
Entfaltung zum Falken
MADRID. Am vergangenen Mittwoch kam der Madridismo einmal mehr in den Genuss einer dieser Federico-Valverde-Momente. Gegen ein kämpferisches RB Leipzig tat sich Real Madrid über 80 Minuten schwer, ehe der 24-Jährige halbrechts die Kugel erhielt, einen Haken auspackte und das Leder im selben Schwung an Péter Gulácsi vorbei ins lange Eck schlenzte. Die Königlichen jubelten, ihr „Pajarito“ (der kleine Kolibri) hatte sich erneut auf ganz große Weise entfaltet.
Wie ein Kolibri fühlt sich Valverde ohnehin nicht mehr. Stattdessen strotzt er schon seit geraumer Zeit voller Selbstvertrauen, noch größer hinaus zu wollen. „Ich bin als der kleine Kolibri groß geworden, habe mich aber mittlerweile in einen Falken verwandelt. Ich fühle mich vom Kopf und körperlich bereit, ein Falke zu sein“, sagte der im uruguayischen Montevideo geborene Kicker längst. Nicht nur fühlt sich Valverde bereit, eine Transformation zu vollziehen. Er fühlt sich bereit, dort eingesetzt zu werden, wo er gebraucht wird: egal, ob im Mittelfeld oder auf dem rechten Flügel.
Ancelottis „Drohung“ trägt Früchte
Doch gleichgültig auf welcher Position: zuletzt traf Valverde auf beiden; gegen Leipzig auf Rechtsaußen zum 1:0 (2:0) und gegen Mallorca als Mittelfeldspieler per „Golazo“ zum zwischenzeitlichen 1:1 (4:1). Dass Valverde bereits bei drei Saisontoren steht, verwundert seinen Coach keineswegs. „Was ich letztes Jahr etwas komisch fand, ist, dass er nur ein Tor im Supercup gemacht hat. Und das trotz seines so guten Schusses! Ich habe ihm gesagt: Wenn du nicht in der Lage bist, mindestens zehn Tore in einer Saison zu machen, muss ich meinen Trainerschein kaputtmachen und in Rente gehen“, so Ancelotti nach dem Sieg gegen Leipzig.
Den Italiener freut, dass Valverde „Vertrauen in seine Fähigkeiten gewinnt“. Der 63-Jährige ist sogar überzeugt: „Das sind viele und beileibe nicht nur seine Energie und Dynamik. Er ist auf dem Feld sehr intelligent, liest die Situationen sehr gut. Ob er auf seiner Position der Beste der Welt ist? Da müssen wir etwas warten.“ Geduld ist weiterhin gefragt. Und doch erarbeitet sich Valverde, der bei bis dato 156 Pflichtspielen für Real Madrid steht, einen absoluten Legendenstatus beim weißen Ballett.
Nicht erst seit gestern beliebt
Das aber nicht nur aufgrund seiner jüngsten Treffer gegen Leipzig und Mallorca. Vielmehr baut der Uruguayer behutsam darauf auf, wo er gegen Ende der vergangenen Saison aufhörte. Hätte der Rechtsfuß in Paris nicht die feine Übersicht für Vinícius Júnior bewiesen, hätte Real Madrid nicht das 1:0 gegen den FC Liverpool erzielt, um sich folgerichtig zum 14. Mal mit dem Champions-League-Titel zu krönen. Reden im Konjunktiv und doch beweist es, welchen essenziellen Teil Valverde in der jüngsten Historie der Blancos innehat.
Valverde wird seitens der Madridistas beileibe nicht erst Zuneigung entgegengebracht, nachdem er an den genannten Erfolgsgeschichten mitgewirkt hat. Bei jenen, die es mit Real Madrid halten, brannte sich Valverde bereits mit so einigen Bildern auf der Netzhaut ein: Unvergessen bleibt sein Jubel nach Karim Benzemas 1:1-Ausgleich in der 96. Minute bei einem Auswärtsspiel in Valencia im Dezember 2019. Oder noch vielmehr seine Notbremse im Januar 2020 in der Supercopa de España, mit der er Álvaro Morata daran hinderte, freistehend vor Thibaut Courtois einzuschieben. Nicht einmal Diego Simeone konnte Valverde dafür böse sein. Und das heißt etwas. Der Madridismo darf sich bei Valverde noch auf einige solcher Aktionen freuen. Das ist gerade erst der Anfang.
Community-Beiträge