Spielbericht

4-Tore-Lewandowski zerstört Reals Traum von „la Décima“

Die erste deutsch-spanische Fußball-Festwoche endet mit 8:1 Toren, wer hätte das gedacht? Nach dem FC Barcelona geht auch Real Madrid in Deutschland unter. In berauschender Art und Weise verzaubern die Borussen die Königlichen und siegen dank des Viererpacks von Robert Lewandowski mit 4:1 – der Traum von la Décima fühlte sich noch nie so weit weg an.

825

Robert Lewandowski trifft 4 Mal gegen Real Madrid
Vier Tore! Robert Lewandowski zerlegt Real Madrid im Alleingang!

Schwergewichts-Weltmeister gegen Fliegengewicht, wer ist wer?

DORTMUND. Deutschland ist und bleibt das unbeugsame, unbezwingbare, gallische Land der Madrilenen – im 24. Anlauf bleibt es bei nur einem einzigen, mutterseeleneinsamen Sieg auf deutschem Boden (2000 bei Bayer 04 Leverkusen). In einem packenden Halbfinal-Hinspiel entwickelte sich der BVB zum Albtraum Real Madrids. Volle 90 Minuten getragen von einem fantastischen Publikum – das sich genauso unbeeindruckt vom jüngsten Götze-Unwetter präsentierte, wie die tollwütige Mannschaft selbst – boten die Borussen eine Leistung, die einem Duell zwischen Schwergewichts-Weltmeister und Fliegengewicht glich. Auf dem Papier mag man diese Konstellation bereits vermutet haben – aber in komplett spiegelverkehrter Rollenverteilung! Stattdessen erteilte die klopp’sche Rasselbande dem Madrider Star-Ensemble eine Lehrstunde an leidenschaftlichem Einsatz und eiskalter Offensive.

Dass es zu so einem katastrophalen Abend für die Merengues kam, war nicht hervorzusehen. Auch wenn José Mourinho auf drei Defensiv-Säulen (Arbeloa, Essien und Marcelo) verzichten musste und statt Neu-Papa Ángel Di María eher den leicht angeschlagenen Luka Modric brachte, fuhren dennoch beide Trainer das Beste auf, was der Fuhrpark hergab. Doch während Jürgen Klopp in der bekannten Fliegerformation attackierte, sah sein portugiesisches Pendant in der Zentrale den Schlüssel. Mit Sami Khedira, Luka Modric und Xabi Alonso sollte es gleich drei Sicherheits-Bolzen als auch Ballverteiler geben – die beiden erstgenannten waren zudem mit der Dauer-Vermessung des Spielfeldes beauftragt, mussten sie auch – wie schon in der Gruppenphase wurde Alonso bewacht wie der Papst, nur ohne Papamobil.

Getrieben von der endzeitgleichenden Stimmung des Westfalenstadions, dem für 90 Minuten gefühlten Mittelpunkt des Universums, gaben die Schwarz-Gelben von Beginn an Vollgas. Mit Bedacht: Gegen 60.000 schreiende und elf um jeden Zentimeter kämpfende Fußball-Verrückte muss man erstmal ein gleiches Niveau an Leidenschaft und Kampfbereitschaft aufbringen, dennoch war die Art und Weise der königlichen Hilflosigkeit faszinierend. Mehr Fehlpässe als Leggins auf Bad-Taste-Partys, so viel Freiraum für Mittelstürmer Robert Lewandowski wie in einem Nationalpark für bedrohte Tierarten – KEINE Mannschaft war sich der Situation „Champions League Halbfinale“ bewusst. Der BVB spielte majestätsbeleidigend eher mit Madrid, als mit dem Ball, wie die Katze mit der frisch gefangenen Maus – Druck? Nada! Und Madrid? Legte die Ernsthaftigkeit eines Testspiels an den Tag. Bezeichnend die Anfangsviertelstunde: Trotz aller Vorhaben führte der erste Ballverlust im sicher erhofften Mittelfeld zur großen Chance durch Marco Reus – Khedira mit dem Ballverlust, der Borusse gegen drei überraschte und überforderte Madrilenen, López mit der Rettungstat. Nichts passiert – dachte man. Minute 8, der nächste Ballverlust in der roten Zone – dieses Mal durch Seebär Alonso. Wo er versagte, dem Druck der gelb-schwarzen Pressing-Flut nicht standhielt, enterten die deutschen Piraten den Fischkutter Namens Real. Das Umschaltspiel – fantastisch. Mario Götze mit der schnellen Flanke, freundlich eingeladen von Sergio Ramos, in der Mitte hat Pepe Lewandowski längst ziehen lassen, der Pole kam an die weite Flanke ran, López aus kurzer Distanz chancenlos. Der Schock, der Beginn des Albtraums!

