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Robinho (Abgang)

Iago Blanco

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Hätte, hätte … Fußballwette.
Über Spieler, die ihr großes Potential nie ganz entfalten konnten.

Talente zu kaufen ist für große Clubs immer ein gewisses Risiko. Man weiß nie, wie sie sich entwickeln und in gewisser Weise sind diese Rohdiamanten Wetten in die Zukunft. Manchmal gewinnt man bei diesen Wetten und die Diamanten können strahlen – viel öfter passiert es aber, dass es am Ende nicht für ganz oben reicht.

In dieser Serie möchte ich einige vielversprechende „Leider nein“-Personalien Real Madrids vorstellen, die Großes hätten erreichen können.

Teil 1. Robinho – „Der nächste Pele“.

Das Paris des Ostens kann noch so schön sein – wenn man in Prag ist und sich die Stadt der Liebe erwartet, wird man womöglich enttäuscht sein. Deswegen sind Vergleiche, die so enorm hohe Erwartungen schüren, oft kontraproduktiv.

Santos‘ neuer Star.

Auch Róbson de Souza, genannt Robinho, hat es sicher nicht geholfen, dass ihn alle den nächsten Pele nannten. Es macht den Druck nicht gerade kleiner, mit einem der Allzeitgrößen vergleichen zu werden. Aber wenn beim FC Santos (natürlich der Club, bei dem auch Pele spielte) ein junger Bursche mit spektakulären Dribblings, schnellem Antritt und Toren auf sich Aufmerksam macht, stürzen sich Fans und Medien natürlich auf die Hoffnung, dass aus dem Jungen ein großer Star wird. Und wenn man dem Linksaußen beim Kicken zugesehen hat, kam man vermutlich in Versuchung, die Lobeshymnen mitzusingen:


Vermutlich ging es so auch den Scouts und Verantwortlichen von Real Madrid, die im jungen Brasilianer den nächsten Galactico sahen – und schließlich 2005 den Zuschlag erhielten. Heute vergleichsweise lächerlich wirkende 25 Mio Euro legte Perez damals auf den Tisch. Damals noch recht viel Geld für einen so jungen Spieler.

Einer von vielen.

Wo am Rasen Robinho auflaufen würde, das musste sich schon der damalige Trainer (wer weiß es, ohne nachzuschauen?) überlegen. Nur zur Erinnerung, die Konkurrenten um die Offensiv-Positionen hießen: Ronaldo, Raul, Zidane, Beckham, Guti. Und das waren nur die größten Namen. Das neue Sternchen am Fußballhimmel sollte aber natürlich spielen, darum musste Landsmann und Trainer Vanderlei Luxemburgo schlichtweg Platz machen. „Glücklicherweise“ schob R. Madrid mit Luis Figo ausgerechnet den „Ur-Galactico“ zu Inter Mailand ab, sonst wäre Perez‘ neuer Liebling wohl volley auf der Bank gelandet. So aber ergatterte der Angreifer, trotz wechselnden Systemen, einen Fixplatz in der Startelf:

Man sah Robinho dabei vorwiegend in zwei Systemen:

1) In einem 4-2-3-1/4-2-2-2 am Flügel – dabei wechselte seine Position je nach Mitspieler:

-----------------------Ronaldo---------------------------------------

---------Zidane---------------Raul----------------------- Robinho

--------------------P. Garcia---------Beckham----------------------



-----------------------------Raul------------------------------------------

-----Robinho--------------Zidane-------------------------Beckham

--------------------P. Garcia------Guti---------------------------------


2) Sowie im Doppelsturm, wenn man mit Mittelfeldraute auflief:

-----------------Robinho------Raul/Ronaldo-----------------

----------------------------Zidane---------------------------------

-----------------Guti------------------Beckham------------------

----------------------P. Garcia/Gravesen-----------------------


Mehr Sternschnuppe als Galaktischer.


Doch trotz regelmäßigem Platz in der Startelf lief es für Robinho nicht sonderlich. Seine Bilanz unter Luxemburgo: 10 Startelfeinsätze (von möglichen 14), 3 Tore, 2 Vorlagen. Nicht übel aber auch nicht außergewöhnlich.

Dass es hätte besser laufen können, lag natürlich auch an den Umständen. Das Team war schlichtweg kein Team, sondern eine individuelle Ansammlung von großen Namen. Es fehlte die Balance (Makelele war zu dem Zeitpunkt schon bei Chelsea), es fehlte mit Del Bosque die ruhige, pragmatische Vaterfigur – und es fehlte an Kontinuität: Luxemburgo musste schon im Winter die Koffer packen, auf ihn folgte (wer weiß es, ohne nachzusehen?) Interimstrainer López Caro. Die Rahmenbedingungen, um beim größten Club der Welt zu brillieren, hätten mit Sicherheit besser sein können.

Trotzdem wirst du als Spieler am Ende des Tages natürlich an den Leistungen gemessen – und die waren auch in den 7 Monaten unter Lopez Caro ausbaufähig. Nicht falsch verstehen: Robinho hatte immer wieder guter Matches und lies sein Talent definitiv durchblitzen. Aber die Erwartungshaltung war eine andere, eine viel größere.

Obwohl er auch unter Luxemburgos Nachfolger einen Stammplatz hatte (als LA/LM im 4-2-3-1), schaute wenig Zählbares dabei raus. Am Ende der Saison standen Robinho in 33 Spielen 4 Tore und 7 Vorlagen zu buche. Galaktisch liest sich das nicht.

