Frag’ den Redakteur

Frag’ den Redakteur: Transfers, Wunsch-Abwehr – und (k)ein Ende der Mbappé-Posse?

Frag' den Redakteur ist zurück! REAL TOTAL-Redakteur David Paasche bewertet die Tchouaméni-Verpflichtung, nennt seine favorisierte Abwehrkette und ordnet die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Mbappé-Transfers ein. Außerdem nennt der Real-Experte einen Wunsch-Neuzugang in der Offensive.

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Mbappé, Tchouaméni
Während Mbappé das Bernabéu vorerst nur als Gast betritt, wird Tchouaméni mit offenen Armen empfangen – Fotos: Imago

Frage von Madridista993: Was denkst du passiert noch auf dem Transfermarkt? Kommt noch jemand für die Offensive? Da angeblich Mariano und Jović bereit wären, den Club zu verlassen.

Antwort David Paasche: Ob bzw. in welcher Größenordnung noch jemand für die Offensive kommt, hängt sicherlich vor allem von potenziellen Abgängen ab. Mariano und Jović sehe ich persönlich tatsächlich nicht mehr im Real-Trikot. Zum einen hatten sie das Glück nicht immer auf ihrer Seite, zum anderen haben sie auf mich aber auch nicht so gewirkt, als würden so zu 100 Prozent für den Verein brennen. Zu selten hatte ich das Gefühl, dass die beiden die nötige Energie ausstrahlen, die im weißen Trikot Grundvoraussetzung sein sollte.

Nicht unerheblich wird zudem sein, was mit Asensio passiert und welche Rolle Ancelotti Eden Hazard zuschreibt. Da ich von mindestens einem (eher zwei) weiteren Abgängen im Offensivbereich ausgehe, rechne ich damit, dass zumindest ein Offensivspieler verpflichtet wird. Dieser wird jedoch sicherlich nicht die Strahlkraft eines Kylian Mbappé haben, sondern mit einem niedrigeren Preisschild versehen sein.

Fragen von 4rch0, EK-Flow: Apropos: Wie enttäuscht warst du von dem geplatzten Mbappé-Transfer? Wer wäre in deinen Augen die richtige Alternative bzw. hast du ein offensiv Wunschspieler, der diesen Sommer noch zu uns stoßen sollte?

Und: Gibt es für Mbappé eine Zukunft in Madrid? Wie glaubt ihr, würde der Großteil der Madridistas reagieren, wenn Mbappé nochmal Thema werden würde? Der Vertrag wurde ja „nur“ um drei Jahre bei PSG verlängert, was dafür spricht, dass er langfristig anders zu planen scheint. Sportlich wäre er auch in drei Jahren noch eine absolute Verstärkung.

Antwort David Paasche: Genau wie meine Kollegen bin auch ich fest von einem Transfer ausgegangen. Zu deutlich waren die Hinweise aus dem Umfeld des Spielers und des Vereins. Zu klar schienen mir dir Aussagen, die er immer wieder gestreut hat. Insofern bin ich vor allem menschlich enorm enttäuscht. Real Madrid, ein Verein, in dem Fußball gelebt wird und Tradition und Moderne so eng verschmelzen wie sonst nirgendwo, abzusagen, ist per se schon unverständlich. Wenn man diesen Klub, in dem jedes Büro, jeder Quadratzentimeter nach Fußball riecht, als „Lieblingsverein“ darstellt, wirkt eine Absage um ein Vielfaches bizarrer.

Als sportliche Alternative muss ich tatsächlich zunächst an Serge Gnabry denken. Bei Bayern nicht wirklich zufrieden (da verhältnismäßig wenig wertgeschätzt), ist der Deutsche sicherlich nicht der erste Spieler, der einem in den Sinn kommen dürfte. Für mich bringt der deutsche Nationalspieler aber alles mit, was es braucht, um sich bei Real durchzusetzen: Eine optimale technische Ausbildung, ein gutes offensives Eins-gegen-Eins sowie das Selbstverständnis, auf Top-Niveau zu performen. Dürfte ich Pérez etwas ins Ohr flüstern, würde ich ihm raten, über Gnabry nachzudenken.

Was eine Zukunft von Mbappé betrifft… Puh, wenn es nach mir geht, würde ich sagen „Nein“. Wenn es nach den Mechanismen des Marktes und der nachvollziehbaren Prämisse der Klubführung, stets die besten Spieler der Welt zu verpflichten, geht, würde ich meinen: „Nichts ist unmöglich.“ Offen gesagt vermute ich auch, dass sich der Groll des Madridismo bis dahin ein wenig gelegt hat – und Mbappé mit Taten (oder anders: Toren) sicherlich schnell viele Menschen auf seine Seite ziehen würde.

