
Verträge am Samstag unterschrieben
Die Super League befindet sich (laut Florentino Pérez) im „Stand-by“, aber irgendwie könnte man auch sagen: sie ist in der Nachspielzeit. Denn einerseits ist das Projekt noch lange nicht für tot erklärt, und andererseits könnte es mehr als ein Nachspiel haben – nicht nur aufgrund etwaiger zukünftiger und bereits angedrohter Sanktionen durch die UEFA, sondern auch durch den Vertrag, den alle zwölf Gründungsmitglieder (laut Pérez) vergangenen Samstag unterschrieben haben, ehe sie mit ihrem hehren Vorhaben Sonntagnacht an die Öffentlichkeit gingen.
Zwar machten Manchester City, Inter, Atlético und Co. nur wenig später wieder Rückzieher, aber gerade das macht die Gesamtsituation noch spannender. Der Wille, wieder auszutreten ist da, aber vertraglich ist das nicht einfach. Wie DER SPIEGEL am Freitagmitag berichtet hat, müssen „abtrünnige“ Mitglieder wohl eine „Ausstiegsklausel“ von 150 Millionen Euro an die übrigen Vereine zahlen.
Dem SPIEGEL liegt der 167 Seiten lange Gründungsvertrag vor, auf den sich alle zwölf Parteien geeinigt hatten. Entsprechend sicher zeigte sich auch Pérez in der Nacht auf Donnerstag und verkündete: „Bislang hat niemand die Super League verlassen, weil niemand die Strafe dafür gezahlt hat. Wie hoch sie ist, werde ich nicht sagen.“
Real hätte mindestens 268 Millionen bekommen
Um aus dem 23 Jahre verbindlichen Vertrag wirklich auszutreten, müssten City und Co. also tief in die Tasche greifen. Falls in der Super League schon gespielt worden wäre, hätten die Kündigenden sogar die Hälfte der Einnahmen aus der vorherigen Super-League-Saison zurückzahlen müssen.
Der Vertrag zeigt, was für eine gewaltige Goldgrube die SL gewesen wäre beziehungsweise sein könnte: Von den 3,525 Milliarden Euro – versprochen von der Bank JP Morgan – gehen 7,7 Prozent an die elf Top-Klubs, 3,8 Prozent an vier „schwächere“ Klubs: Tottenham, BVB sowie AC und Inter Mailand. Real Madrid hätte jedoch nicht nur mit der garantierten Startprämie von 238,5 Millionen Euro rechnen können: Weil Real und Barça die Zugpferde der Liga wären, hätten beide in den ersten beiden Jahren jeweils eine weitere Summe in Höhe von 30 Millionen Euro (60 Mio. pro Klub) erhalten. On top wären dann noch Prämien für den Titelsieg gekommen und sogar ein kleiner Teil Eigenvermarktung: Denn aus dem Vertrag geht hervor, dass jeder Verein vier Spiele pro Saison einzeln hätte ausstrahlen können – Real Madrid hätte über Realmadrid TV so noch weitere Einnahmen erhalten können. Heißt: Bei den 268,5 Millionen Euro für die Blancos wäre es in der ersten Saison lange nicht geblieben.
Excerpts from the #SuperLeague contract: Barca & Real were set to receive additional 60m€ each. Inter, Milan, Dortmund & Atlético were supposed to receive less than everyone else. Clubs were to exclusively broadcast live games. More:https://t.co/JvYuURviFD @derspiegel @Rafanelli pic.twitter.com/9v9lM6HlQq
— Christoph Winterbach (@derWinterbach) April 23, 2021
UEFA zahlt 2 Mrd. an 32 CL-Klubs, 15 SL-Klubs bekämen 3,5 Mrd.
Dazu ein Vergleich: Die UEFA erhielt 2018/19 Einnahmen in Höhe von 3,25 Milliarden Euro – allerdings für sowohl Champions als auch Europa League. An die 32 CL-Klubs gingen am Ende „nur“ 2,04 Milliarden (Real erhielt davon 85 Millionen), auch weil die UEFA mit rund 700 Millionen ganze 22 Prozent der Einnahmen bei sich behielt. Auch diese Verteilung und Intransparenz (Pérez: „Ich weiß, was LeBron James verdient, aber nicht, was der UEFA-Präsident verdient zum Beispiel!“) kritisierten Pérez und Co. und woll(t)en es lieber in die eigene Hand nehmen. Statt 2,04 Milliarden für 32 Klubs sollte es 3,5 für 15 geben – zu verlockend für Liverpool, Chelsea und Co., auch wenn letzten Endes der öffentliche Druck größer als Gier und Machtwille waren. Aber auch wenn die neun abtrünnigen Klubs mitteilten, austreten zu wollen – offiziell raus sind sie aus dem Vertrag noch nicht. Pérez und Co. befinden sich sogesehen in der 93. Minute und sie haben noch Chancen und Joker in der Hinterhand.
Dass die übrigen drei Klubs – Real, Juventus und Barça – nun insgesamt 1,35 Milliarden Euro „geschenkt“ bekommen (neun Mal 150 Millionen), ist zwar mehr als unwahrscheinlich – und doch ist das Spiel noch lange nicht vorbei.
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