Apropos: Jener Sommer sollte das Ende von Florentino Perez‘ erster Galactico-Ära markieren. Mit Zidane beendete der größte von allen seine Club-Karriere. Und Perez selbst nahm bereits im Februar seinen Hut.

Neue Führung, neue Gesichter.

Neuer Präsident wurde Ramon Calderon, unter dem Perez‘ übriggebliebene Galaktische einen schweren Stand hatten. Passend dazu wurde von Neo-Sportdirektor Mijatovic ein Disziplinfanatiker auf die Trainerbank beordert:

Fabio Capello wurde nicht nur geholt, um für mehr defensive Stabilität zu sorgen, sondern vor allem, um die Meisterschaft zu gewinnen und die Sonderstellung einiger Spieler zu durchbrechen. Erfolg musste her und dafür krempelte man (natürlich) den Kader um. Mit anderen Worten: Robinho musste sich den Platz neu erkämpfen – und das unter neuen Umständen sowie einem Coach, der nicht gerade dafür bekannt war, auf „Joga Bonito“ zu setzen.

Der Italiener setzte in Madrid vorerst auf einen Doppelsturm. Zum Leidweisen Robinhos bestand der aber etatmäßig aus Raul und Neuzugang Ruud Van Nistelrooy. Im LM war Strategie Guti gesetzt, auf der anderen Flanke wirbelte Flügelspieler Jose Antonio Reyes, der von Arsenal ausgeliehen wurde und im Titelkampf noch eine entscheidende Rolle innehaben sollte. Abräumer Emerson und M. Diarra komplettierten das Mittelfeld.

Nach 6 Pflichtspielen (5 Siege, 1 Niederlage) durfte Robinho das erste Mal von Beginn an ran – ausgerechnet im Clasico. Für den Dribbletechniker ergab sich so eine große Chance. Nicht nur, dass er startete, er durfte im 4-2-3-1 auch auf „seiner“ linken Seite ran. Die Blancos gewannen das Spiel und Robinho spielte nicht nur durch, sondern steuerte auch den Assist zum spielentscheidenden 2-0 bei.

Doch was eine Trendwende hätte sein können, blieb ein statistischer Ausreißer. Der Brasilianer brachte es zwar auf 32 Liga-Spiele, kam dabei aber selten über die Rolle als Joker hinaus. Darüber hinaus „musste“ er gegen Saisonende sogar im OM auflaufen, eine Position, die ihm trotz Rückennummer 10 sicher nicht entgegenkam. In seiner zweiten Spielzeit kam er so nur auf 8 Tore und 6 Vorlagen – wettbewerbsübergreifend. Die Helden der Saison waren andere. Ruud Van Nistelrooy, Winterneuzugang Higuain (übrigens für Robinho eingewechselt) … und natürlich der vorhin erwähnte Reyes (R.I.P), der im Herzschlagfinale gegen Mallorca zwei Tore und Madrid damit zur Meisterschaft schoss.

Durchbruch im dritten Jahr?


3. Jahr bei Real Madrid, 3. Trainer bei Real Madrid. Zu sagen, Robinho durchlebte eine turbulente Zeit, wäre noch untertrieben gewesen. Capello erfüllte zwar das Ziel Meisterschaft, aber so richtig funken wollte es sich nicht zwischen dem Italiener und Madrid, also wurde er (schon zum zweiten Mal) nach einer Saison entlassen. Auf ihn folgte Bernd Schuster, der wieder offensiveren Fußball und das Festhalten an den Vereinslegenden Raul und Guti versprach.

Für Robinho sollte sich der Trainerwechsel auszahlen, denn der Deutsche vertraute dem mittlerweile 23-Jährigen eher als sein Vorgänger, was auch daran lag, dass die neue Konkurrenz um Robben und Co noch Anpassungsprobleme hatte. Meist durfte Madrids Nummer 10 dabei in einem 4-4-2 als nomineller rechter Mittelfeldspieler ran, wobei er in Wahrheit eher RA:


---------Van Nistelrooy-------Raul------------------

------------------------------------------------Robinho

------Sneijder ------------------------------------------

---------------------------------Guti----------------------

------------------M. Diarra------------------------------


Schuster gab den Spielern generell viele Freiheiten und vertraute dabei nicht auf große Taktikkniffe, sondern setzte auf die individuelle Klasse seiner Spieler – die diese aber zu Beginn der Saison nicht durchwegs abrufen konnten. Verlass war jedoch vor allem auf Dauerbrenner Raul. Drenthe, Gago und Sneijder zeigten durchwachsene Leistungen und der dritte holländische Neuzugang, Arjen Robben, war vor allem zu Beginn hauptsächlich verletzt. Eigentlich DIE Chance für Robinho – doch auch der Flügelstürmer hinkte, wieder einmal, seinem Anspruch hinterher. An Chancen, sich zu beweisen, mangelte es jedenfalls nicht.

Woran lag es, dass er in Madrid einfach nicht dauerhaft liefern konnte? Tja, man munkelte, dass er schlichtweg nicht 100% bei der Sache war. Es schien nicht am Können zu scheitern, sondern am unbedingten Willen. Im Gegensatz zum großen Talent wurden ihm Trainingseifer und Aufopferung sichtlich nicht in die Wiege gelegt. Zwar muss man Gerüchte zu Partynächten und fehlendem Trainingseifer mit Vorsicht genießen – aber wenn sie sich über drei Jahre und unter drei verschiedenen Trainern hartnäckig halten, wird wohl zumindest ein Funken Wahrheit darin stecken. Wenn du der Beste der Welt werden willst – und das Vorhaben hat er in Interviews immer wieder bestätigt – reicht Talent alleine einfach nicht. Da half auch das Versprechen nichts, dass er mit der Geburt seines Sohnes im Dezember erwachsener und fokussierter werden wolle. Denn – Spoiler – es sollte sich wenig an seinem Spiel ändern. Ein Dribbling hier, ein Übersteiger da. Auf Dauer war das nicht nur ineffizient, sondern schlichtweg zu wenig für einen Kicker mit seinem Potential.

