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Cristiano, der Besessene – „Schon mit 14 galt er als Außerirdischer“

Sporting Lissabon, Manchester United, Real Madrid. Meister, Pokalsieger, Champions-League-Sieger, Weltfußballer. Was sich nach Träumereien längst vergangener Bolzplatzzeiten anhört, beschreibt die bisherige Karriere des Cristiano Ronaldo. Aus ärmlichsten Verhältnissen stammend, stieg der kleine Junge aus Madeira zu einem der besten Fußballer des Planeten auf. In den Augen seines Entdeckers Aurelio Pereira ist dies das Resultat von großem Talent, gepaart mit einem unvergleichlichen Arbeitsethos und einer grandiosen Berufsauffassung. Die Geschichte eines Besessenen.

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Cristiano Ronaldo
Der Erfolgshunger in Person: Cristiano Ronaldo

„Am zweiten Tag wollten alle in seinem Team spielen“

LISSABON/MADRID. Alles fing bei einem Amateurklub namens CF Andorinha an. Für den Dorfverein, bei dem sein Vater als Zeugwart tätig war, schnürte der achtjährige Cristiano Ronaldo dos Santos Aveiro erstmals seine Fußballschuhe und sorgte fortan für Furore. Nach der Zwischenstation Nacional Funchal ging es zu Sporting Lissabon. Dort sah sich der schüchterne Jungspund anfänglichen Anpassungsproblemen ausgesetzt. Getrennt von der Familie war das Heimweh groß. Dazu gesellten sich Akzeptanzprobleme. In dieser Situation trat das erste Mal einer der charakteristischen Wesenszüge des Portugiesen hervor: Widerstände und Krisen zu überwinden und gestärkt aus ihnen hervorzugehen. Im Interview mit der spanischen Sportzeitung AS beschrieb der einstige Jugendförderer Ronaldos und Leiter der Sportschule von Sporting, Alberto Pereira, die besondere Mentalität seines ehemaligen Schützlings: „Die Qualität, die meine Aufmerksamkeit am meisten hervorrief, hatte mit seiner Fähigkeit zu tun, alle Schwierigkeiten, die sich ihm auf dem Feld präsentierten, zu meistern. Cristiano ist es seit seiner Kindheit gewohnt, Hindernisse zu überwinden. Mit elf Jahren kam er zu Sporting und ließ seine Familie und seine Freunde zurück, ohne Madeira vorher jemals verlassen zu haben.“

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Dass hinter dem von der „Perle des Atlantiks“ stammenden Jungspund ein überragender Fußballer steckte, blieb weder seinen Trainern noch seinen Mitspielern lange verborgen. „Am zweiten Tag des Probetrainings wollten schon alle anderen Kinder mit ihm in einem Team spielen. Sein Talent war nicht zu übersehen. Keiner zweifelte an einer großen Karriere dieses Spielers“, so der Scout. Allen voran bei seinen Teamkollegen hinterließ der Flügelstürmer großen Eindruck: „Mit 14 Jahren sprachen die Kinder davon, dass ein Außerirdischer gelandet sei. Die Geschwindigkeit, mit der er die Dribblings ausführte; wie er mit beiden Füßen seine Aktionen abschloss; die Technik, die er mit dem Ball am Fuß zeigte und das Vertrauen, das er bei seinen Kollegen hervorrief, ihm den Ball zu überlassen, waren sein größten Qualitäten. Es stellte sich heraus, dass wir über jemand Besonderen sprachen. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, wie weit es reichen würde.“

Der Musterprofi, der sich nie ausruht

[dataset id=25]Es reichte bis an die Spitze. Dorthin, wo nur wenige hingelangen.  Der Weg zum Fußballprofi ist bekanntlich ein steiniger. Für diesen Traum bedarf es neben Begabung auch Ehrgeiz und Wille. „Talent ist nicht alles. Viele hatten nicht die Hingabe, die Cristiano besitzt. Schon damals blieb er immer ein bisschen länger auf dem Trainingsplatz oder im Fitnessstudio, um sich zu verbessern. Er arbeitete von klein auf hart“, schwärmte der Nachwuchstrainer.