Fragen von Elpato, Elijas.Venn: Wird sich Real noch um einen Stürmer bzw. Rechtsaußen bemühen (Salah vielleicht)? Wie plant man mit Hazard? Wird er vielleicht mehr auf Rechtsaußen zum Zug kommen oder sogar eher auf der Zehn?

Antwort David Paasche: Wie eben bereits ausgeführt, gehe ich davon aus, dass zumindest ein Offensivspieler kommen wird. Ich sehe eher Gnabry in Madrid als Salah – denkbar sind aber sicherlich viele Namen.

Was Hazard betrifft, so wirkt es auf mich, als würde er noch einen Anlauf bekommen. Ganz abgeschrieben hat Ancelotti den Belgier offensichtlich noch nicht – dass er sein System auf Hazard ausrichtet, halte ich allerdings für ausgeschlossen. In meinen Augen muss Hazard liefern, wenn er die Chance erhält – und sich diese über eine überzeugende Vorbereitung und eine überdurchschnittliche Einstellung zum Spiel und zum Verein erarbeiten.

Sicherlich ist es denkbar, dass sich Hazard aus dem 4-3-3-System immer wieder mal im Zehner-Raum bewegt – die Top-Mannschaften zeichnet sowieso ein enormes Maß an Variabilität aus. Die A-Option in der Offensive dürfte Hazard im Real-Trikot aber eher nicht mehr werden.

Frage von Torriefan: Denkst du, Haaland wird irgendwann zu Real wechseln? Und wie schätzt du das Gerücht ein, dass Haaland über eine Ausstiegsklausel ab 2024 verfügt?

Antwort David Paasche: Offen gestanden habe ich keine Informationen darüber, ob Haaland über eine Ausstiegsklausel verfügt. Dass der Norweger als einer der besten Stürmer der Welt immer wieder mit Real Madrid in Verbindung gebracht wird, ist logisch. Ich persönlich vermute eher, dass sich die Blancos nach einem Stürmer umsehen werden, der ansatzweise dem Profil von Karim Benzema entspricht: Spielstark, eiskalt in der Box und technisch herausragend. Allerdings spielen hier sicherlich auch Faktoren wie die Marktlage, die Trainerposition und die Entwicklung bereits verpflichteter Spieler eine Rolle.

Frage von Indicamuse: Wie schätzt du die Notwendigkeit und den Nutzen des Tchouaméni-Transfers ein? War der Spieler dir vorher bekannt?

Antwort David Paasche: In meinen Augen ist die Verpflichtung erneut ein äußerst intelligenter Transfer, da der Tchouaméni das fehlende Puzzleteil bei der Verjüngung des königlichen Mittelfelds darstellen könnte. Im Unterschied zu MCK sehe ich das Trio Tchouaméni, Valverde, Camavinga (eventuell auch ein Ceballos) zwar in puncto Ballsicherheit und Pressingresistenz etwas schwächer – dafür bringen besagte Spieler in meiner Wahrnehmung mehr Dynamik mit. Sie können die Statik eines Spiels nicht „nur“ durch scharfe Pässe, sondern eben auch durch Tiefenläufe oder dynamische Dribblings entscheidend aufbrechen.

Tchouaméni im Besonderen würde ich in erster Linie als robusten (1,87 Meter, 80 Kilogramm), zweikampfstarken Spieler einordnen, der nicht nur großen Druck von der eigenen Viererkette nimmt, sondern zugleich über eine gewisse Box-to-Box-Mentalität verfügt (wenn auch weniger stark ausgeprägt als bei „Fede“). Hinzu kommt, dass der 22-Jährige im Luftduell enorm stark ist, ein Spiel verhältnismäßig gut lesen kann, trotz seiner Größe auch am Boden durch eine gute Körperbeherrschung enorm griffig in den Zweikämpfen ist (eigentlich typisch für Spieler mit tiefem Schwerpunkt) und mit einem immensen Selbstvertrauen mit Ball am Fuß ausgestattet ist.