Trotz zwischenzeitlicher Krisenstimmung und frühzeitigem Achtelfinal-Aus den Cup-Bewerben, spielte Madrid eine souveräne La Liga-Saison. Am Ende wurden die Merengues sogar vorzeitig Meister. Das höchste der Gefühle: Rivale Barça musste beim „Pasillo“ Spalier stehen!

Der Brasilianer durfte nicht nur die nationalen Erfolge mitfeiern, sondern spielte auch seine statistisch gesehen beste Saison in Madrid: 42 Einsätze, 15 Tore, 12 Vorlagen. Keine Weltfußballer-Zahlen aber respektabel – und eben immer (noch) besser als jene der internen Konkurrenz am Flügel.

Bruch statt Durchbruch.

Würde sich Robinho nun in der folgenden Spielzeit endlich zu dem Spieler entwickeln, den man in Madrid die ganze Zeit über sehen wollte? Würde er alle Zweifeler und kritischen Stimmen verstummen lassen und am Flügel auch dauerhaft galaktische Leistungen zeigen?
Die kurze und ernüchternde Antwort ist: nein. Denn Robinho wurde Last Minute nach England verkauft. Böse Zungen könnten behaupten, er ist zur rechten Zeit geflüchtet, denn für Madrid wurde es nicht besser, sondern erst einmal noch viel schlimmer:

Gegen einen immer stärker werdenden Erzrivalen hatte die Truppe von Bernd Schuster wenig Chance. Der Deutsche musste schließlich im Winter seinen Stuhl räumen, auf ihn folgte Juande Ramos. Doch auch unter dem Spanier änderten sich die neuen Kräfteverhältnisse in La Liga nicht. Im Gegenteil. Im Rückspiel-Clasico wurde Real Madrid von einem der besten Teams aller Zeiten 2:6 abgeschossen. In Worten: zwei zu sechs. Im Bernabeu! Ein Ergebnis, das heute noch weh tut. (Sorry fürs Erinnern!)

Barcelona sicherte sich nach 38 Spieltagn mit 10 (!) Punkten Vorsprung den Ligatitel. Barça die Liga dominieren zu sehen, war ein bitterer Rückschlag für die Blancos, der in den darauffolgenden Jahren leider zur Gewohnheit wurde. Und nachdem man in jener Zeit auch internationals nicht reüssieren konnte und schon wieder im Achtelfinale rausflog, begann spätestens am Ende der Saison das große Köpferollen. Zwei aber gingen schon vorher: Robinho wechselte wie zuvor erwähnt nach England – und Calderon schmiss im Jänner das Handtuch. Gar nicht so sehr wegen Erfolgslosigkeit, sondern vielmehr aufgrund anhaltender Wahlmanipulations-Gerüchte, die er später sogar bestätigte (aber trotzdem beteuerte, nichts davon gewusst zu haben)

Calderons Nachfolger wurde dessen Vorgänger: Florentino Perez stellte sich erneut zur Wahl – und gewann erneut mit dem Versprechen, die besten Spieler der Welt nach Madrid holen zu wollen. Davor mussten einige Spieler die Koffer packen, "Operacion Salida" lief mit Hochdruck, damit Geld und Kaderplätze für C. Ronaldo, Kaka, Benzema & Co da war.
Hier kann man nur mutmaßen, ob Robinho einen Platz gehabt hätte. Bei Figo hatte man zuvor schon einmal erlebt, dass Perez sehr wohl bereit war, für neue Galacticos einen alten zu opfern.
Sei's drum. Robinho jedenfalls wechselte noch vor Perez' Rückkehr und noch vor der Machtübername Barcelonas nach England. Seine Bilanz bei den Blancos: 137 Spiele, 35 Tore, 27 Vorlagen. Das lasse ich einfach mal so stehen.


Wechsel auf die Insel.

Welcher Club es in der Premier League werden würde, war eine kleine Überraschung. Erst sah es nämlich lange nach einem Wechsel zu den „Blues“ aus London aus. Chelsea-Coach Scolari wollte seinen Landsmann unbedingt, die Londoner verkauften sogar schon Trikots mit Robinhos Namenszug. Genau das schien aber seinem Noch-Arbeitgeber in Madrid sauer aufzustoßen. Umgekehrt wurde Robinho von vielen Fans Geldgeilheit vorgeworfen. Was genau der Grund war, sei dahingestellt – Róbson de Souza, wechselte schlussendlich zu den neureichen „Skyblues“ aus Manchester.

Bei seinem neuen Arbeitgeber lief es für den Brasilianer nicht wirklich besser – im Gegenteil. City war alles andere als konkurrenzfähig und gerade erst dabei, sich ein Erfolgsteam zu kaufen. Was fehlte, war ein erfahrener Leader, der den Unterschied macht. Robinho nutzte die Chance, in England zum Führungsspieler zu reifen allerdings nicht. Wieder blieb er hinter den (zu hohen?) Erwartungen. Nach 1 ½ Jahren flüchtete er für eine Halbsaison zu Ex-Klub Santos, bevor er im Sommer endgültig das Weite suchte.

Weltenbummler statt Weltfußballer.

