
„Auf dem Papier klingt alles gut, doch am Anfang war es schwer“
„Mit dem Höhenflug nach dem Triumph in der Champions League und beim Super Cup im Sommer gegen Sevilla gingen wir die zweite Saison an. Die Dinge würden anders werden, weil wir die Mannschaft diesmal vom Beginn der Saison vorbereiten mussten. Wir mussten überlegen, wie wir eine komplette Saison mit einem Kader mit großartigen Spielern managen.
Die Idee von ‚Zizou‘ war, dass sich alle Fußballer wichtig fühlen sollten. Und um sich wichtig zu spielen, muss ein Spieler zum Einsatz kommen. Aber wie macht man das? Wir haben Rotationen in Erwägung gezogen und den Spielern, die oft zum Einsatz kommen, erklärt, dass sie auch mal pausieren müssen, denn das würde ihnen mehr Energie und mentale Frische geben.
Auf dem Papier klingt das alles gut, doch am Anfang war es schwer, weil alle Spieler immer spielen wollen. Doch ‚Zizou‘ überzeugte sie, dass es zum Wohle des Teams ist und um so viele Titel wie möglich zu gewinnen. Wir wussten, dass wir das mit einem sehr sicheren Rückhalt machen. Wir hatten Álvaro Morata, Mateo Kovačić, James Rodríguez, Danilo und noch viele mehr. Fußballer, die dafür sorgten, dass das Niveau nicht geringer wurde.
Es war eine Saison mit vielen Titeln, aber für mich war das Wichtigste, dass es ein menschlich sehr interessantes Abenteuer war. Es herrschte eine unglaubliche Einigkeit in der Kabine zwischen Spielern und Trainerstab. Jeder war mit der Atmosphäre sehr zufrieden.
Zinédine Zidane 2017/18: „Am Ende fehlt mentale Frische“
Danach könnte man meinen, dass alles, was dann kommt, einfacher wird. Aber so war es nicht. Die dritte Saison war für uns schwieriger. Viele Rotationsspieler sind gegangen und es kamen viele junge Spieler wie Dani Ceballos, Marcos Llorente, Theo Hernández und Achraf Hakimi. Vielleicht war es nicht klug, mit diesen jungen Spielern zu Beginn der Saison zu rotieren. Sie hatten ein hohes Niveau, aber viel Verantwortung.

Die Ergebnisse in der Liga haben die Lage schnell verkompliziert. Der Rückstand zum Tabellenersten wuchs stark an und in der Copa del Rey sind wir nach Weihnachten gegen Leganés, einen Zweitligisten, ausgeschieden. Ich will nicht, dass es wie eine Entschuldigung klingt, doch es war nicht nur eine sportliche, sondern auch eine mentale Sache. Im Fußball und in jedem Sport ist es sehr schwer, immer oben zu bleiben, vom Spieler zu fordern, dass er alle Partien gewinnt. Am Ende fehlt dir die mentale Frische.
Diese Resultate hatten auch einen Einfluss auf ‚Zizou‘. Er fing an, einige Schläge seitens der Presse zu bekommen, sehr harte Kritiken, die vielleicht einen Einfluss darauf hatten, Real Madrid zu verlassen. Ich konnte es im Laufe des Jahres sehen, als er mir sagte, dass bei Real Madrid ein sehr hoher Druck herrscht, der einen psychisch sehr erschöpft. ‚Wie endet das und wie können wir eine weitere Saison beginnen?‘, sagte er mir. Doch in seinem Kopf war weiterhin das Vorhaben, die Dinge zu verändern.
„Spieler von Real Madrid brauchen eine andere Ansprache“
Kurz vor dem Ende der Saison sagte er mir allerdings, dass er eine Entscheidung getroffen hat: ‚Ob wir die Champions League gewinnen oder verlieren: Ich brauche eine Pause.‘ Als Assistent habe ich ihn in seiner Entscheidung unterstützt, denn ich glaubte auch, dass man es tun müsste. ‚Zizou‘ sagte mir auch eine wichtige Sache nach seiner Erfahrung als Spieler: ‚Die Spieler von Real Madrid brauchen eine andere Person, eine andere Ansprache, eine andere Methodik.‘ Er wollte, dass die Spieler weiterhin erfolgreich sind und meinte, mit ihm könnten sie das nicht sein. Das spricht für seine Demut.