Ich kann mir vorstellen, dass – wenn Valverde, Camavinga, Tchouaméni und auch Ceballos die Real-Madrid-DNA immer stärker in ihre Spielweise integrieren und zudem von MCK lernen – ein neues, ebenfalls dominant agierendes Mittelfeld(-Trio) erwachsen wird. In einem solchen Mittelfeld (angenommen, es bleibt von der Grundidee beim 4-3-3), sehe ich Tchouaméni als „Anker“ vor der Viererkette, Camavinga als Taktgeber und „Fede“ als denjenigen Spieler, der durch energische Läufe immer wieder Tiefe im Übergangsspiel gibt.

Und ja: Ich hatte Tchouaméni auf dem Radar, muss aber gestehen, dass ich nicht mehr als 15 Spiele von ihm gesehen habe. Insofern stützt sich meine Einschätzung auf einer überschaubaren Anzahl an Eindrücken. Dennoch sehe ich den potenziellen Nutzen des Transfers als ziemlich hoch an, wenngleich die Ablöse den Druck sicherlich nicht gerade mindert (hier vertraue ich aber auf Carlos Leadership-Skills).

Fragen von Hasta el final, El_niño9, Blackbeardsm: Wo wird eurer Meinung nach Rüdiger spielen? Zusammen mit Alaba auf der Innenverteidiger-Position oder wird Alaba nach links rücken, damit Militão nicht verärgert wird? Was passiert dann mit Miguel Gutiérrez?  Und: Siehst du Vinícius Tobias als Carvajal-Backup oder sollte er (zunächst) verliehen werden?

Antwort David Paasche: Das ist eine gute Frage. Grundsätzlich gehe ich von einer höheren Rotation aus als in der Vorsaison. Mit Rüdiger, Alaba, Militão und Nacho verfügt Ancelotti über viel Qualität – und kann zugleich auf Formentwicklung(en) reagieren. Generell gehe ich davon aus, dass Alaba mehr oder weniger gesetzt ist – allein schon aufgrund seiner Führungsqualitäten. Zudem sehe ich den Österreicher klar als Innenverteidiger, auch weil er mit fast 30 Jahren in puncto Explosivität eher abbauen wird und sein Spiel in den vergangenen Jahren klar auf das Ausfüllen einer zentralen Position ausgerichtet hat.

Der Platz daneben dürfte umkämpft sein, wobei ich Rüdiger hier leicht im Vorteil sehe. Ich persönlich würde mir eine „A-Viererkette“ bestehend aus Miguel Gutiérrez, Alaba, Militão und Carvajal wünschen – einfach, weil ich Gutis Offensivdrang schätze und Militão mich in den letzten eineinhalb Jahren überrascht hat. Realistischerweise sehe ich vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Rüdiger viel Geld kostet und Mendy nicht wirklich enttäuscht hat, die Viererkette Mendy, Alaba, Rüdiger und Carvajal als realistischste „A-Lösung“. Dennoch erwarte ich, dass Militão ebenfalls viel Spielzeit (auch in dem einen oder anderen „großen Spiel“) erhält und Miguel Gutiérrez zumindest Gelegenheiten bekommt, sich zu zeigen.

Dass Vinícius Tobias eine ernsthafte Alternative als Rechtsverteidiger ist, kann ich mir nicht vorstellen. Ich halte es für realistischer, dass er entweder in der Castilla Erfahrung sammelt oder (innerhalb Spaniens) verliehen wird. Mit Vázquez und Nacho verfügt Real über zwei Spieler, die die Position mit unterschiedlichen Schwerpunkten ausfüllen können. Interessant könnte hier in näherer Zukunft eher die Personalie Hakimi werden.

Frage von AmadoRM: Welche Vorteile hat es Real Madrid Mitglied in Deutschland zu werden und was kostet es?

Antwort David Paasche: Mitglied, also „Socio“ zu werden, ist für uns Normalsterbliche im Ausland fast ausgeschlossen. Generell ist die Anzahl der Mitglieder der Königlichen beschränkt (derzeit meines Wissens auf ca. 100.000). Hinzu kommt, dass die Warteliste enorm ist und auch mit spanischen Wurzeln eine Antragstellung aus dem Ausland enorm kompliziert ist.

Alternativ gibt es die „Madridista“-Karte. Mit dem Erwerb der Karte (hier gibt es verschiedene Tarife und Modelle) kann man seine Liebe zum Verein ebenfalls ausdrücken. Vorteile sind beispielsweise Rabatte im Online-Shop oder eine bevorzugte Behandlung, wenn es darum geht, Tickets zu bestellen.

Frage von Florentino Pérez: In den letzten Jahr haben die Vereine aus England aufgrund ihrem finanziellen Vorteil massiv aufgeholt. Glaubst du, Real und Barça können langfristig betrachtet finanziell mit diesen Klubs mithalten? City und Liverpool haben jede Position Weltklasse besetzt. Aufgrund der Finanzen ist das bei uns nicht möglich […].