Erst ging es nach Italien, zum AC Milan, dann erneut auf einen Abstecher nach Santos, ehe Robinho mit 31 Jahren ablösefrei zum chinesischen Club GZ Evergrande wechselte. Anschließend schnürte das ehemalige Supertalent seine Schuhe für Atletico Mineiro, bevor es ihn in die Türkei verschlug. Erst Sivasspor und dann, seit 2019, Basaksehir. Robinho kickt also tatsächlich noch. Aber „nächster Pele“ nennt ihn keiner mehr.

Aus der Hoffnung wurde Wehmut und die Frage, was wohl gewesen wäre, wenn die Dinge anders gelaufen wären. Wenn er, wie Pele, in Brasilien geblieben wäre. Wenn die Konkurrenz um Madrids Galaktische nicht so groß gewesen wäre. Wenn Robinho demütiger gewesen wäre und so weiter. Aber auch für Fußballer findet das Leben nicht im Konjunktiv statt. Schade eigentlich.

Seit letzten Sommer kickt wieder ein vielversprechender Brasilianer, der bei Santos ausgebildet wurde, für Real Madrid. Hoffen wir, dass man Rodrygo in ein paar Jahren nicht „den nächsten Robinho“ nennen wird. Am Talent soll’s auch bei ihm nicht scheitern.

Zum Abschluss sei noch gesagt: Prag ist eine wunderschöne Stadt, ein echter Genuss. Man darf sich nur nicht Paris erwarten.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Iago Blanco

Bravo! Ein richtig toll geschriebener Beitrag und thematisch mal was ganz neues. Hab mich gänzlich in dem Text verloren. Würde am Liebsten 100 mal Like drücken. Bitte mehr davon!

Bleibt zu hoffen, dass Rodrygos Karriere einen anderen Verlauf nimmt. Er wirkt zumindest sehr bodenständig und reif. Seine Arbeit auf dem Platz spiegelt das ein Stück weiter wieder. Da er noch so jung ist, kann er durch sein Umfeld noch gut erzogen werden. Die Zeiten sind jetzt auch ein Stück weit andere. Alles ist professioneller geworden.. Ein Lifestyle voll mit Partys und Co. kann sich heutzutage kaum noch ein Spieler erlauben.
 
Insegamt ein sehr starker Beitrag, danke dafür @Iago Blanco !

Eine kleine Kritik habe ich jedoch, wenn mich meine Erinnerungen nicht komplett täuschen, ist deine Timeline etwas verrutscht. Robinho ist 2008 zu City gewechselt und NICHT 2009 wie in deinem Beitrag erwähnt, damit war er nur 3 Jahre hier und nicht 4. Das ist insbesondere nicht ganz unbedeutend, weil der Wechsel noch unter Regie von Calderon stattgefunden hat. Zudem hat Robinho damit Schuster, die 2:6 Niederlage gegen Barca, Van der Vaart (kam im Sommer 2008), Huntelaar (kam im Winter 08/09), Calderons Ende und Perez Rückkehr und den darauf folgenden Galatico 2.0 Wahnsinn nicht mehr persönlich in Madrid miterlebt.

Wäre spannend zu sehen gewesen, ob Perez bei seiner Rückkehr seinem ehemaligen Galactico Schüzling noch eine Chance gegeben hätte, wenn er noch da gewesen wäre. Ausschliessen würde ich es nicht, wobei es gegen CR, Kaka, Benzy usw. sicher schwer geworden wäre und spätestens Mou hätte ihn aussortiert, da er mit dieser Art Spieler absolut nichts anfangen kann.

Insgesamt sehe ich Robinho als Paradebeispiel für mehrere Dinge, das allgemeine Chaos im Verein damals, wozu falsche/zu hohe Erwartungen führen können und, dass Talent alleine eben nicht reicht.

Robinho hat in 3 Jahren 2 Präsidenten, 4 Trainer, zig Systeme, das Ende der Galacticos, der Aufstieg Barcas und vieles Mehr. Der Präsi, der ihn wollte und sein Ur-Trainer waren beide nach einem halben Jahr nicht mehr da. Der Verein war allgemein auf einer Achterbahn Fahrt und im Chaos, es gab alternde grosse Namen und aufstrebende neue, die nicht recht zusammenpassen wollten. Du hast es angesprochen, die Stabilität mit Makalele und die erfolgreiche Führungs/Vaterfigur in Form von Del Bosque waren zu dem Zeitpunkt schon lange weg. Sich in dem Umfeld zurechtzufinden war, trotz 2 Meisterschaften, sehr schwer. Dass nur Marcelo und bis 2013 Higuain neben den Urgesteinen Casillas (bis 2015), Pepe (bis 2017) und Ramos diese chaotische Zeit langfristig überlebt haben, spricht Bände.

Die Erwartungshaltung ist halt immer so eine Sache. Ich finde es allgemein gefährlich, junge Spieler als "den neuen XY" zu bezeichnen, weil es zu falschen und/oder überzogenen Erwartungen führt und die Spieler zusätzlich enorm unter Druck setzt. Man sollte junge Spieler immer ihren eigenen Weg gehen lassen. Pele stammt aus eine komplett anderen Äre des Fussballs, die weder mit heute noch mit den 2000ern vergleichbar ist. So einen Spieler in der Konstelation wird es nie mehr geben. Vor allem bei der Technik waren sicher gewisse Parallen zu sehen, aber Robinho hätte es wohl mehr geholfen, wenn man ihn Robinho hätte sein lassen.

