten Teufel“ foulten zwar nicht überhart, es gelang ihnen mit den eigenen Fans im Rücken aber nahezu alles. „Das schnelle 2:0 versetzte Real in Schockstarre“, so Funkel, „und Hannes Bongartz machte das Spiel seines Lebens“. Kurz nach der Pause erzielte jener Bongartz das 3:0 – als nur noch neun Madrilenen auf dem Feld standen.
„Angeführt von Bongartz, Reiner Geye und Hans-Peter Briegel entwickelten wir eine unglaubliche Wucht, gegen die sich die Madrilenen nur mit Härte zu wehren wussten“, berichtet Funkel, der vor 40 Jahren vom wiederholt gefoulten Laurie Cunningham „einen Tritt in meinen Hintern abbekam“ (39.) – kurz zuvor waren bereits Isidoro San José die Sicherungen durchgebrannt (31.). Reals Defensive stand nun offen wie ein Scheunentor – Norbert Eilenfeldt schoss das 4:0 (56.).
Funkel wie Suárez – Real verschießt Elfmeter
Madrid musste schmerzlich erfahren, wie es sich anfühlte, seinen komfortablen Hinspiel-Vorsprung in einem Hexenkessel schier ohnmächtig noch zu verspielen. Ein letzter Strohhalm bot sich an, als Doppeltorschütze Funkel in Luis-Suárez-Manier mit beiden Fäusten auf der Linie gerettet hatte – doch Rafael García Cortés griff daneben und verschoss beim Stand von 4:0 den fälligen Elfmeter (60.). Fünf Minuten später wurde dann Pineda – auch er zu Recht – des Feldes verwiesen. Drei Mann weniger!
Acht Blancos ließen „nur noch“ das 0:5 durch Geye zu (73.), eine der heftigsten Niederlagen der königlichen Europapokalgeschichte war perfekt (0:5, 1989 gegen AC Mailand). Zwölf Tage später folgte die unvermeidliche Beurlaubung Boskovs. Luis Molowny sprang ein und führte Real Madrid, das die Liga als Dritter beendete, wenigstens zum Pokalsieg.
Ein weiterer Beleg dafür, wie untypisch diese nur bedingt königliche Saison 1981/82 war. Aber in diesen Jahren besuchten die Madridistas ja ohnehin lieber die Spiele der zweiten Mannschaft …
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