
Neuling beim Rekordsieger: Union Berlin schlägt sich tapfer
MADRID. Der erste Champions-League-Einsatz der Vereinshistorie. Gegen Real Madrid. Und dann auch noch im legendären Estadio Santiago Bernabéu. Union Berlin hätte sich unmöglich eine spektakulärere Königsklassen-Taufe erträumen können – zumindest bis zur vierten Minute der Nachspielzeit. Der international so kleine Verein aus der deutschen Hauptstadt hätte den großen Königlichen an diesem historischen 20. September 2023 beinahe ein 0:0 abgetrotzt, wäre Jude Bellingham in der vierten Minute der fünfminütigen Nachspielzeit nicht zur Stelle gewesen, um das Runde ins Eckige zu befördern.
Reals Siegtor zum 1:0 war überfällig und verdient, nichtsdestotrotz hadern die Köpenicker mit ihrem verlorenen Punkt. „Enttäuscht natürlich, wenn dir eine Minute fehlt, um einen Punkt aus Madrid mitzunehmen. Wenn du so kurz davor bist, einen Punkt mitzunehmen, tut es weh“, kommentierte Trainer Urs Fischer die Last-Minute-Pleite im Pressesaal. Der Gegentreffer fiel obendrein „zu einfach“, ärgert sich der 57 Jahre alte Schweizer.
„Real ist der verdiente Sieger“
Er sei „aber auch stolz, wenn es um die Leistung der Mannschaft geht. Wir haben alles aufgewendet, was möglich ist. Am Schluss ist Fußball immer gerecht. Wenn man die 95 Minuten nimmt, ist Real der verdiente Sieger“. Auch, weil das weiße Ballett stets die Nerven nicht verlor, nicht in Panik geriet. „Es steht 0:0 gegen Union, aber du hast nie das Gefühl, dass sie Stress bekommen. Sie haben ihr Spiel durchgezogen und die ganze Breite des Platzes genutzt. Wir können aus diesem Spiel lernen. Du hast nichts in den Händen, aber mit ein bisschen Abstand hilft uns das“, so Fischer, der Real mit seinem Team nun erst am 12. Dezember zum Abschluss der Gruppenphase in Berlin herausfordert.
Das Rückspiel findet bekanntermaßen nicht im Stadion An der Alten Försterei statt, sondern im großen Olympiastadion, eigentliche Heimat von Hertha BSC. Die Unioner Führung hat das beschlossen, um mehr Fans die Möglichkeit zu bieten, beim zweiten Teil des größten Schlagabtauschs der Klubgeschichte vor Ort mit dabei zu sein.
Fans von Union Berlin beeindrucken in Madrid
Im Bernabéu waren es in etwa fünfeinhalb Tausend. Fünfeinhalb Tausend „Eisernen“, die beinahe schon genügten, um sich akustisch gegen den Madridismo durchzusetzen. Es benötigte keine Invasion à la Eintracht Frankfurt beim FC Barcelona, woraufhin auch andere Vereine wie eben Real Maßnahmen ergriffen, um sie nicht auch erleben zu müssen.
Zumindest phasenweise entstand bisweilen der Eindruck, Union hätte den pompösen Fußballtempel an der Concha Espina auch trotz der numerischen Unterzahl eingenommen, aus dem Auswärts- ein Heimspiel gemacht. Während es für die Stars von Carlo Ancelotti und den Anhang des 14-fachen Champions-League-Triumphators eben nur ein weiterer Auftritt im liebsten Wettbewerb war, hatten die mitgereisten Berliner den Spaß ihres Fan-Lebens. Jene vierte Minute der Nachspielzeit unterbrach diesen letztlich auch nur kurz.
Liebes Tagebuch,
ich schreibe dir aus dem Estadio Santiago Bernabéu. Gleich beginnt unser Spiel gegen Real Madrid. Alles bis hierhin war schon eine unwirkliche Reise, aber das toppt alles. Egal, was heute passiert – der Stolz überwiegt schon jetzt.
Und niemals vergessen:…
— 1. FC Union Berlin (@fcunion) September 20, 2023
„Always look on the bright side of life“, sangen die stolzen Unioner den Refrain des Klassikers von Monty Python, als sie aufgrund von UEFA-Regularien nach dem Abpfiff noch ein wenig in ihrem Gästeblock ausharren mussten. Übersetzung: „Schau immer auf die Sonnenseite des Lebens.“ Ein kurzes Ständchen mit einer klaren Botschaft: Real Madrid, Estadio Santiago Bernabéu, Champions League – der riesige Traum ist schon real. Alles andere, was auch immer es sein wird, kommt nur noch oben drauf. Dazu gehört auch das Wiedersehen mit den Blancos. Im Dezember in Berlin.
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