Und letztendlich tja, das ewige Talent, daran sind schon viele Spieler gescheitert und tun es noch immer. Bojan, Ansu, aktuell ist Dembele auf dem besten Weg dazu, die Liste kann man beliebig fortsetzen. Robinho dazu zu zählen wäre allerdings nicht ganz fair, weil er durchaus eine Zeit lang zur Weltspitze gehört hat. Das Potential war absolut da, aber letztendlich hat irgendwo der letzte Wille und Ehrgeiz dazu geführt. Der Fussball hat sich im Verlauf der Zeit in eine Richtung entwickelt, wo Talent oder auch technische Trickserein alleine halt nicht mehr ausreichen. Hätte Robinho in den 60ern oder 70ern gespielt, hätte er wohl alle in den Grund und Boden gedribbelt, aber in Zeiten von professionalisierten Fussballspielern und taktischer Disziplin bis zur Kreisliga wird es damit halt Eng. Die brasilianische Samba und "Zero to Hero" Mentalität war für die Entwicklung sicher auch nicht nur förderlich. Ich verstehe, warum die Brasilianer so sind, wenn sie von der Strasse ins Rampenlicht kommen, aber seit den 2000ernden wird es damit halt schwerer und schwerer. Robinho ist ja in guter Gesellschaft von Landsmännern, denen früher oder Später die mentale und/oder körperliche Puste durch Verletzungen ausging. Adriano, Pato, Julio Baptista, selbsr die grossen Ronaldo, Ronaldinho und Kaka. Das Gegenextrem dazu ist CR7, der nie der talentierteste Fussballer war, aber sich eine Fitness und Torinstinkt zugelegt hat, die ihn in eine eigene Liga mit Messi gehoben haben. CR ist auch mit der Zeit gegangen, hat die sinnlosen Dribblings und Flausen irgendwann aufgegeben und wurde zum Team und Führungsspieler geworden. Robinho dagegen blieb immer der kleine Dribbler, der eher neben statt auf dem Platz auffiel, auch lange nach Madrid.

Ich denke insgesamt ist Robinho einfach die berühmte falsche Zeit am falschen Ort gewesen. Sowohl Madrid als auch der Fussball befanden sich im Umbruch und er kam als talentierter, aber mit veralteter und zu lockerer Mentalität ausgestatteter Fussballer. Wäre er 5 Jahre früher oder von 5 Jahre später mit etwas mehr taktischer Finesse und Disziplin gekommen, wäre die Sache vielleicht anders verlaufen. Aber eben, hätte, hätte, Fahrradkette. Schade um einen Spieler, der zu den ganz grossen hätte gehören können, aber nie erwachsen geworden ist.

Was Rodrygo angeht, mal sehen. Er kommt zwar auch in einem Moment des Umbruchs, allerdings in ein trotzdem bei weitem stabileres Umfeld und aus einem komplett anderen Hintergund. Die weiter oben angesprochene Professionalisierung des Fussballs ist mittlerweile auch in Brasilien angekommen und zahlt sich aus, Spieler sind besser ausgebildet, taktisch versierter und demütiger. Robinho, Adriano, Ronaldo usw., wahrscheinlich sogar Neymar, der zwar der 2t beste Spieler der Welt ist auf dem Papier, aber den ganz grossen Durchbruch mit seinen Flausen bisher auch noch nicht geschaft hat, haben auch in Brasilien Spuren hinterlassen. Rodrygo und auch Vini sind demütig, trainieren gut und sind gedudig. Auch der Verein hat eine komplett andere Mentalität, man unzterstützt die Talente und gibt ihnen Zeit statt gleiche Werte auf Pele Niveau zu erwarten. Die Vorzeichen sind damit ganz anders. Wenn Rodrygo (und Vini) usw. scheitern sollten, dann wohl nicht an der Einstellung oder dem Chaos im Klub.
 
@Los_Merengues

Mea Culpa, da hab ich mich zeitlich tatsächlich vertan. Schuster hat er definitiv noch miterlebt aber er wurde noch in Calderons Ära verkauft, da hst du völlig Recht. Danke für die Aufklärung, werde es bei Gelegenheit überarbeiten! Zu meiner Verteidigung: bei so vielen Trainer- und Spielerwechseln kann man schon mal durcheinanderkommen :D
 
Zuletzt bearbeitet:
Hätte, hätte … Fußballwette.
Über Spieler, die ihr großes Potential nie ganz entfalten konnten.

Talente zu kaufen ist für große Clubs immer ein gewisses Risiko. Man weiß nie, wie sie sich entwickeln und in gewisser Weise sind diese Rohdiamanten Wetten in die Zukunft. Manchmal gewinnt man bei diesen Wetten und die Diamanten können strahlen – viel öfter passiert es aber, dass es am Ende nicht für ganz oben reicht.

In dieser Serie möchte ich einige vielversprechende „Leider nein“-Personalien Real Madrids vorstellen, die Großes hätten erreichen können.

Teil 1. Robinho – „Der nächste Pele“.

Das Paris des Ostens kann noch so schön sein – wenn man in Prag ist und sich die Stadt der Liebe erwartet, wird man womöglich enttäuscht sein. Deswegen sind Vergleiche, die so enorm hohe Erwartungen schüren, oft kontraproduktiv.

Santos‘ neuer Star.