In der Folge stolperten die Königlichen von Situation zu Situation – auch wenn die Borussia ihr mörderisches Offensiv-Pressing gängeweise zurück schaltete, blieb es bei einer Fehlpass-Orgie Madrids. Lange Bälle kamen entweder nicht an oder wurden vorhersehend abgepflückt. Seltener im gegnerischen Strafraum hat man Real Madrid in dieser Saison wohl noch nie gesehen – die erste Torannäherung: Cristiano Ronaldo, wer sonst, nach 23 Minuten aus 30 Metern. Per Freistoß, was sonst. Standards sollten die einzige Lösung der Madrilenen bleiben, Alonsos Freistöße brachten jedoch auch nicht die erhoffte Gefahr – das Defensiv-Verhalten der Borussia: weltklasse. Das deutsche Überfallkommando kämpfte mit allem was es hatte, stets am Rande von Legalität und Wahnsinn – das Lust-Barometer von Mesut Özil und Ronaldo sank minütlich und sichtbar. Dass die spanischen Gäste noch eine Chance erhielten, zurück in die Partie zu kommen war glücklich, unverdient, ein Geschenk und für die Katz! Nach einem Einwurf in der 43. Minute vermasselte Mats Hummels die Ballannahme, Gonzalo Higuaín roch den Fehler, nahm den Ball ab mit Zug zum Tor und gab im entscheidenden Moment auf Ronaldo ab. In einer Phase, als Schwarz-Gelb mit dem Schiedsrichter haderte und sich vom Pfeifkonzert der Anhänger anstecken ließ nutzten die Blancos die einzige Chance, die sie in diesem Spiel erhalten sollten. Mehr als ein Tor wurde jedoch nicht draus. 1:1 zur Halbzeit – Schadensbegrenzung?

[advert]

Der königliche Albtraum heißt Lewandowski

Denkste! Wo José Mourinho seinen Mannen in der Halbzeit womöglich lieb und kuschlig zu redete, ein 1:1 wäre ok und könne man halten, polterte Jürgen Klopp seine Jungs mit dem bekannten zähnegefletscht-wahnsinnigen Blick so richtig in den Rausch. Der schwarz-gelbe Wirbelsturm, der sich am Himmel zusammen braute, fegte in der Viertelstunde nach der Pause vernichtend über ungesicherte Madrilenen her. An der Spitze dieser Windhose: Robert Lewandowski! Noch nie war es einem Akteur gegönnt, in der Königsklasse gegen Real Madrid einen Hattrick zu erzielen – der Pole hatte heute die „schönster Tag meines Lebens“-Unterhose an. In der 50. Minute bewies der 24-Jährige erneut Killerinstinkt, als er sich bei Reus‘ Schuss von Pepe davon stahl, das nötige Glück hatte und an der richtigen Stelle stand, den Ball annahm, schnelle Drehung, 2:1. Fünf Minuten später ähnliches Prinzip: Marcel Schmelzer versuchte sein Tor aus der Gruppenphase zu wiederholen, der Schuss fand jedoch wieder den Weg zum Mann des Abends – erneut gewährte Pepe friedlichen Geleitschutz und ließ die Nummer 9 Dortmunds den nächsten Vollgastreffer erzielen. Wie ein vorm Aussterben bedrohtes Pflänzchen verhielt sich der portugiesische Bewacher des Polen, Körpernähe oder -nähe? Igitt, nein!

