
Ancelotti spricht von „fehlender Form“ – und liefert Begründung
Carlo Ancelotti ist normalerweise niemand, der sein Team öffentlich kritisiert. Selbst nach schwächeren Auftritten beruft sich der Trainer der Königlichen zumeist auf die positiven Aspekte der Leistung seiner Mannen und nimmt die Schuld für eine etwaige Niederlage oftmals sogar auf sich. Auf seine Spieler lässt „Don Carlo“ normalerweise nichts kommen. Nach dem hart erkämpften und durchaus auch glücklichen Finaleinzug in der Supercopa de España im Elfmeterschießen gegen den FC Valencia (4:3) machte der Italiener jedoch keinen Hehl daraus, dass die Blancos aktuell durchaus weit von ihrer Bestform entfernt sind.
„Es ist klar, dass das Team nicht in seiner besten Form ist“, gab der 63-Jährige auf der anschließenden Pressekonferenz unumwunden zu. Diesen Satz wiederholte er im Verlauf der Fragerunde sinngemäß sogar weitere dreimal, nicht aber ohne eine Begründung hinterher zu schicken: „Wir sind im Moment nicht auf Höchstniveau, weil das eine ganz besondere Saison ist, mit einer Weltmeisterschaft, die mittendrin stattfand. Wir hatten 14 Spieler von uns in Qatar und danach ist es völlig normal, dass man nicht auf einem Top-Niveau sein kann.“
Eine Mischung aus Müdigkeit und mentaler Erschöpfung
Auch wenn so mancher Anhänger insgeheim vielleicht die Hoffnung hatte, man würde die Form der Vorrunde – die zwei Wochen vor der WM-Pause ausgenommen – ohne Umschweife mit in das neue Kalenderjahr nehmen können, sieht man sich jetzt mit der befürchteten Realität des diesjährigen verrückten Kalenders konfrontiert. Dass WM-Fahrer und Vielspieler wie Vinícius Júnior, Luka Modrić, Federico Valverde oder Aurélien Tchouaméni (aktuell verletzt), aber auch beispielsweise Rodrygo und Eduardo Camavinga ihrer Top-Form teils weit hinterherlaufen, ist mit Blick auf den eng getakteten Terminkalender der letzten Monate eigentlich logisch und zwangsläufig. Insbesondere die drei Erstgenannten wirken seit dem Re-Start gegen Valladolid (2:0) Ende Dezember ausgelaugt und lassen insbesondere die für ihr Spiel nötige Frische und Spritzigkeit vermissen.
Ancelotti deutete bereits an, dass dies primär jedoch „kein körperliches Problem“ sei, vielmehr zeigen einige Akteure Anzeichen mentaler Erschöpfung. Ob die einzelnen Akteure dabei nun mit individuellen Enttäuschungen über das jeweilige Ausscheiden oder dem weiterhin wahnsinnigen Terminkalender zu kämpfen haben, sei mal dahingestellt. Fakt ist, dass die mentale Umstellung von einer WM, die permanente Höchstleistungen verlangt und eine kaum vergleichbare dauerhafte Anspannung mit sich bringt, auf den Vereinsalltag mit Duellen gegen Viertligisten im Pokal und Abstiegskandidaten in der Liga – ohne den jeweiligen Gegnern an dieser Stelle zu Nahe treten zu wollen –, selbst für gestandene Profis eine Herausforderung darstellt.
Wagt man den Blick zu anderen Top-Teams mit ähnlich vielen WM-Fahrern, sieht man dort mehr oder weniger die gleichen Probleme: Auch Titel-Konkurrent Barcelona kam äußerst schleppend aus der WM-Pause und ließ beispielsweise gegen Stadtrivale Espanyol Punkte liegen (1:1) und bezwang in der Copa Drittligist CF Intercity erst nach Verlängerung knapp mit 4:3. Und selbst das scheinbar übermächtige Manchester City ließ gegen Abstiegskandidat Everton (1:1) wichtige Punkte liegen und flog am gestrigen Mittwoch gegen Southampton (0:2) aus dem Liga-Pokal.
Die Hoffnung heißt Pintus
Bei Real Madrid weiß man jedoch eine Geheimwaffe in seinen Reihen: Antonio Pintus. Der Fitness- und Athletiktrainer galt bereits vergangene Saison als einer der Garanten des Erfolgs und soll auch in dieser so komplizierten wie ungewöhnlichen Spielzeit dafür sorgen, dass die Königlichen erneut in absoluter Top-Verfassung in die noch bevorstehenden entscheidenden Monate der Saison gehen. Während die Nicht-WM-Fahrer bereits eine Art „Mini-Pretemporada“ hinter sich haben, sollen die WM-Teilnehmer über die nächsten Wochen mittels intelligenter Belastungssteuerung und individualisierten Programmen behutsam an ihre Top-Form herangeführt werden. Doch bis die Resultate sichtbar sind, wird es vermutlich noch ein wenig dauern. Denn Wunder kann selbst der in der Branche von allen als Fitnessguru bewunderte Italiener nicht vollbringen.
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