Auch Róbson de Souza, genannt Robinho, hat es sicher nicht geholfen, dass ihn alle den nächsten Pele nannten. Es macht den Druck nicht gerade kleiner, mit einem der Allzeitgrößen vergleichen zu werden. Aber wenn beim FC Santos (natürlich der Club, bei dem auch Pele spielte) ein junger Bursche mit spektakulären Dribblings, schnellem Antritt und Toren auf sich Aufmerksam macht, stürzen sich Fans und Medien natürlich auf die Hoffnung, dass aus dem Jungen ein großer Star wird. Und wenn man dem Linksaußen beim Kicken zugesehen hat, kam man vermutlich in Versuchung, die Lobeshymnen mitzusingen:


Vermutlich ging es so auch den Scouts und Verantwortlichen von Real Madrid, die im jungen Brasilianer den nächsten Galactico sahen – und schließlich 2005 den Zuschlag erhielten. Heute vergleichsweise lächerlich wirkende 25 Mio Euro legte Perez damals auf den Tisch. Damals noch recht viel Geld für einen so jungen Spieler.

Einer von vielen.

Wo am Rasen Robinho auflaufen würde, das musste sich schon der damalige Trainer (wer weiß es, ohne nachzuschauen?) überlegen. Nur zur Erinnerung, die Konkurrenten um die Offensiv-Positionen hießen: Ronaldo, Raul, Zidane, Beckham, Guti. Und das waren nur die größten Namen. Das neue Sternchen am Fußballhimmel sollte aber natürlich spielen, darum musste Landsmann und Trainer Vanderlei Luxemburgo schlichtweg Platz machen. „Glücklicherweise“ schob R. Madrid mit Luis Figo ausgerechnet den „Ur-Galactico“ zu Inter Mailand ab, sonst wäre Perez‘ neuer Liebling wohl volley auf der Bank gelandet. So aber ergatterte der Angreifer, trotz wechselnden Systemen, einen Fixplatz in der Startelf:

Man sah Robinho dabei vorwiegend in zwei Systemen:

1) In einem 4-2-3-1/4-2-2-2 am Flügel – dabei wechselte seine Position je nach Mitspieler:

-----------------------Ronaldo---------------------------------------

---------Zidane---------------Raul----------------------- Robinho

--------------------P. Garcia---------Beckham----------------------



-----------------------------Raul------------------------------------------

-----Robinho--------------Zidane-------------------------Beckham

--------------------P. Garcia------Guti---------------------------------


2) Sowie im Doppelsturm, wenn man mit Mittelfeldraute auflief:

-----------------Robinho------Raul/Ronaldo-----------------

----------------------------Zidane---------------------------------

-----------------Guti------------------Beckham------------------

----------------------P. Garcia/Gravesen-----------------------


Mehr Sternschnuppe als Galaktischer.


Doch trotz regelmäßigem Platz in der Startelf lief es für Robinho nicht sonderlich. Seine Bilanz unter Luxemburgo: 10 Startelfeinsätze (von möglichen 14), 3 Tore, 2 Vorlagen. Nicht übel aber auch nicht außergewöhnlich.

Dass es hätte besser laufen können, lag natürlich auch an den Umständen. Das Team war schlichtweg kein Team, sondern eine individuelle Ansammlung von großen Namen. Es fehlte die Balance (Makelele war zu dem Zeitpunkt schon bei Chelsea), es fehlte mit Del Bosque die ruhige, pragmatische Vaterfigur – und es fehlte an Kontinuität: Luxemburgo musste schon im Winter die Koffer packen, auf ihn folgte (wer weiß es, ohne nachzusehen?) Interimstrainer López Caro. Die Rahmenbedingungen, um beim größten Club der Welt zu brillieren, hätten mit Sicherheit besser sein können.

Trotzdem wirst du als Spieler am Ende des Tages natürlich an den Leistungen gemessen – und die waren auch in den 7 Monaten unter Lopez Caro ausbaufähig. Nicht falsch verstehen: Robinho hatte immer wieder guter Matches und lies sein Talent definitiv durchblitzen. Aber die Erwartungshaltung war eine andere, eine viel größere.

Obwohl er auch unter Luxemburgos Nachfolger einen Stammplatz hatte (als LA/LM im 4-2-3-1), schaute wenig Zählbares dabei raus. Am Ende der Saison standen Robinho in 33 Spielen 4 Tore und 7 Vorlagen zu buche. Galaktisch liest sich das nicht.

Apropos: Jener Sommer sollte das Ende von Florentino Perez‘ erster Galactico-Ära markieren. Mit Zidane beendete der größte von allen seine Club-Karriere. Und Perez selbst nahm bereits im Februar seinen Hut.

Neue Führung, neue Gesichter.

Neuer Präsident wurde Ramon Calderon, unter dem Perez‘ übriggebliebene Galaktische einen schweren Stand hatten. Passend dazu wurde von Neo-Sportdirektor Mijatovic ein Disziplinfanatiker auf die Trainerbank beordert:

Fabio Capello wurde nicht nur geholt, um für mehr defensive Stabilität zu sorgen, sondern vor allem, um die Meisterschaft zu gewinnen und die Sonderstellung einiger Spieler zu durchbrechen. Erfolg musste her und dafür krempelte man (natürlich) den Kader um. Mit anderen Worten: Robinho musste sich den Platz neu erkämpfen – und das unter neuen Umständen sowie einem Coach, der nicht gerade dafür bekannt war, auf „Joga Bonito“ zu setzen.

Der Italiener setzte in Madrid vorerst auf einen Doppelsturm. Zum Leidweisen Robinhos bestand der aber etatmäßig aus Raul und Neuzugang Ruud Van Nistelrooy. Im LM war Strategie Guti gesetzt, auf der anderen Flanke wirbelte Flügelspieler Jose Antonio Reyes, der von Arsenal ausgeliehen wurde und im Titelkampf noch eine entscheidende Rolle innehaben sollte. Abräumer Emerson und M. Diarra komplettierten das Mittelfeld.

