
„Alles stand sofort auf der nächsten Titelseite“
Drei Jahre inmitten eines großen Umbruchs bei Real Madrid, was aktuell viele erleben, kennt Ricardo Carvalho aus seiner Zeit beim spanischen Rekordmeister. In einem Gespräch mit FOURFOURTWO erklärt der Portugiese, wie viel Real Madrid ihm bedeutet, aber auch, was schwieriger ist, als bei anderen Vereinen: „Real Madrid ist wahrscheinlich der beste und größte Klub der Welt und genau deshalb gibt es den Anspruch immer Trophäen zu gewinnen. Sollte dies nicht gelingen, wird von den Leuten automatisch mehr geredet – die Egos in Madrid waren sehr groß.“ Vor allem soll das Drumherum bei Real Madrid zu dem Zeitpunkt kein einfaches Pflaster gewesen sein: „Die Umkleidekabine war wohl die schwierigste, in der ich je war. Sobald es einen kleinen Vorfall gab, stand es nächsten Tag sofort auf der Titelseite in der Zeitung und wurde so dargestellt, als ob es ein riesiges Problem wäre.“
2010 wechselte Carvalho für rund acht Millionen Euro zu den Königlichen und war in der Saison 2010/11 direkt Stammspieler – in dieser Spielzeit konnte er mit dem Gewinn des spanischen Pokals überzeugen. 2011/12 zwang ihn eine langwierige Rückenverletzung zum Pausieren – durch diese lange Ausfallzeit kam er in seiner letzten Spielzeit, 2012/13, nicht mehr über die Rolle des Ergänzungsspielers hinaus und stand lediglich neun Mal auf dem Platz. Anschließend wurde der Vertrag nicht verlängert und Carvalho, der 2003 als Fußballer des Jahres in Portugal und 2004 als UEFA Verteidiger des Jahres ausgezeichnet wurde, wechselte zur AS Monaco.
Porto, Chelsea, Real, Monaco – kein Wunder: In seiner Karriere spielte Carvalho mit großartigen Spielern, wie Deco, Drogba oder Luís Figo zusammen, aber auch an Pepe kann er sich gut erinnern: „Neben dem Platz ist er ein total entspannter und ruhiger Typ, der überhaupt nicht viel redet, aber auf dem Platz braucht er einfach seine Aggressivität, um der Top-Spieler zu sein, der er ist. Ich denke, dass wir auf dem Platz alle so fokussiert sind, dass wir Grenzen überschreiten können.“
In Monaco wiederum teilte er die Kabine mit Real Madrids aktuellem Wunschspieler: Kylian Mbappé. Carvalhos Urteil: „Kylian ist ein super Typ! Er ist einfach der Junge geblieben, der damals den Traum hatte, Fußballprofi zu werden und das ist einfach schön zu sehen. Bei Monaco hatte er schon ein Top-Level erreicht, aber er wollte immer mehr tun und hat gesehen, dass er auch dazu in der Lage ist. Genauso hat er sein jetziges Level erreicht und dazu kommt, dass er einfach ein guter Typ ist.“
Mourinho und seine Ziehsöhne
Die Parallelen zwischen Michael Essien und Ricardo Carvalho liegen auf der Hand: beide folgten dem Ruf von Mourinho und wechselten von Chelsea zu Real Madrid – auch wenn Essien nur per Leihe zu einem späteren Zeitpunkt wechselte. Für Carvalho lief die Zeit bei den Königlichen deutlich besser und besonders auf Mourinho ist er sehr gut zu sprechen, den er immerhin als seinen besten Trainer aller Zeiten sieht. „Es war eine Ehre für ihn so lange spielen zu dürfen (elfeinhalb Jahre; d. Red.), weil er mein Spiel über die Jahre sehr beeinflusst hat. Er hat mich sehr oft gelobt und einmal sagte er, dass ich mein bestes Spiel aller Zeiten gemacht hätte. Das hat er allerdings mehrmals gesagt! (lacht) Er wollte nämlich immer, dass wir jedes Spiel besser spielen, als in dem Spiel davor.“
Der 43-Jährige beendete nach einem China-Abenteuer bei Shanghai Port am 1. Januar 2018 seine Karriere und war dann von Juli 2019 bis Januar 2021 Co-Trainer bei Olympique Marseille. Aktuell ist er zwar vereinslos, aber findet den Trainerjob sehr reizvoll: „Ich kann Dinge aus einer anderen Perspektive sehen und den Spielern sehr viel mitgeben.“
Sein Ziel ist es auch noch weitere Lizenzen zu absolvieren und dann eines Tages eine Mannschaft als Chef-Trainer zu coachen. Wer weiß, vielleicht sogar mal Real Madrid.
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