Trotz all der Schwierigkeiten kamen wir ins dritte Champions-League-Finale in Folge, gegen Liverpool. Doch diesmal war der Druck wegen unserer schlechten Saison in der Liga und in der Copa del Rey höher denn je. Einige Tage vor dem Spiel haben wir nach einer Art und Weise gesucht, wie wir die Mannschaft entspannen können. Und wir haben den Basketball gefunden. Vielen gefiel Basketball, daher gingen wir zu den Anlage der Basketballmannschaft und haben ein Spiel organisiert. Einige Tage danach haben wir die Champions League gewonnen. Die schönste von allen.
Zinédine Zidane zurück bei Real: „Eine Überraschung“
Nachdem ‚Zizou‘ bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit Florentino Pérez seinen Abgang von Real Madrid verkündet hatte, war unser erster Plan, mit der Familie abzuschalten. Lange hielt das aber nicht an. Wir haben schnell wieder Spiele geschaut, um unsere Arbeitsmethode zu verbessern. Jeden Monat setzte ich mich mit ‚Zizou‘ zusammen, um darüber zu reden, was wir gesehen hatten. Der Fußball entwickelt sich.
‚Zizous‘ Plan war, ein Team in Europa zu trainieren, doch im März 2019 kehrten wir zu Real Madrid zurück. Ehrlich gesagt: Ich hatte das nicht erwartet, da ich dachte, er wollte eine andere Mannschaft trainieren. Es war eine Überraschung, doch der Grund dafür, dass er diese Entscheidung traf, war sehr simpel. ‚Sie brauchen uns dort. Der Klub und die Spieler.‘
‚Zizou‘ traf die Entscheidung aus dem Herzen – mit dem Bewusstsein, dass die Herausforderung sehr schwer werden würde. Viel schwerer als beim ersten Mal. Wir hatten die Tore von Cristiano (Ronaldo) nicht mehr, seine Präsenz wurde in der Saison schon sehr vermisst.
Zinédine Zidane hatte Probleme, „guten Plan auszutüfteln“
Was wir gemacht haben: Wir haben die Taktik der Mannschaft defensiv überdacht, das Team ausbalanciert, um weiter erfolgreich zu sein. Wir hatten seine 50 Tore pro Saison nicht mehr. Dann verpflichtete uns die Pandemie nochmals dazu, alles zu überdenken. Das Ergebnis hat man auf dem Platz gesehen: zehn Spiele in Folge gewonnen und ein Remis im letzten Spiel. Die Meisterschaft war sehr verdient.
In der nächsten Saison war es schwierig, einen guten Plan auszutüfteln. Wenn ich mich nicht täusche, konnten wir glaube ich wegen der Verletzungen in der ganzen Saison keine zwei Spiele in Serie mit derselben Startelf bestreiten. Weit vom Lamentieren entfernt diente uns diese Erfahrung aber, um viel zu lernen. Wir haben uns als Trainer weiterentwickelt, denn wir mussten taktisch variieren. Jeder Spieltag wurde zu einer Herausforderung.
Zinédine Zidane 2021: Keine Titel, „aber eine positive Saison“
Es stimmt, dass es ein Versagen ist, bei Real Madrid eine Saison ohne Titel zu beenden. Doch für uns ist es ein Versagen, wenn man es nicht versucht. Ich denke, es war eine positive Saison in der Hinsicht, wie wir in den Endspurt gekommen sind. Wir haben trotz der Probleme um alle Titel gekämpft.
Auf individueller Ebene gab es eine entscheidende Phase, als ‚Zizou‘ Corona hatte. Da musste ich die Mannschaft für einige Tage übernehmen. Es wurde letztlich eine geniale Erfahrung. Ich bemerkte, dass ich die Fähigkeit habe, um ein Team im Training zu führen.
Als ‚Zizou‘ mir gegenüber andeutete, dass er sich eine Pause nimmt, sagte er mir: ‚Du musst weitermachen. Du bist fähig und hast viele taktische Kenntnisse, um deine eigene Arbeit zu machen. Aber du hast es auch drauf, Spieler zu managen. Du bist sehr gut mit den Spielern von Real Madrid klargekommen, was nicht einfach ist.‘ Das Vorhaben, selbst Trainer zu werden, fing an, in meinem Kopf herumzukreisen. Es ist der Moment gekommen und ich bin bereit.“
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