Historie

Eine besondere „Premiere“: Reals bisherige Auftritte in Berlin

Real Madrid in Berlin! Das gab's gefühlt noch nie, tatsächlich hatten die Blancos in der Vergangenheit bereits ein besonderes Pflichtspiel und einige Freundschaftsspiele in der deutschen Hauptstadt absolviert. Trotzdem handelt es sich bei dem Champions-League-Duell mit Union (12. Dezember, 21 Uhr) um eine besonderen Premiere: es ist das erste Pflichtspiel der Königlichen in Berlin gegen einen Berliner Verein. REAL TOTAL blickt auf die bisherigen Gastspiele der Blancos in Berlin und Deutschland zurück.

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Die Blancos sind nicht zum ersten Mal in Berlin, geschweigedenn im Olympiastadion – Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP via Getty Images

1960 spielte Real erstmals in Berlin – gegen Viktoria 89

Am Dienstag kommt Real Madrid nach Berlin – insgesamt zum fünften Mal in seiner Geschichte. Das allererste Gastspiel der Königlichen in der deutschen Hauptstadt liegt nun mehr als 63 Jahre zurück. Im Jahr 1960 war es dem Vorstand des damaligen Berliner Stadtligisten BFC Viktoria 1889 gelungen, Real für ein Freundschaftsspiel zu verpflichten. Der zweifache deutsche Meister (1908 und 1911) steckte zu der Zeit in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten und versuchte, diese durch das Spiel gegen die damals – mit Abstand – beste Mannschaft Europas zu beheben. Die Blancos hatten wenige Wochen zuvor das Finale der Landesmeister gegen Frankfurt mit 7:3 gewonnen und damit zum fünften Mal in Folge (!) den europäischen Fußball-Thron bestiegen. Bereits damals kassierte Real Madrid für ein Freundschaftsspiel rund 100.000 DM, die Viktoria 89 vorab auf einer Bank deponieren musste. Das Weiße Ballett trat mit allen Top-Stars an, von Mittelfeldspieler José Santamaría über die Superstars Alfredo Di Stefano und Ferenc Puskás bis hin zu Francisco „Paco“ Gento. Da die Berliner sich nicht für stark genug hielten, um gegen den Europapokal-Sieger bestehen zu können, verstärkte man sich mit den fünf besten Spielern von Hertha BSC. Dafür musste Viktoria 89 noch einmal 15.000 DM an den Ligakonkurrenten bezahlen. Die Investitionen lohnten sich trotzdem für Viktoria – dem Verein blieb nach Abzug aller Kosten noch ein fünfstelliger Betrag übrig. 

Am Abend vor dem großen Spiel berichtete die Berliner Abendschau ausführlich über die Wundermannschaft aus Madrid inklusive Interview mit Puskás – auf Deutsch. Am 16. August 1960 begrüßten dann 56.000 Zuschauer im Olympiastadion die Ausnahmemannschaft um Di Stéfano und Co. Die Hausherren hielten kämpferisch dagegen und kassierten den einzigen Treffer der Partie erst in der letzten Minute – Enrique Mateos traf zum 1:0-Sieg für die Blancos.

Zwei Freundschaftsspiele gegen Hertha

Im Sommer 1982 kamen die Blancos zum zweiten Mal nach Berlin. Eine Agentur hatte Real Madrid für eine Gastspielreise durch Europa unter Vertrag genommen und eine der Stationen war auch das Berliner Olympiastadion, wo der frischgebackene Bundesligist Hertha BSC wartete. Die Merengues gehörten damals nicht mehr zur absoluten europäischen Spitze und hatten mit Carlos Santillana nur einen spanischen Nationalspieler in ihren Reihen. Neben dem Stürmer gehörten in Berlin – damals immernoch geteilt durch die Mauer – auch der deutsche Nationalspieler Ulli Stielike sowie die spätere Trainerlegende Vicente del Bosque zur Real-Elf. Trainer des damaligen spanischen Vizemeisters war der gerade erst zurück gekehrte Alfredo di Stéfano, der das Spiel ernst nahm. „Für unseren Verein sind alle Spiele wichtig, denn schließlich geht es ums Prestige“, betonte der einstige Weltklassestürmer vor der Partie. Seine Mannschaft verlor jedoch mit 0:1 gegen die Berliner vor 21.810 Fans bei tropischen Temperaturen von über 30 Grad.

Im Juli 2011 fand Reals bisher letztes Gastspiel in Berlin statt – Foto: PATRIK STOLLARZ/AFP via Getty Images

Im Sommer 2011 war die deutsche Hauptstadt zwar längst nicht mehr geteilt, aber die Situation von Hertha war ähnlich wie 31 Jahre zuvor. Auch damals wollte sich der BSC bei den Fans für den vollbrachten Bundesliga-Aufstieg bedanken und präsentierte ihnen das von José Mourinho trainierte Starensemble um Cristiano Ronaldo, Karim Benzema, Xabi Alonso sowie den deutschen Nationalspielern Mesut Özil und Sami Khedira. Am 27. Juli 2011 ging die Hertha zwar früh in Führung, doch durch die Tore von Cristiano Ronaldo und zweimal Karim Benzema gewannen die Königlichen im ausverkauften Olympiastadion schlussendlich mit 3:1. 

