Interview

Zeitstrafen, Transfergerüchte, Real Madrid: Toni Kroos beantwortet über 100 Promi-Fragen

Toni Kroos würde im Fußball Zeitstrafen und eine Nettospielzeit einführen, über Transfergerüchte trotz seines Bekenntnisses zu Real Madrid wundert er sich. Der Mittelfeldregisseur beschreibt zudem mit seinen Worten das Geheimnis des internationalen Erfolgs der Königlichen und den Faktor Estadio Santiago Bernabéu. Bei aus dem Sport entwachsenen Freunden nennt Kroos lediglich zwei Namen.

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Toni Kroos Real Madrid
Kroos steht bei Real Madrid noch bis 2023 unter Vertrag – Foto: IMAGO / Moritz Müller

Toni Kroos: Charity-Interview als Gag nach ZDF-Abbruch

MADRID. „Du hattest 90 Minuten Zeit, dir vernünftige Fragen zu überlegen, ehrlich. Und dann stellst du mir so zwei Scheiß-Fragen“: Mit seinem im ZDF abgebrochenen Interview nach dem Gewinn des Champions-League-Titels mit Real Madrid gegen den FC Liverpool (1:0) sorgte Toni Kroos Ende Mai für reichlich Schlagzeilen und Gesprächsstoff.

https://www.youtube.com/watch?v=8XDYQ3IKCeI

In Zusammenarbeit mit dem Journalisten Oliver Wurm nahm der Mittelfeldregisseur das zum spaßigen Anlass, dass ihm 90 prominente Persönlichkeiten – überwiegend aus dem Sport – Fragen stellen. Per „Nachspielzeit“ sind es letztlich noch mehr geworden, ganz zum Schluss kam mit Nils Kaben sogar der ZDF-Reporter aus dem Stade de France an die Reihe.

Das überraschendste Interview des Jahres kann man in Gänze in einem ePaper lesen, das 1,90 Euro kostet. 90 Cent kommen dabei jeweils an der Stiftung des Real-Stars zugute. REAL TOTAL sammelt hier ein paar wenige Fragen und Antworten.

Toni Kroos: „Zeitstrafen effektiver als Gelbe Karten“

Fabrizio Romano (Sportjournalist und Transfer-Insider): „Wie verfolgen Sie Gerüchte über sich und mögliche Transfers? Und wie den Transfermarkt generell?“

Toni Kroos: „Wenn ein Spieler in sechs Jahren fünf Klubs hat, darf er sich nicht beschweren, wenn es permanent Gerüchte gibt. Aber dafür stehe ich ja nicht. Doch als ich vor einem Jahr in gleich mehreren Interviews sagte, dass ich die Karriere bei Real beenden möchte, wurde wenig später in den Foren diskutiert, ob ich nach England wechsle. Da habe ich dann schon manchmal den Eindruck, dass einige auch gar nicht zuhören wollen. Was ich in den Transferperioden natürlich beobachte, ist, wer mein Team verlässt und wer vielleicht neu dazukommt, da dies ja auch direkten Einfluss hat auf das, was wir erreichen wollen.“

Collinas Erben (Schiedsrichter-Podcast): „Welche Regel würdest Du abschaffen? Und welche neue würde dem Fußball guttun?“

Kroos: „Ich halte Zeitstrafen für effektiver als Gelbe Karten. Unterzahlspiel tut in der engen Schlussphase eines Spiels weh. Wer schauspielert oder Zeit schindet, geht dann eben mal fünf Minuten raus. Auch bei Rot könnte man abstufen: Je nach Härte des Fouls kann der Schiedsrichter zehn oder 15 Minuten Zeitstrafe geben. Und was ich sehr gut finden würde: Die Einführung einer Nettospielzeit. 60 Minuten! Es gibt Statistiken, da hatten Spiele in Spanien eine Nettospielzeit von 45 Minuten, der Rest war Zeitschinden, Ball im Aus, warten auf den VAR … 60 Minuten reiner Sport – dafür kommt man gerne ins Stadion.“