Antwort David Paasche: Finanziell ist die Premier League derzeit klarer Marktführer, da hast du Recht. Real Madrid ist es jedoch gelungen, trotz der Corona-Krise eine positive finanzielle Entwicklung zu nehmen. Durch Pérez‘ Finanzgeschick und die immense strategisch-finanzielle Kompetenz, sehe ich die Merengues im Vergleich zur Premier League nur auf den ersten Blick im Nachteil. Real Madrid ist eine der stärksten Marken und der wertvollsten Klubs der Welt (auch über die Sportart Fußball hinaus). Durch die Symbiose aus gekonnter (internationaler) Vermarktung, kluger strategischer Entscheidungen (Bernabéu-Umbau, Kader-Verjüngung, etc.) und sportlichem Erfolg bleibt einerseits die Strahlkraft erhalten und werden andererseits neue Einnahmequellen aufgetan oder bestehende Quellen optimiert. Insofern bin ich überzeugt, dass Real Madrid dem Wettbewerb standhalten wird – generell wünsche ich mir aber Regelungen für mehr Chancengleichheit im Weltfußball (ja, ich weiß – ein frommer Wunsch).

Frage von hala_cedi: Ist es möglich die Nicht-EU-Spieler-Regel in LaLiga zu lockern, etwa von drei Spielern auf zum Beispiel fünf Spieler? Die Regelung ist ja schon ein Nachteil für spanische Klubs im Vergleich zu Mannschaften aus den anderen Top-Ligen.

Antwort David Paasche: Regeländerungen sind nicht selten ein bürokratischer Akt. Hinzu kommt, dass der Profisport sich logischerweise an arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen orientieren muss. Die Debatte, die Regel für „Nicht-EU-Spieler“ zu kippen, wird bereits länger geführt. Mir ist allerdings nicht bekannt, dass dies in der näheren Zukunft geschieht.

Es gibt jedoch Wege, die Regel auszuhebeln: Wenn ein Spieler mindestens fünf Jahre in LaLiga gespielt oder spanische Vorfahren hat, kann ein spanischer Pass beantragt werden. Da die Grenze für Nicht-EU-Spieler in anderen Ländern höher ist, würde ich an dieser Stelle schon von Wettbewerbsverzerrung sprechen. Hinzu kommt, dass eine solche Regel aus gesellschaftlicher Perspektive in einer vernetzten Welt nicht wirklich zeitgemäß erscheint (wenngleich Argumente, wie die Förderung der nationalen Nachwuchsförderung, nachvollziehbar sind).

Frage von Modrić fan: Glaubst du, dass Modrić der beste Mittelfeldspieler aller Zeiten ist?

Antwort David Paasche: An dieser Stelle oute ich mich bei aller Objektivität gerne als Modrić-Fanboy. Mir fällt kaum ein anderer Spieler ein, der auch unter größtem Gegnerdruck unfassbar gute Lösungen findet. Hinzu kommt, dass er auch mit 36 noch immer eine gewisse Dynamik und Torgefahr ausstrahlt. Ob der Kroate der beste Mittelfeldspieler aller Zeiten ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Er gehört für mich aber ohne Frage unter die Top 10.

Frage von El Siéte: Glaubst du an einen Mendy- und Casemiro-Verkauf in diesem Sommer?

Antwort David Paasche: Kurz gesagt nein. Mendy mag zwar offensiv nicht der stärkste Außenverteidiger sein, er gibt dem Team durch sein gutes Defensivverhalten jedoch eine gute Balance. Hinzu kommt, dass Real in der Vorsaison beispielsweise gerne über links Ballbesitzphasen auf engem Raum hatte, um dann über die andere Seite Tempo aufzunehmen („Overload to isolate“). Insofern ist es nicht zwingend notwendig, dass Mendy durch enormes Anschieben auffällig wird; wenn er offensiv agiert, haben seine Aktionen dafür fast immer Hand und Fuß.

Casemiro sehe ich zurzeit noch immer als ein zentrales Puzzleteil. In meinen Augen gibt es noch keinen anderen Spieler, der es versteht, derartig konstant den Druck von der Viererkette zu nehmen. Diese Qualität ist vor allem in großen Spielen wichtig, auch wenn es sicherlich richtig ist, dass „Case“ sich in so mancher Partie zu viele Abspielfehler erlaubt.

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