Interview

Ancelotti: Beziehung zu Pérez jetzt „entspannter und ausgeglichener“

In einem bei dem spanischen Pay-TV-Sender MOVISTAR+ ausgestrahlten Interview mit Jorge Valdano, einst sowohl Profi als auch Trainer und Generaldirektor bei Real Madrid, gesteht Carlo Ancelotti, nie mit einer Rückkehr zu den Königlichen gerechnet zu haben. Seine Beziehung zu Präsident Florentino Pérez sei in seiner zweiten Amtszeit „entspannter und ausgeglichener“. Zwei, drei Stunden vor dem Anpfiff leidet der 62-jährige Italiener an einem Spieltag am meisten.

619
carlo ancelotti real madrid movistar+
Ancelotti: Von 2013 bis 2015 bei Real und seit Sommer 2021 zum zweiten Mal – Foto: MOVISTAR+

Ancelotti zurück bei Real Madrid: „Nie gedacht“

CARLO ANCELOTTI über…

…seinen Job bei Real Madrid: „Alle sagen mir, ich sei heute dank des Treffers von Sergio Ramos hier. Ich bin voller Stolz, Real Madrid zu trainieren. Es ist etwas Besonderes, so wie bei Milan. Ich fühle mich sehr gemocht und versuche, das Beste zu geben. Manchmal täusche ich mich, so wie jeder. Es ist ein Klub, bei dem man nicht feiern kann, weil man nach vorne schauen muss. Der Stolz ist nicht da, wenn die Dinge nicht laufen. Deswegen ist das der Klub, der am erfolgreichsten ist.“

…seine Rückkehr im Sommer 2021 nach Madrid: „Ich bin mir bewusst, dass ich den größten Klub der Welt trainiere. Die Erwartungen sind hoch und das muss ich akzeptieren. Nach Madrid zurückgekehrt zu sein, war besonders. Ich hatte nie gedacht, dass sich das ergeben könnte. Trotz der Kritik genieße ich es.“

…Florentino Pérez: „Es gibt einige Präsidenten, die Fans sind und andere, die Business-Präsidenten sind. Es ist ein Unterschied in der Klubführung. Ich bevorzuge die Fan-Präsidenten, weil die Struktur des Vereins einer Familie ähnelt. Florentino ist ein Präsident der Kategorie Fan. Seinen Erfolg hatte nie ein anderer Präsident. Die Beziehung zwischen Präsident und Trainer ist in dieser zweiten Amtszeit entspannter und ausgeglichener – wegen dem, was er erreicht hat und wegen seiner Vision dieses Klubs für die Zukunft.“

„Das ist die Phase, in der du dir das Schlimmste ausmalst“

…Sohn und Assistent Davide: „Er ist sehr ruhig, so wie ich. Professionell, sehr ernsthaft. Er lernt viel von mir und hat es sehr gut verstanden, was es bedeutet, der Sohn des Trainers zu sein. Wir sind ein Team, ein Stab. Davide hat mehr Verantwortungen übernommen, um seinen Wert zu beweisen – nicht, weil er mein Sohn ist. Er hat sich für den UEFA-Pro-Kurs in Wales angemeldet, weil er dort die Voraussetzungen erfüllt, in Italien nicht.“

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von REAL TOTAL (@real_total)

…den Frust von Toni Kroos bei dessen Auswechslung gegen den FC Chelsea: „In meinem letzten Jahr bei Milan habe ich unter (Fabio) Capello nicht gespielt. Capello setzte mich oft auf die Bank oder auf die Tribüne, ich hatte das nicht verstanden. Und Capello sagte mir: ‚Wenn du Trainer sein wirst, wirst du es verstehen.‘ Und ich habe es bestens verstanden. Ich wollte Kroos sagen… Ich denke, die Spieler aus meiner Zeit hatten mehr Lust darauf, Trainer zu werden. Die Spieler von heute haben weniger Lust, Trainer zu werden. Sie haben Lust, dieser Welt erhalten zu bleiben, als Direktor, als Meinungsmacher. Aber es gibt sehr wenige, die Trainer werden wollen.“

…seinen Puls vor Spielen: „Im Vorfeld steigt er auf 190 an, danach, während des Spiels, sinkt er. Puls bekomme ich zwei, drei Stunden vor der Partie, denn das ist die Phase, in der du dir das Schlimmste ausmalst. Und manchmal tritt das dann auch ein (lacht). Es ist schwer, negative Gedanken zu verdrängen. In letzter Zeit fällt es mir besonders schwer.“

Real Madrid: Ancelotti über Zeit bei FC Bayern und PSG

…seine Zeit beim FC Bayern München: „Ich habe mich mit (Karl-Heinz) Rummenigge sehr gut verstanden. Ein Mann des Fußballs, der einen Klub zu führen weiß. Es kam vor, dass es Momente gab, in denen man dachte, man müsse die Mannschaft ein wenig verändern. Und wenn dieser Moment kommt, ist es ein schwieriger Moment für einen Trainer. Ich wollte die Mannschaft ein bisschen revolutionieren und es war nicht die Idee des Vereins. Ein großer Spieler hat Schwierigkeiten, um zu wissen, wann es Zeit ist, um aufzuhören. Aber es kommt die Zeit, wo es ihm jemand sagen muss. Die Atmosphäre war nett, etwas kühl, aber die Organisation des deutschen Fußballs ist perfekt. München ist spektakulär. Das Profil des deutschen Spielers ist nicht sehr kreativ, er ist eher ein Soldat.“