Toni Kroos Real Madrid
Auch für den guten Zweck hat Kroos Fragen etlicher Promis beantwortet

Top-Mitspieler: Neuer, Ramos, Modrić und Ronaldo

Elias Nehrlich (Streamer): „Du hast in Deiner Karriere bisher über 700 Spiele gemacht. Wer war der beste Torwart, Abwehrspieler, Mittelfeldspieler und Stürmer mit oder gegen den Du gespielt hast?“

Kroos: „Die Anzahl der Spiele zeigt ja schon, dass da einige Überragende dabei waren, sowohl in meinen Mannschaften als auch beim Gegner. Daher ist das echt schwer, sich auf wenige festzulegen. Wenn ich mich entscheiden muss, dann für diese Vier: Im Tor: Manuel Neuer – für ihn gilt ‚mit und gegen‘. Bester Abwehrspieler: Sergio Ramos. Stärkster Mittelfeldspieler: Luka Modrić. Im Angriff, eindeutig: Cristiano.“

Knossi (Streamer): „Warum, und das fragt sich nicht nur ‚König Knossi‘, heißen die Königlichen eigentlich die Königlichen?“

Kroos: (lacht) Die genaue Erklärung musste ich auch nachlesen. Ich zitiere hier mal realtotal.de: ‚König Alfonso XIII., Spaniens Oberhaupt von 1902 bis 1923, soll nicht nur Fan der Blancos gewesen sein, sondern sich zudem bei den Heimspielen in Madrid inkognito unter die Menschenmassen gemischt haben. Am 29. Juni 1920 folgte der Ritterschlag für den Klub, der bis dahin unter der Bezeichnung ‚Madrid FC‘ aufgelaufen war: Aufgrund eines Erlasses des spanischen Monarchen durfte der Verein ab diesem Tag den Ehrentitel ‚Real‘ tragen. Das Datum markiert somit die Taufe der ‚Königlichen‘, die seither den Namen ‚Real Madrid Club de Fútbol‘ führen und ihr Vereinswappen um Alfonsos Krone, die ‚corona real‘, erweiterten.‘“

Toni Kroos: „Bei City hätten wir gefühlt 1:10 verlieren können“

Jürgen Klopp (Trainer FC Liverpool): „Wie fühlt es sich an, fünfmal die Champions League zu gewinnen?“

Kroos: „So einfach die Frage klingt: Sie ist gut. Es ist schwer, Erfolge zu realisieren, während die Karriere noch läuft. Schon um ein Finale zu erreichen, muss viel zusammenkommen. An der Niederlage 2012 mit Bayern gegen Chelsea hatte ich zu knabbern. Dass es nun fünf Titel sind, ist Wahnsinn. Aber wenn ich es dann lese, ist es auch ein sehr geiles Gefühl…“

Jupp Heynckes (ehemaliger Trainer, auch von Real): „Toni, was ist das große Geheimnis, dass Du mit Real Madrid viermal die Champions League gewinnen konntest?“

Kroos: „Es gibt generell eine besondere Beziehung zwischen dem Klub und diesem Wettbewerb. Bei den drei Titeln in Folge von 2016 bis 2018 hatten wir den Mix, den du in den großen und engen Spielen brauchst: herausragende Einzelkönner und echten Teamgeist. Cristiano und Gareth Bale waren immer in der Lage, Tore zu erzielen. Trainer Zinédine Zidane aber hat vor allem betont: ‚Wir müssen lernen, zu leiden. Wenn wir kein Problem damit haben, zu leiden, haben wir eine gute Chance.‘ Es gibt auf dem Niveau immer wieder Phasen, wo du akzeptieren musst, dass du gerade die schlechtere Mannschaft bist. Dass du Ball und Gegner hinterherläufst. Wenn es dann gelingt, ein mannschaftliches Resignieren zu verhindern, dann entsteht neue Kraft. Es geht im Fußball manchmal nur darum, das Unheil in Grenzen zu halten. Das Halbfinal-Hinspiel 2022 bei Manchester City hätten wir gefühlt 1:10 verlieren können. Aber am Ende verlieren wir es 3:4 – und halten uns alles offen. Als City im Rückspiel das 1:0 erzielt, haben uns wieder viele abgeschrieben. Aber dann sind wir in der Lage, Aktionen zu kreieren, die uns neues Leben geben. Die dem Stadion Leben geben. Und dem Gegner was zum Nachdenken. Vor allem, wenn es so oft passiert. Den Glauben zu haben, auf die eine Aktion hinzuarbeiten, die alles verändert – darum geht‘s. Den haben wir. Und wenn es dann passiert, denkt selbst ein gestandenes Team wie City: ‚Die schon wieder.‘“

