
Zinédine Zidane: „Jetzt nicht der richtige Zeitpunkt“
MADRID. Entweder coacht er die Stars von Real Madrid – oder er coacht niemanden. Auch ein Jahrzehnt nach dem Beginn seiner Laufbahn im Trainer-Geschäft war Zinédine Zidane noch nirgendwo außerhalb der spanischen Hauptstadt angestellt. Das liegt jedoch nicht daran, dass es der französischen Legende an Angeboten mangeln würde. Im Gegenteil. Sein Name kursiert zuletzt speziell dann, wenn Paris Saint-Germain immer wieder nach einem neuen starken Mann an der Seitenlinie Ausschau hält.
„Zizou“ ist allerdings kein klassischer Berufstrainer, hat nach seiner ruhmreichen Zeit bei Real vielmehr nur noch ein echtes Ziel: den Posten in Frankreichs Nationalmannschaft, den Didier Deschamps seit 2012 inne hat und immer noch besetzt. „Ich habe oft gesagt, dass es logisch ist, darüber nachzudenken, wenn man die französische Nationalmannschaft als Spieler kennt und dann Trainer wird. Aber jetzt ist es nicht der richtige Zeitpunkt“, sagte Zidane in einem Interview mit der französischen Ausgabe des Männermagazins GQ.
Würde Deschamps Platz machen, wäre die Einstellung des geduldigen 50-Jährigen wohl so sicher wie das Amen in der Kirche. Energie für eine neue Herausforderung hat er inzwischen auch reichlich getankt, nachdem er Ende Mai 2021 seine zweite Amtszeit als Real-Trainer ebenso aus freien Stücken per Rücktritt beendet hatte.
„Mein Leben läuft immer noch mit 200 Meilen pro Stunde“
„Ich liebe, was ich tue und kann viel arbeiten, aber ab und zu, und das ist mir schon zweimal passiert, muss ich den Stecker ziehen. Heute genieße ich einfach das Leben. Ich habe Zeit, meine Eltern zu besuchen, wenn ich möchte, mit meiner Frau und meinen Kindern zu Mittag zu essen, wenn ich in Madrid bin, und Zeit mit meinen Freunden zu verbringen. All das ist nur möglich, indem wir einen Schritt zurücktreten. Mein Leben läuft immer noch mit 200 Meilen pro Stunde, aber ich fühle mich frisch“, beteuerte der einstige Weltklasse-Fußballer.
„Als ich nach Hause kam, war mein Kopf noch bei der Arbeit“
Unter anderem die irgendwann fehlende Frische war jeweils der Grund, weshalb „Zizou“ Reals Ensemble beide Male keine drei komplette Spielzeiten in Folge betreute. Der Job beim größten Verein der Welt laugte ihn ab einem gewissen Punkt aus. „Als ich nach Hause kam, war mein Kopf immer noch bei der Arbeit. In diesem Beruf kommt alles von überall. Du hast die Verantwortung für alle Entscheidungen. Das saugt einem ganz nebenbei wirklich die Energie aus“, gestand er: „Wenn man auf der Bank sitzt, ist man nach einer Saison noch müder als ein Spieler. Das sind zwei Berufe, die nichts miteinander zu tun haben.“
„Hätte mir sagen können: ‚Warum das Risiko eingehen?‘“
Zidane machte in der „Décima“-Spielzeit 2013/14 seine ersten Erfahrungen als Assistent von Carlo Ancelotti, in der Folge-Saison übernahm er Reals zweite Mannschaft, woraufhin er zur Mitte der Saison 2015/16 bei den Profis auf den entlassenen Rafael Benítez folgte. Allein in der Amtszeit räumte er dreimal die Champions League ab, hinzu kamen je eine Meisterschaft und Supercopa de España sowie je zweimal der UEFA Super Cup und die FIFA Klub-WM. Nach seiner Rückkehr im März 2019 sprangen ein Liga-Titel und eine Supercopa heraus.
Sein eigenes Denkmal nach der triumphalen Ära bis 2018 mit dem Comeback in einer schwierigen Zeit in den Hintergrund gerückt zu haben, rechnete man ihm an der Concha Espina hoch an. Zidane selbst dachte nicht großartig darüber nach. „Ich bereite Dinge generell nicht vor, ich tue, was ich fühle. In meiner ersten Amtszeit in Madrid hatten wir vielgewonnen, ich musste wirklich durchatmen. Und dann, acht Monate später, rief mich der Präsident an und ich stürzte mich sofort wieder in die Sache hinein. Ich hätte mir sagen können: ‚Ich habe getan, was ich getan habe. Warum mich da wieder reinstürzen? Warum das Risiko eingehen, weniger gut abzuschneiden?‘ Aber ich rechne das alles nicht mit ein, ich mache es instinktiv“, ließ er seine Entscheidung Revue passieren.
Zinédine Zidane: „Legende? Steht dir nie zu, das zu sagen“
Der Legenden-Status wäre ihm selbst im Falle einer ab dann titellosen Zeit weiter sicher gewesen. Zidane schmeichelt diese Einordnung seiner Person im Geschichtsbuch. „Natürlich ist das schön, aber es steht dir nie zu, zu sagen, dass du eine Legende bist, es sind die anderen, die diesen Blick und dieses Urteil über deine Person haben“, findet er.
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