
Real Madrid verlassen und immer noch einen tadellosen Ruf im Madridismo genießen? Uli Stielike hat in seiner Zeit von 1977 bis 1985 einiges richtig gemacht beim spanischen Rekordmeister, auch wenn er danach noch drei Jahre für Xamax in der Schweiz auflief. Stielike verabschiedete sich jedoch nicht nur mit sechs Titeln sowie vier Auszeichnungen als bester ausländischer Spieler der Liga, sondern auch mit einem Rekord: der Deutsche mit den meisten Einsätzen für Real Madrid – diese 308 Partien sollte erst Toni Kroos im März 2021 übertreffen. „Der Panzer“, wie man Stielike in Madrid nennt, ist beliebt und selbst Stielikes Vater bekam überraschende Gesten von keinem geringeren als Santiago Bernabéu Yeste: „Eines Tages, als Bernabéu den Sportkomplex an der Castellana verließ, traf er meinen Vater, der gerade zu Besuch war, umarmte ihn herzlich und dankte ihm dafür, dass er seinen Sohn zu Real Madrid gehen ließ.“
Nach Wechsel nach Madrid: fast drei Jahre DFB-Sperre
Dabei verlief genau dieser Wechsel Ende der 70er-Jahre gar nicht so friedlich, wie Stielike dem Online-Magazin Costa del Sol ONline verraten hat: „Für mich war es eigentlich kein guter Ausgang, außer natürlich, dass ich danach bei Real Madrid unter Vertrag stand. Bei der Wahrnehmung um mich als öffentliche Person wurde viel böses Blut vergossen. Von Seiten des DFB wurde ich praktisch als Fahnenflüchtiger dargestellt.“
So habe der deutsche Fußballbund ihm „vor meiner Vertragsunterschrift gedroht, dass man mich nicht zur WM nach Argentinien mitnehmen würde“. So kam es dann auch: „Von Februar 1977 bis Dezember 1979 wurde ich vom DFB aufgrund des Wechsels gesperrt. Ich durfte in dieser Zeit kein Länderspiel bestreiten.“ So verpasste er die Weltmeisterschaft 1978, bei der sich die Deutschen jedoch in der zweiten Runde verabschieden mussten. „Ich war dadurch gebrandmarkt und hatte dementsprechend bei der Presse einen schweren Stand.“ Das änderte sich allerdings durch das frühe WM-Ausscheiden: „Dadurch, dass die WM in die Hosen ging und ich bei Madrid sehr gute Leistungen brachte, Meister geworden bin, 13 Tore als Mittelfeldspieler erzielte et cetera hat man sich dann wieder besonnen.“
„Dazu muss man wissen“, fügte Stielike an: „Es gab damals noch keine Abstimmung zwischen nationalen Spielkalendern sowie europäischen und internationalen Wettbewerben. Es kam zum Beispiel oft vor, dass wir bei Real unter der Woche im Pokal oder auch in der Liga ranmussten, während etwa Deutschland gegen Österreich ein Länderspiel absolvierte.“
„Musste als Ausländer um meine Position kämpfen“
Dazu kommt eine weitere Regel, die dem Mann aus Ketsch schlussendlich in Madrid zum Verhängnis wurde, eine Liga-spezifische: „Zu unserer Zeit gab es noch die Regel, dass nur zwei Ausländer pro Team spielberechtigt waren. Von daher musste ich natürlich um meine Position kämpfen bei der ersten und zweiten Vertragsverlängerung. Als 1985 mit Ramón Mendoza ein neuer Präsident kam, tauschte er mich dann gegen Hugo Sánchez aus.“
Da war der Deutsche bereits 1979, 1980, 1981 und 1982 als bester Spieler der Primera División ausgezeichnet worden, dazu kamen die Meisterschaften 1978, 1979 und 1980. Entsprechend nimmt und nahm Stielike „sehr viel Positives mit. Mit 22 Jahren, frisch verheiratet und in Madrid auf eigenen Füßen stehen, Verträge selber aushandeln, unsere eigene Existenz aufbauen – das hat mich in meiner persönlichen Entwicklung sehr weitergebracht.“
Heynckes wollte Stielike zu Real holen
Seine Karriere als Trainer hat Stielike inzwischen 2020 in China beendet, lebt seitdem an der Costa del Sol in Spanien. Mit den Königlichen sollte es keine weitere Zusammenarbeit geben, auch wenn es mal mehr mal weniger davor stand. So berichtet er, dass er 1997 der Co-Trainer von Jupp Heynckes bei den Blancos hätte werden können: „Ja, ursprünglich wollte er mich verpflichten. (…) Warum es letztlich doch nicht geklappt hat, weiß ich bis heute nicht. Wenig später kam aber bereits der DFB auf mich zu unter Berti Vogts, der damals bei Gladbach einer meiner Mitspieler war.“ Von einer weiteren Anfrage des spanischen Rekordmeisters zu einer Sportdirektor-Funktion im Jahr 2006 weiß Stielike allerdings nichts.
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