„Dann baut sich ein ‚Wir machen das jetzt mit Euch‘-Gefühl auf“

Roger Federer (Tennis-Star): „Welcher Mittelfeldspieler hat in Deiner Karriere am besten zu Deinem Stil gepasst? Mit wem hast Du Dich bestmöglich ergänzt?“

Kroos: „Ich glaube, dass die Konstellation bei Real zuletzt nahe an das heranreichte, was ich mir unter einer ‚perfekten Ergänzung‘ vorstelle. Weil wir da in unserer Reihe alles hatten: mit Casemiro einen, der die klare Aufgabe hatte, in der Mitte aufzuräumen. Und mit Luka Modrić und mir zwei, die sich aus den defensiven Aufgaben nicht rausnehmen. So hatten wir defensiv eine gute Kompaktheit. Und auf der anderen Seite standen wir auch für viel Fußball, für Kontrolle, im Spiel nach vorne mit vielen besonderen Momenten. Die Abstimmung zwischen Defensive und Offensive passte da schon ziemlich perfekt. Auch weil über die Jahre jeder von uns wusste, welche Räume er zu bespielen und zu verteidigen hatte. Wir mussten im Spiel nicht viel miteinander reden, mit dieser Sicherheit gingen wir dann auch schon auf den Platz. Ich meine, dass das Zusammenspiel mit Modrić und Casemiro über die Jahre relativ nah an die Perfektion herangekommen ist.“

Laura Wontorra (TV-Moderatorin): „Nenne drei Mitspieler aus deiner Profikarriere, die du auch heute noch als wirkliche Freunde bezeichnest.“

Kroos: „Miro Klose, Stefan Reinartz…“

Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg): „90 Minuten im Bernabéu können die Hölle sein. Unser 2:0 im Viertelfinale der Champions League habt Ihr 2016 mit 3:0 umgebogen. Wie sehr hilft dabei der Mythos?“

Kroos: „Unser Publikum ist anspruchsvoll. Und mit jedem Erfolg steigen die Erwartungen. Aber es ist auch sehr fachkundig. Es gibt oft Applaus für Aktionen, die in deutschen Stadien eher so hingenommen werden. Kombinationen im Mittelfeld, eine kluge Pressing-Auflösung. Das Stadion hat auch ein tolles Gefühl für die entscheidenden Phasen. Dann baut sich ein ‚Wir machen das jetzt mit Euch‘-Gefühl auf. Wenn wir als Team das Gefühl dann nur ein bisschen füttern – mit Aktionen, mit Willen –, dann entsteht ein Hexenkessel, der alle trägt. Eine Stimmung, die uns stärker werden lässt, und – wichtig – den Gegner auch schwächer.“

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von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
Coole Sache mit Fragen von wirklich interessanten Persönlichkeiten wie Kloppi, Heynckes oder Roger Federer.

Toni Kroos steht für viele gute Eigenschaften eines Deutschen.
Bodenständig, präzise, gute Arbeitermentalität und er sagt was Sache ist.
Mag es ihm zuzuhören meist sehr vernünftig.
 

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