
Gonzalo Higuaín verlässt Real Madrid! Nach 273 Spielen, 121 Toren und 56 Tor-Vorbereitungen in Diensten des Vereins, für den er schon als 10-jähriger Junge – von Kameras aufgenommen – geschwärmt hat, wagt sich der 25-Jährige nun an eine neue Herausforderung: SSC Neapel.
Er kam als Junge und geht als Mann. Im Alter von 19 Jahren am 14. Januar 2007 debütiert, ist er nach Hugo Sánchez, Pahíño, Alfredo Di Stéfano, Ferenc Puskás und Cristiano Ronaldo der Akteur, der am schnellsten die „100-Tore-Marke“ in Madrid erreichte – in 179 Spielen. Ist noch gar nicht so lange her, nur Raúl war mit seinen 22 Jahren jünger beim Erreichen dieser Grenze (benötigte aber mehr Einsätze dazu).
Noch mehr Fakten: Seit seinem Debüt haben in diesem Zeitraum nur zwei Spieler in La Liga mehr Tore erzielen können: Lionel Messi (203), Cristiano Ronaldo (146) und dann folgen 107 Buden des Argentiniers. Dass man seine Effektivität so wenig schätzt, kann ich nicht nachvollziehen. Unter allen Liga-Akteuren, die in der letzten Saison mehr als zehn Tore auf dem Konto hatten, wies einzig Messi eine bessere Schuss-Erfolgsquote (57,5 Prozent aller Abschlüsse gingen rein) als Madrids langjährige Nummer 20 (55,2 Prozent) auf.
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„Pipita“, du wirst mir fehlen! Du bist (halt, du warst!) der viert-dienstälteste bei den Blancos und entsprechend auch der vierte Kapitän. Hast Trainer, Präsidenten, aber auch haufenweise hochkarätige Transfers kommen und gehen sehen – du hast sie alle überstanden. Eine von wenigen Konstanten. Ein Madrid ohne „Pipa“? Für mich unvorstellbar!
Deine Impulsivität und Dynamik waren bemerkenswert. Eine Mischung aus wuchtigem Panzer und flottem Sportwagen. Du hast keinen Ball hergegeben, dein Tor zur Meisterschaft 2012 in Bilbao hätte sich bei den „Kickers“ heute noch im Netz gedreht. Körperlich hattest du gegenüber keinem Verteidiger der Welt das Nachsehen. Das Selbstvertrauen, einfach mal drauf zu hauen? Beneidenswert! Gleiches gilt für deinen unglaublichen Riecher bei fahrlässigen Rückpässen des Gegners auf den Torwart. Mit dem Herz am rechten Fleck und zwei Waffen an den Beinen – seit deiner Verpflichtung im Januar 2007 gibt es so viele Erinnerungen an dich.
Sportliche Erinnerungen – dein 4:3-Siegtreffer bei der epischen „Remontada“ über Espanyol 2007, der die Übernahme der Tabellenspitze und dadurch die 30. Meisterschaft bedeutete. Oder ein Jahr später dein 2:1-Siegtreffer über Osasuna, der die Meisterschaft 2008 sicherte und Barcelona eine Woche später zum „Pasillo“ (deutsch: Spalier stehen) zwang – mit 4:1 wurden die Blaugrana danach aus dem Bernabéu gefegt. Fantastische Volleys und Lupfer, als wärst du mehr als nur dreieinhalb Jahre bei Madrid-Ikone Raúl zur Schule gegangen. Unvergessen ebenfalls dein Viererpack beim 4:3 über den FC Málaga 2008 oder späte und umso explosivere Siegtreffer, wie 2009 beim 3:2 gegen Getafe.
Aber auch menschliche, soziale, dem Team-Inneren wohl tuende Erinnerungen: Türknall-Scherze in Kuwait, mitreißende Lach-Anfälle bei Madrids Weihnachts-Videos oder auch auf der einen oder anderen Pressekonferenz. Nie um einen Scherz oder Lacher im Training oder auf sonstigen Veranstaltungen zu schade. Ein bisschen verpeilt, aber maximal bodenständig. Wenn ein Trainer sagt, er würde jemandem zutrauen, im Schlafanzug ins Training zu kommen, bedarf es keinerlei Worte um das Wesen Higuaíns zu beschreiben (José Mourinho im Oktober 2012). Du warst lange ein unbekümmertes Kind, das seinen Traum an jedem einzelnen Tag mit Spaß lebte – doch der Ernst des Lebens holte dich ein, du bist erwachsen geworden, angreifbar. Und du gehst.
„Pipa“ geht! Auch traurig? Diskutiere im Forum mit!
Ich war bei Meisterfeier und letztem Saisonspiel am 13. Mai 2012 live im Stadion und habe mit den anderen 85.453 und deinen Team-Kollegen auf dem Platz „¡Pipita, qué-da-te!“ (Deutsch: Pipita, bleib!) gesungen. Auch wenn deine sportliche Situation damals wie heute gleich war – stets in direkter Konkurrenz zum zweiten Top-Stürmer Karim Benzema – an jenem Sonntag vor 14 Monaten warst du dir zumindest der Liebe und Zuneigung der Fans bewusst, aller Fans – jedes einzelnen Madridistas! Doch dann kam die Seuchensaison 2012/13, die am ganzen Team gezehrt hat. Stürmer werden an Toren gemessen – in Madrid vermutlich mehr als irgendwo anders, und du gabst nicht immer den souveränsten, zielsichersten, selbstbewusstesten Eindruck ab, gebe ich beides zu! Die Liebe vom Großteil der Fans ging, auch ich konnte dir nur von Deutschland aus die Daumen drücken.
Ich bin über deinen Weggang zutiefst traurig – dennoch kann ich deine Beweggründe nachvollziehen. An Real Madrid sind schon viele große Figuren zerschellt, du hast dich sieben Spielzeiten durchgeboxt – so schwer der Einstieg in Europa für dich war, die letzten Monate waren sicher noch härter. Ein liebenswerter Spieler und Mensch wie du benötigt keine Rekordgehälter zum Glücklichsein, keine großen Star-Allüren, Topmodel-Frauen oder rekordreiche Sponsoren-Verträge – du bist eine Raubkatze, die in Ruhe ihrem Jagdtrieb nachgehen will und nicht mehr benötigt, als Zuneigung und Zustimmung der Fans. Möge dir in Italien die Wertschätzung widerfahren, die dir gebührt – auch in sportlich nicht so erfolgreichen Zeiten! Ich würde dir sogar ein Tor im Champions-League-Finale gegen Real Madrid gönnen – alles, damit Tausende von Fans sich eingestehen müssen, einen Ausnahmekönner vom Hof (mit) fort gejagt zu haben. Die Tür in Madrid wird für dich niemals geschlossen sein, ob als Spieler oder Nachwuchs-Förderer: Wir sehen uns wieder, amigo! Danke für alles! Adiós!
Wem jetzt die Tränendrüse drückt, der kann sich mit diesen „Pipita“-Videos den Rest geben.
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