Nach 6 Pflichtspielen (5 Siege, 1 Niederlage) durfte Robinho das erste Mal von Beginn an ran – ausgerechnet im Clasico. Für den Dribbletechniker ergab sich so eine große Chance. Nicht nur, dass er startete, er durfte im 4-2-3-1 auch auf „seiner“ linken Seite ran. Die Blancos gewannen das Spiel und Robinho spielte nicht nur durch, sondern steuerte auch den Assist zum spielentscheidenden 2-0 bei.

Doch was eine Trendwende hätte sein können, blieb ein statistischer Ausreißer. Der Brasilianer brachte es zwar auf 32 Liga-Spiele, kam dabei aber selten über die Rolle als Joker hinaus. Darüber hinaus „musste“ er gegen Saisonende sogar im OM auflaufen, eine Position, die ihm trotz Rückennummer 10 sicher nicht entgegenkam. In seiner zweiten Spielzeit kam er so nur auf 8 Tore und 6 Vorlagen – wettbewerbsübergreifend. Die Helden der Saison waren andere. Ruud Van Nistelrooy, Winterneuzugang Higuain (übrigens für Robinho eingewechselt) … und natürlich der vorhin erwähnte Reyes (R.I.P), der im Herzschlagfinale gegen Mallorca zwei Tore und Madrid damit zur Meisterschaft schoss.

Durchbruch im dritten Jahr?


3. Jahr bei Real Madrid, 3. Trainer bei Real Madrid. Zu sagen, Robinho durchlebte eine turbulente Zeit, wäre noch untertrieben gewesen. Capello erfüllte zwar das Ziel Meisterschaft, aber so richtig funken wollte es sich nicht zwischen dem Italiener und Madrid, also wurde er (schon zum zweiten Mal) nach einer Saison entlassen. Auf ihn folgte Bernd Schuster, der wieder offensiveren Fußball und das Festhalten an den Vereinslegenden Raul und Guti versprach.

Für Robinho sollte sich der Trainerwechsel auszahlen, denn der Deutsche vertraute dem mittlerweile 23-Jährigen eher als sein Vorgänger, was auch daran lag, dass die neue Konkurrenz um Robben und Co noch Anpassungsprobleme hatte. Meist durfte Madrids Nummer 10 dabei in einem 4-4-2 als nomineller rechter Mittelfeldspieler ran, wobei er in Wahrheit eher RA:


---------Van Nistelrooy-------Raul------------------

------------------------------------------------Robinho

------Sneijder ------------------------------------------

---------------------------------Guti----------------------

------------------M. Diarra------------------------------


Schuster gab den Spielern generell viele Freiheiten und vertraute dabei nicht auf große Taktikkniffe, sondern setzte auf die individuelle Klasse seiner Spieler – die diese aber zu Beginn der Saison nicht durchwegs abrufen konnten. Verlass war jedoch vor allem auf Dauerbrenner Raul. Drenthe, Gago und Sneijder zeigten durchwachsene Leistungen und der dritte holländische Neuzugang, Arjen Robben, war vor allem zu Beginn hauptsächlich verletzt. Eigentlich DIE Chance für Robinho – doch auch der Flügelstürmer hinkte, wieder einmal, seinem Anspruch hinterher. An Chancen, sich zu beweisen, mangelte es jedenfalls nicht.

Woran lag es, dass er in Madrid einfach nicht dauerhaft liefern konnte? Tja, man munkelte, dass er schlichtweg nicht 100% bei der Sache war. Es schien nicht am Können zu scheitern, sondern am unbedingten Willen. Im Gegensatz zum großen Talent wurden ihm Trainingseifer und Aufopferung sichtlich nicht in die Wiege gelegt. Zwar muss man Gerüchte zu Partynächten und fehlendem Trainingseifer mit Vorsicht genießen – aber wenn sie sich über drei Jahre und unter drei verschiedenen Trainern hartnäckig halten, wird wohl zumindest ein Funken Wahrheit darin stecken. Wenn du der Beste der Welt werden willst – und das Vorhaben hat er in Interviews immer wieder bestätigt – reicht Talent alleine einfach nicht. Da half auch das Versprechen nichts, dass er mit der Geburt seines Sohnes im Dezember erwachsener und fokussierter werden wolle. Denn – Spoiler – es sollte sich wenig an seinem Spiel ändern. Ein Dribbling hier, ein Übersteiger da. Auf Dauer war das nicht nur ineffizient, sondern schlichtweg zu wenig für einen Kicker mit seinem Potential.

Trotz zwischenzeitlicher Krisenstimmung und frühzeitigem Achtelfinal-Aus den Cup-Bewerben, spielte Madrid eine souveräne La Liga-Saison. Am Ende wurden die Merengues sogar vorzeitig Meister. Das höchste der Gefühle: Rivale Barça musste beim „Pasillo“ Spalier stehen!

Der Brasilianer durfte nicht nur die nationalen Erfolge mitfeiern, sondern spielte auch seine statistisch gesehen beste Saison in Madrid: 42 Einsätze, 15 Tore, 12 Vorlagen. Keine Weltfußballer-Zahlen aber respektabel – und eben immer (noch) besser als jene der internen Konkurrenz am Flügel.

Bruch statt Durchbruch.