Das Stadion stand Kopf, Madrid spielte heute eh ohne dieses wichtige Körperteil, ganz zu schweigen vom Herz. In der 61. hätte es fast erneut geklingelt – aber Madrids Schlussmann besaß die nötigen Zentimeter, um Gündogans Riesenschuss über das Tor abzulenken. Die Nerven lagen blank, Reals Deutsch-Duo Khedira und Özil sah in der Folge Gelb, Real war überall – nur nicht im Westfalenstadion. 15 Tage nach dem „Wunder von Málaga“ erlebte die deutsche Fußball-Metropole erneut Historisches. Alonsos ungestümer Strafraum-Rempler gegen Reus in der 67. Minute bedeutete die nächste Ohrfeige für die Königlichen, die sie sich selbst zufügten. Hattrick-Lewandowski ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und torpedierte den fälligen Strafstoß trocken in die Tormitte – 4:1. Mourinho reagierte – erst erhielten Karim Benzema und Ángel Di María die undankbare Aufgabe, irgendwas zu machen. Später musste „the Special One“ auch bei Kakás Einwechslung einsehen, dass es gegen unangekettete Borussen heute nichts zu gewinnen, nichts zu spielen gab. Higuaín, Modric und Alonso mussten das Feld verlassen – das Spiel änderte sich jedoch kaum. Der letztjährige Double-Sieger spielte die restlichen 20 Minuten clever runter, reizte die angespannten Nerven der Madrilenen gnadenlos aus – es sollten die einzigen Emotionen des weißen Balletts bleiben: Wut und Enttäuschung.

Dass Cristiano Ronaldo mit seinem zwischenzeitlichen Treffer zum 1:1 mehrfach Geschichte schrieb (im sechsten aufeinanderfolgenden CL-Spiel getroffen) ist nicht mehr als eine Randnotiz. Real Madrid blamiert sich in Deutschland und zerstört sich den Traum von la Décima fast selbst. Respekt geht an den BVB, der mit viel Einsatz und Herz, einem gnadenlosen und wachen Stürmer und einem fantastischen Publikum heute vermutlich jeden geschlagen hätte. Im Rückspiel in sechs Tagen (Anstoß 20:45 Uhr, zu verfolgen im REAL TOTAL-Liveticker) braucht Real ein 3:0, ein 5:1, ein 6:2 … aber eher: eine ähnlich leidenschaftliche, aufopferungsvolle und mannschaftliche Leistung, wie sie der Ballspielverein aus Dortmund heute zeigte.

Real Madrid LIVE: Tickets für’s Saisonfinale in Pokal, Liga und Champions League

0.00 avg. rating (0% score) - 0 votes

Inhaltsverzeichnis

  1. Seite 1 Spielbericht zum CL-Halbfinale gegen Borussia Dortmund
  2. Seite 2 Spielstatistik und REAL TOTAL-Spieler des Tages
von
Nils Kern

Du hast Fragen über REAL TOTAL? Da bin ich bin der Richtige: Chefredakteur und erster Ansprechpartner für Medien, Leser, Fans. ¡Hala Madrid!

Verwandte Artikel

Real Madrid siegt mit Blitz-Wende: Von 0:1 auf 2:1 in 73 Sekunden

Real Madrid schenkt dem RCD Mallorca im Santiago Bernabéu fünf Tore ein,...

Mbappé diesmal doppelt! Real Madrid erfüllt Pflicht in Oviedo

Wieder unspektakulär, aber wieder erfolgreich - und wieder dank Kylian Mbappé: Real...

Mbappé per Elfer: Real Madrid siegt bei Alonsos Heim-Debüt

Real Madrid startet unter Xabi Alonso siegreich in die Saison. Gegen den...

Doppelpack Mbappé: Real Madrid rüstet sich in Innsbruck

Éder Militão mit dem Anfang und Rodrygo Goes mit dem Ende, dazwischen...