
„Warum zum Teufel gehe ich zum Ball?“
MADRID. Mehr als eine Dekade lang hatten sie sehnsüchtig gewartet. Darauf, mal wieder die Champions League zu gewinnen. Die zehnte in der Vereinsgeschichte, um genauer zu sein. Aber auch darauf, überhaupt mal wieder ein Finale in der Königsklasse zu erreichen. In der Saison 2013/14 hat Real Madrid es dann geschafft, nach zwölf Jahren. In Lissabon standen die Königlichen im Kampf um den europäischen Thron ihrem Stadtrivalen Atlético gegenüber – der dann auch beinahe als Sieger vom Feld ging.
Bevor Sergio Ramos für den historisch denkwürdigen Ausgleichstreffer in der dritten Minute der Nachspielzeit sorgte, hatte sich ausgerechnet Kapitän Iker Casillas nach 36 Minuten im Tor einen Fehler geleistet, der in der Führung der „Rojiblancos“ mündete.
Der Keeper eilte in dem Glauben, eine Hereingabe in den Strafraum erreichen und klären zu können, heraus, realisierte auf halbem Weg aber, dass dieses Vorhaben unmöglich aufgehen kann. Das Tor war leer, Diego Godín köpfte ein. Rückstand.
„Es war ein sehr seltsames Spiel. Wir sind vor Atléticos Tor gekommen, waren besser, auch wenn uns Xabi Alonso fehlte. In einer absurden Aktion, wo du sagst: ‚Ich gehe zum Ball, ich gehe nicht zum Ball… Warum zum Teufel gehe ich zum Ball?‘ Ich hätte auch im Tor bleiben können. Aber es passierte so und von da an dachte ich ruhig, dass wir schon ausgleichen werden“, erinnerte sich der mehrfache Welttorhüter jetzt, sieben Jahre später, in einem Gespräch mit Ex-Teamkollege Santiago Cañizares auf dessen YouTube-Kanal.
„Iker, du musst dich auf das vorbereiten, was kommen wird“
Keine Frage: Hätten seine Vordermänner um Ramos nicht diese epische Aufholjagd gestartet, wäre „San Iker“ nach dem Endspiel der große Sündenbock gewesen. Er selbst hatte sich im Laufe der regulären Spielzeit, in der einfach kein eigener Treffer fallen wollte, auch genau darauf bereits eingestellt. Auf die Schlagzeilen, die wütenden Fans.
„Die Minuten vergingen, das Tor fiel nicht und ich sagte mir: ‚Iker, du musst dich auf das vorbereiten, was kommen wird. Du wirst überall das Gesprächsthema und in aller Munde sein.‘ Denn es waren zu der Zeit ziemlich schwere Jahre. Als Sergio Ramos traf, dachte ich: ‚Wir sind Champions-League-Sieger!‘ Ich dachte auch: ‚Vergiss das alles, Iker.‘ Man stelle sich nur einmal die Anzahl an bereits fertiggestellten Analysen für den nächsten Tag der ganzen Zeitungen und Fernsehsender vor… In dem Moment, als der Ausgleich fiel: alles weggewischt!“, so Casillas, der Retter Ramos nach dessen Erfolgserlebnis voller Dankbarkeit umarmt und dabei Tränen vergossen hatte.

Casillas kam in jener Spielzeit unter Carlo Ancelotti lediglich in der Champions League und in der Copa del Rey, die das weiße Ballett damals ebenfalls gewann, zum Einsatz. Bei den Begegnungen in der Primera División hütete der größer gewachsene Diego López das Gehäuse der Madrilenen. „Ich habe in dieser Saison nur in der Copa und in der Champions League gespielt, aber meine Bilanz war sehr gut. Ich habe 24 Spiele gemacht, 22 gewonnen, einmal unentschieden gespielt und einmal verloren“, weiß Casillas, heute 40 Jahre alt und als Assistent des Generaldirektors der Stiftung von Real tätig, noch.
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