Würde sich Robinho nun in der folgenden Spielzeit endlich zu dem Spieler entwickeln, den man in Madrid die ganze Zeit über sehen wollte? Würde er alle Zweifeler und kritischen Stimmen verstummen lassen und am Flügel auch dauerhaft galaktische Leistungen zeigen?
Die kurze und ernüchternde Antwort ist: nein. Denn Robinho wurde Last Minute nach England verkauft. Böse Zungen könnten behaupten, er ist zur rechten Zeit geflüchtet, denn für Madrid wurde es nicht besser, sondern erst einmal noch viel schlimmer:

Gegen einen immer stärker werdenden Erzrivalen hatte die Truppe von Bernd Schuster wenig Chance. Der Deutsche musste schließlich im Winter seinen Stuhl räumen, auf ihn folgte Juande Ramos. Doch auch unter dem Spanier änderten sich die neuen Kräfteverhältnisse in La Liga nicht. Im Gegenteil. Im Rückspiel-Clasico wurde Real Madrid von einem der besten Teams aller Zeiten 2:6 abgeschossen. In Worten: zwei zu sechs. Im Bernabeu! Ein Ergebnis, das heute noch weh tut. (Sorry fürs Erinnern!)

Barcelona sicherte sich nach 38 Spieltagn mit 10 (!) Punkten Vorsprung den Ligatitel. Barça die Liga dominieren zu sehen, war ein bitterer Rückschlag für die Blancos, der in den darauffolgenden Jahren leider zur Gewohnheit wurde. Und nachdem man in jener Zeit auch internationals nicht reüssieren konnte und schon wieder im Achtelfinale rausflog, begann spätestens am Ende der Saison das große Köpferollen. Zwei aber gingen schon vorher: Robinho wechselte wie zuvor erwähnt nach England – und Calderon schmiss im Jänner das Handtuch. Gar nicht so sehr wegen Erfolgslosigkeit, sondern vielmehr aufgrund anhaltender Wahlmanipulations-Gerüchte, die er später sogar bestätigte (aber trotzdem beteuerte, nichts davon gewusst zu haben)

Calderons Nachfolger wurde dessen Vorgänger: Florentino Perez stellte sich erneut zur Wahl – und gewann erneut mit dem Versprechen, die besten Spieler der Welt nach Madrid holen zu wollen. Davor mussten einige Spieler die Koffer packen, "Operacion Salida" lief mit Hochdruck, damit Geld und Kaderplätze für C. Ronaldo, Kaka, Benzema & Co da war.
Hier kann man nur mutmaßen, ob Robinho einen Platz gehabt hätte. Bei Figo hatte man zuvor schon einmal erlebt, dass Perez sehr wohl bereit war, für neue Galacticos einen alten zu opfern.
Sei's drum. Robinho jedenfalls wechselte noch vor Perez' Rückkehr und noch vor der Machtübername Barcelonas nach England. Seine Bilanz bei den Blancos: 137 Spiele, 35 Tore, 27 Vorlagen. Das lasse ich einfach mal so stehen.


Wechsel auf die Insel.

Welcher Club es in der Premier League werden würde, war eine kleine Überraschung. Erst sah es nämlich lange nach einem Wechsel zu den „Blues“ aus London aus. Chelsea-Coach Scolari wollte seinen Landsmann unbedingt, die Londoner verkauften sogar schon Trikots mit Robinhos Namenszug. Genau das schien aber seinem Noch-Arbeitgeber in Madrid sauer aufzustoßen. Umgekehrt wurde Robinho von vielen Fans Geldgeilheit vorgeworfen. Was genau der Grund war, sei dahingestellt – Róbson de Souza, wechselte schlussendlich zu den neureichen „Skyblues“ aus Manchester.

Bei seinem neuen Arbeitgeber lief es für den Brasilianer nicht wirklich besser – im Gegenteil. City war alles andere als konkurrenzfähig und gerade erst dabei, sich ein Erfolgsteam zu kaufen. Was fehlte, war ein erfahrener Leader, der den Unterschied macht. Robinho nutzte die Chance, in England zum Führungsspieler zu reifen allerdings nicht. Wieder blieb er hinter den (zu hohen?) Erwartungen. Nach 1 ½ Jahren flüchtete er für eine Halbsaison zu Ex-Klub Santos, bevor er im Sommer endgültig das Weite suchte.

Weltenbummler statt Weltfußballer.

Erst ging es nach Italien, zum AC Milan, dann erneut auf einen Abstecher nach Santos, ehe Robinho mit 31 Jahren ablösefrei zum chinesischen Club GZ Evergrande wechselte. Anschließend schnürte das ehemalige Supertalent seine Schuhe für Atletico Mineiro, bevor es ihn in die Türkei verschlug. Erst Sivasspor und dann, seit 2019, Basaksehir. Robinho kickt also tatsächlich noch. Aber „nächster Pele“ nennt ihn keiner mehr.

Aus der Hoffnung wurde Wehmut und die Frage, was wohl gewesen wäre, wenn die Dinge anders gelaufen wären. Wenn er, wie Pele, in Brasilien geblieben wäre. Wenn die Konkurrenz um Madrids Galaktische nicht so groß gewesen wäre. Wenn Robinho demütiger gewesen wäre und so weiter. Aber auch für Fußballer findet das Leben nicht im Konjunktiv statt. Schade eigentlich.

Seit letzten Sommer kickt wieder ein vielversprechender Brasilianer, der bei Santos ausgebildet wurde, für Real Madrid. Hoffen wir, dass man Rodrygo in ein paar Jahren nicht „den nächsten Robinho“ nennen wird. Am Talent soll’s auch bei ihm nicht scheitern.

Zum Abschluss sei noch gesagt: Prag ist eine wunderschöne Stadt, ein echter Genuss. Man darf sich nur nicht Paris erwarten.

Intressanter Artikel. Wirst du im Jahr 2025 einen ähnlichen Text über seine Nachfolger und unsere aktuellen "Mega-Talente" Vinicius, Rodrygo und Reinier verfassen?
 

Heutige Geburtstage

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