UEFA-Cup-Titel trotz Niederlage in Berlin 1986

Real trat allerdings auch schon zu einem Pflichtspiel in Berlin an! Zwischen den beiden Freundschaftsspielen gegen Hertha hielt die deutsche Hauptstadt in der Saison 1985/86 unverhofft als Final-Austragungsort her! So kömpften am 6. Mai 1986 Real Madrid und der 1. FC Köln um den Titel im damaligen UEFA Cup. Damals wurde das Finale dieses Wettbewerbs im Hin- und Rückspiel ausgetragen. Real gewann die erste Partie im Estadio Santiago Bernabéu souverän mit 5:1 und machte das Rückspiel somit zur Formsache. Die Kölner durften dagegenwegen vorangegangener Zuschauerausschreitungen das Finalheimspiel nicht im heimischen Müngersdorfer Stadion austragen und wichen nach West-Berlin aus.

Vor gerade einmal 16.185 Zuschauern im Berliner Olympiastadion gewannen der FC zwar mit 2:0, aber angesichts des klaren Sieges im Hinspiel holte Reals Team um Emilio Butragueño, Rafael Martín Vázquez, Miguel Pardeza und Manolo Sanchís – die legendäre „Quinta del Buitre“ – den zweiten UEFA-Cup-Titel hintereinander. Real Madrid absolvierte also nicht nur bereits ein Pflichtspiel in Berlin, sondern gewann im Olympiastadion sogar schon einen Titel.

Negative Gesamtbilanz in Deutschland

Neben dem Final-Rückspiel gegen Köln absolvierte Real Madrid bisher weitere 36 Pflichtspiele auf dem Territorium der heutigen Bundesrepublik Deutschland. Die Gesamtbilanz fällt dabei ziemlich verheerend aus: Nur acht Partien konnte man in Deutschland gewinnen, acht Mal gab es eine Punkteteilung und es setzte sogar 21 Niederlagen bei einem Gesamt-Torverhältnis von 50:76 aus Sicht der Königlichen. Die meisten Spiele (13), die meisten Siege (drei) und die meisten Niederlagen (neun) gab es bei den Bayern in München. 26 Mal trafen die beiden Schwergewichte bisher insgesamt aufeinander – keine andere Paarung gab es häufiger in der Geschichte der europäischen Wettbewerbe.

Zum ersten Mal zu Gast in Deutschland waren die Königlichen im Grünwalder Stadion in München-Giesing. Im Europapokal traf der Titelverteidiger aus Madrid im Achtelfinale 1966/67 auf den damaligen deutschen Meister TSV 1860 München und verlor mit 0:1, gewann allerdings das Rückspiel mit 3:1 und kam weiter. Besonders in Erinnerung geblieben sind einige historische Pleiten der Blancos auf deutschem Boden wie beispielsweise die „Schmach von Hamburg“ vom 19. April 1980, als der spanische Rekordmeister im Halbfinale des Europapokals der Landesmeister trotz eines 2:0 aus dem Hinspiel eine 1:5-Blamage in Hamburg erlebte und somit das Finale im Bernabéu verpasste. Nur zwei Jahre später standen sich Real Madrid und der 1. FC Kaiserslautern im Viertelfinale des UEFA-Pokals gegenüber. Die Blancos gingen mit einer 3:1-Vorsprung aus dem Hinspiel auf den Betzenberg und erlebten dort ein weiteres Desaster – die Pfälzer gewannen mit 5:0. Fünf Gegentore gab es auch im Hinspiel der zweiten Runde des UEFA-Cups 1985/86 bei Borussia Mönchengladbach – die Fohlen gewannen mit 5:1 im Düsseldorfer Rheinstadion. Im Rückspiel in Madrid deklassierte Real die Gladbacher allerdings mit 4:0, kam eine Runde weiter und holte sich am Ende die Trophäe gegen Köln – in Berlin. 37 Jahre später werden die Königlichen ihr zweites Pflichtspiel in der Bundeshauptstadt absolvieren, zum ersten Mal überhaupt gegen einer Berliner Verein. Auch wenn Union aus Kapazitäts-Gründen für seine Champions-League-Heimspiele ausweicht ins Olympiastadion vom Stadion An der alten Försterei – diese Premiere muss dann doch noch auf sich warten.

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Kommentare
Naja...unsere Pflichtspielbilanz in Deutschland liest sich nicht gerade gut. 21 Niederlagen in 37 Spielen?!
Mag daran liegen, dass wir mit dem "deutschen" sportlichen Agonismus nicht gut zurecht kommen. Stadien und Fans sind in jedem Fall eine äußerst positive Erscheinung im Weltfußball und ich glaube auch für unsere Spieler ist es immer wieder toll in deutschen Stadien aufzulaufen. Abgesehen davon wird das Spiel bei Union leider zur absoluten Nebensache. Die Gruppenkonstellation und unsere Kadersituation lassen kein sportlich wertvolles Match zu. Irgendwie schade für die Berliner, denn selbst bei einem Erfolg hätte dieser wohl einen faden Beigeschmack.
 

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