…seine Etappe bei Paris Saint-Germain: „Leonardo hatte mich angerufen, ich kannte ihn aus Mailand. Sie waren gerade von Katar gekauft worden. Das Projekt gefiel mir und ich war vereinslos. Im Februar der zweiten Saison entschied ich mich dazu, zu gehen, weil etwas in die Brüche ging, als mir kurz zuvor gesagt wurde, wenn ich eine Partie nicht gewinne, würden sie mich entlassen – obwohl wir einen großen Vorsprung hatten. Ich meinte zu ihnen, wie sie mir das sagen können. Das bricht das Vertrauen.“

„…dann bin ich ein Fan von Real Madrid und Mailand“

…Verbesserungspotential im Fußball: „Weniger Spiele. Du kannst ein Chelsea gegen Madrid oder ein City gegen Liverpool nicht wegnehmen. Wenn ein Trainer müde wird, dann setzen sie auf einen anderen. Aber wenn (Luka) Modrić müde wird, dann spielt keiner so einen Pass mit dem Außenrist.“

…seine Zeit nach dem Fußball: „Ich möchte Fußballprofessor an einer Universität werden, einen Titel von der UEFA oder so bekommen, Prüfungen veranstalten, die im Fußball ihre Meinung abgeben, um zu sehen, ob sie Ahnung haben (lacht). Spaß. Es gibt vieles, was man tun kann. Wenn ich mit dem Trainieren aufhöre, werde ich etwas anderes mögen. Ich habe fünf Enkelkinder, eine sehr große Familie. Ich habe zum zweiten Mal geheiratet und wir haben viele Dinge nicht getan, wir müssen mehr tun. Ich möchte die Zeit mit ihr genießen. Wenn ich fertig bin, werde ich ein Fan von Madrid, Mailand und von dem Klub sein, der von meinem Sohn trainiert wird.“

REAL MADRID LIVE: Jetzt Abo bei DAZN abschließen

0.00 avg. rating (0% score) - 0 votes
von
Filip Knopp

Begleitet den Mythos Real Madrid als Fan seit der Ära der „Galácticos“ und journalistisch bei REAL TOTAL seit Mitte 2011. Erfahrungen auch bei SPORT1 und SPOX, zudem Autor von »111 GRÜNDE, REAL MADRID ZU LIEBEN«.

Kommentare
wir sind oft einer Meinung, aber ich finde auch, dass Perez größtenteils auch ohne Sportdirektor einen sehr guten Job macht. Kein Verein schafft es jeden Transfer perfekt in das Team einzubinden. Hinzu kommt, dass der Druck an der Concha Espina ziemlich hoch ist. Er hat Ramos, Özil, CR7 an den richtigen Zeitpunkten weggegeben. Er hatte Varane gekauft und für gutes Geld später und nach 4 CL Titel verkauft. Mit Morata hat er auch gut Geld gemacht. Ich finde nur, dass er die Trainer mehr einbinden sollte, damit manche Transfers nicht zum Scheitern verurteilt sind. Aber ich kann mich kaum erinnern, dass bei Ankündigung eines Transfers alle direkt losgeschrien haben und den Transfer verurteilten. in der Regel waren es stets nachvollziehbare Transfers. Und dass in Brasilien jeder neue Neymar teuer ist, liegt an den dortigen Transfervereinbarungen. Da hängen neben dem Verein auch Sponsoren und die Familie hinter. Daher kommen höhere Summen als bei einem gestandenen Camavinga zu Stande.

Einzig der Umbruch geht mit persönlich zu langsam von statten. Aber auch dieser wurde nicht schlecht gelöst. Er geht nun einmal den weniger Radikalen Weg, der vor allem durch Corona gerechtfertigt und nachvollziehbar ist. Zudem ist der Verein trotz Königstransfers finanziell besser aufgestellt als alle anderen Vereine dieser Welt.

Ok langfristig gesehen hat Perez vieles richtig gemacht. Irgendwie sind mir die Abgänge der canteranos und di Maria besonders hängen geblieben. Wenn man sich die Zahlen sowohl wirtschaftlich als auch sportlich ansieht, lief es unter Perez nahezu perfekt. Trotzdem glaube ich, dass ein Sportdirektor doch nochmal eine Bereicherung wäre oder als Alternative, wie du schon erwähnt hast, der Trainer mehr Mitspracherecht erhält.
 

Verwandte Artikel

„Es ist nie zu spät!“ Pochettino weiß dank Mbappé: Träume werden Real

In seiner jüngsten Gastrolle bei El Chiringuito gewährte Mauricio Pochettino, ehemals Trainer...

Sergio Ramos bot sich Real Madrid an: „Tür immer aufgemacht“

Sergio Ramos habe Real Madrid nach eigener Aussage eine Rückkehr angeboten –...

Carvajal spricht offen: „Wechsel war notwendig“

Daniel Carvajal heißt den Wechsel auf der Trainerbank von Real Madrid gut...

Guardiola: „Bin der Trainer mit den meisten Spielen im Bernabéu“

Real Madrid gegen Manchester City - auch in der Champions-League-Saison 2025/26 soll...