Analyse

Alonsos Umdenken ebnet den Weg: Drei Erkenntnisse zum Sieg in Bilbao

Real Madrid meldet sich mit einem Sieg in Bilbao im Meisterkampf zurück. Insbesondere die Umstellung auf eine Doppelspitze erweist sich für Xabi Alonso als Glücksgriff, ebenso wie der Rückgriff auf eine taktische Maßnahme aus den Zeiten Carlo Ancelottis. Aus personeller Sicht könnte die Aufstellung im San Mamés auch als deutlicher Fingerzeig für die kommenden Wochen dienen.

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Die Blancos präsentierten sich in Bilbao von ihrer besten Seite – Foto: Juan Manuel Serrano Arce/Getty Images

Umstellung auf Doppelspitze beflügelt die Offensive – und hilft der Defensive

Zuletzt waren zahlreiche kritische Stimmen laut geworden, dass Xabi Alonso von seinem eingeschlagenen Weg bei der Klub-WM abgekommen wäre. Weg von der Dreierkette hin zum 4-3-3, die Qualität des Pressings habe nachgelassen, mit Ball agiere man zu statisch und ideenlos. Tatsächlich wirkte es die letzten Wochen so, als suche Reals Cheftrainer verzweifelt nach einer Formation, in der er insbesondere Kylian Mbappé und Vinícius Júnior gemeinsam unterbringen könne. Die Lösung gegen den Athletic Club: Eine Doppelspitze der beiden Superstars, in Ballbesitz mit jeglichen Freiheiten ausgestattet, dahinter eine situative Dreierkette im Aufbau mit Aurelién Tchouaméni in zentraler Position zwischen den Innenverteidigern, einem hoch stehenden Trent Alexander-Arnold sowie einem einrückenden Federico Valverde und einem näher zum Tor agierenden Jude Bellingham. Eine vermeintlich kleine Umstellung, die jedoch enorme Wirkung entfaltete – und die komplette Dynamik im Spiel der Blancos auf den Kopf stellte.

Phasenweise wirkte es sogar so, als hätte Alonso seinen alten Wegbegleiter Carlo Ancelotti um Rat gefragt. Gegen den Ball setzte Alonso im San Mamés auf ein klassisches 4-4-2, wobei Bellingham wie einst in der ersten Saison unter dem Italiener die defensive linke Seite beackerte und dabei beachtliche Kilometer zurücklegte – ähnlich wie sein Pendant Valverde auf rechts. Das Resultat: Die Königlichen wirkten – bis auf eine kurze Drangphase Bilbaos in der ersten Halbzeit – wesentlich kompakter und griffiger als in den letzten Wochen und erzielten auch viel mehr hohe Ballgewinne als in den vergangenen Partien. Und durch die sehr physische Besetzung des Mittelfelds konnte man auch die nötige Intensität gegen den Ball liefern. Auch ein Faktor – neben Thibaut Courtois –, warum man mal wieder die Null hielt.

Boss Militão und Rüdigers Wiederauferstehung

Vor Beginn der Spielzeit waren die Zweifel groß, ob Éder Militão überhaupt wieder eine vollwertige Alternative für den königlichen Kader werden würde. Nach zwei Kreuzbandrissen auch nur ansatzweise wieder Top-Level zu erreichen, ist im heutigen Spitzensport nahezu utopisch. Doch der Brasilianer hat genau das geschafft – und ist insbesondere athletisch wieder auf einem Level angelangt, das ihm so vermutlich nicht mal die kühnsten Optimisten zugetraut hätten. Schon seit Saisonbeginn ist der 27-Jährige der absolute Abwehrboss und hält die nicht immer sattelfeste Viererkette zusammen – wenn es sein muss, eben auch alleine. Auch gegen Athletic überragte der Südamerikaner, überzeugte defensiv mit drei abgefangenen und wahnsinnigen elf (!) geklärten Bällen, offensiv gefiel er durch eine Passquote von 94,6 Prozent und brachte starke sechs von acht langen Bällen an den Mann – darunter der Traumpass in den Lauf von Vini (37.)Eine (mal wieder) bärenstarke Performance des Brasilianers und eine schmerzhafte Erinnerung daran, was den Blancos letzte Saison über weite Strecken abging.

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Ebenfalls positiv hervorzuheben gilt es aber auch Nebenmann Antonio Rüdiger, den eine Muskelverletzung am hinteren linken Oberschenkel lange Zeit außer Gefecht gesetzt hatte, und der sowohl beim 2:2 gegen Elche als auch gegen Bilbao eine durch die Bank solide Vorstellung ablieferte. Dank seiner Kompromisslosigkeit und seinem Tempo erwies sich der Deutsche in den zwei Einsätzen als perfekte Ergänzung zu Militão und sorgte mit seiner Ausstrahlung und Erfahrung für dringend benötige Stabilität. Für den vor seiner Verletzungspause mit großen Leistungsschwankungen kämpfenden Deutschen dürften die letzten beiden Auftritte sowas wie eine kleine sportliche Auferstehung gewesen sein. In dieser Verfassung ist er jedenfalls vor dem zuletzt eher bieder agierenden Dean Huijsen anzusiedeln.

Camavinga kämpft sich vorerst in die A-Elf

Die Anfangsformation im San Mamés war aber gleichzeitig auch ein deutlicher personeller Fingerzeig Alonsos: Eduardo Camavinga, der nach seiner Einwechslung in Elche bereits eine merkliche Belebung darstellte, dürfte sich (vorerst) einmal festgespielt haben. Und Arda Güler in den großen Partien in den kommenden Wochen voraussichtlich den Kürzeren ziehen. Es zeichnete sich zuletzt bereits ab, dass immer nur ein Platz in der Startelf für entweder Güler oder Bellingham zur Verfügung stehen würde. Dass diese Personalentscheidung zugunsten des Engländers ausfällt, speziell gegen physischere Gegner, dürfte keine allzu große Überraschung darstellen. Neben der Verdienste für den Klub dürfte es vor allem Bellinghams defensive Robustheit und Workrate sein, die ihn in den aktuellen Überlegungen Alonsos über den Türken stellt.

Bereits in Elche schien Alonso insbesondere mit Gülers Defensivarbeit nicht zufrieden, weshalb er ihn bereits zur Pause durch Camavinga ersetzte. Und im aktuellen Konstrukt mit Mbappé und Vinícius in der Spitze bedarf es – zumindest in den Top-Spielen – eines Mittelfelds, das die nötige Physis und Laufstärke gegen den Ball mitbringt. Aus diesem Grund ist auch schwer davon auszugehen, dass man in den kommenden Wochen vorrangig entweder Bellingham oder Güler auf dem Platz sehen wird, während Camavinga – sofern er fit bleibt – mit Daniel Ceballos rotieren dürfte.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

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