Neben seiner Akribie und Siegermentalität ist Ronaldos Karriere von unheimlicher Konstanz gekennzeichnet. Jahr für Jahr liefert der Torjäger neue Rekorde und übertrifft seine Zahlen aus dem Vorjahr. In bisher 246 Einsätzen für die Königlichen erzielte der 29-Jährige 253 Treffer, eine sagenhafte Quote von 1,03 Toren pro Spiel. Nur noch 69 Tore fehlen ihm, um in der ewigen Torjägerliste Reals zum legendären Raúl González Blanco aufzuschließen. Dafür trainiert der Modellathlet wie ein Besessener. „Das Wichtigste ist, dass er immer vorbereitet ist, um gut zu spielen. Es gibt viele Profis, die manchmal nicht vorbereitet sind. Einerseits, weil sie ihren Beruf nicht bedingungslos lieben oder andererseits, weil ihre Gewohnheiten nicht mit dem Beruf zusammenpassen. Cristiano ist immer bereit und gibt in jeder Trainingseinheit alles. Und wenn man dies im Training tut, ist man auch fähig, in jedem Spiel volle Leistung zu bringen. Er schafft es, sein Niveau, das er seit fünf, sechs Jahren an den Tag legt, beizubehalten. Denken sie an all die Spieler, die zu Beginn fabelhaft waren und mit 23 oder 24 plötzlich von der Bildfläche verschwanden. Außerdem versteht er, dass weder Siege noch Niederlagen ewig währen. Er ruht sich nicht aus. Für ihn fängt nach einer Partie alles bei null an“, erklärte Pereira.

Gegen alle Widerstände

Sowohl mit Manchester United als auch mit Real Madrid gewann CR7 bis heute die Meisterschaft, den Pokal und die Champions League. Zweimal zeichnete ihn die FIFA mit dem Weltfußballer-Titel aus. Und trotz allem gab es immer wieder Zweifel am Torschützenkönig der letzten La-Liga-Saison (31 Treffer). Zweifel, die er auf dem Platz immer wieder zunichte machte. Als er im zarten Alter von 18 Jahren von Lissabon nach England wechselte, trat der Linksaußen bereits in gigantische Fußstapfen. „Als er nach Manchester kam, war er noch sehr jung. Er kam in dieses mystische Stadion mit dem Trikot mit der 7 von (David) Beckham und (Eric) Cantona, doch er meisterte die Herausforderung“, so Pereira stolz.

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Aber nicht nur zu Beginn seiner Zeit im Mutterland des Fußballs war der Gegenwind groß, insbesondere nach der WM 2006 in Deutschland begegnete der Superstar einer verzwickten Situation. Beim Aufeinandertreffen zwischen England und Portugal forderte Ronaldo mit Erfolg eine Rote Karte für seinen damaligen Vereinskollegen Wayne Rooney und machte sich damit zum Staatsfeind Nummer eins auf der Insel. Der Druck von Seiten der Medien war extrem. Doch wieder einmal lieferte der gescholtene Angreifer eine eindrucksvolle Antwort und spielte eine starke Saison. 2008 belohnte ihn die FIFA mit seinem ersten Ballon d’Or.

Cristiano will sich immer und überall beweisen im Leben

Nach dem historischen Rekordtransfer für 94 Millionen Euro zu den Merengues im Sommer 2009 waren sie allerdings wieder da: die Zweifler, die Gegner. Die hohe Ablöse und die europäische Durststrecke der Madrilenen setzte die neue Galionsfigur unter Druck. Würde der Portugiese all dem gerecht werden? Mit dem Laufe der Zeit beantwortete sich diese Frage von selbst. Erneut schaffte es der Freistoßspezialist, seine Kritiker zum Schweigen zu bringen. „Als er nach Madrid kam, glaubten wenige, dass er triumphieren würde. Aber Cristiano machte weiter und behauptete sich. Er will sich immer und überall beweisen im Leben“, weiß Pereira.

Der neue Di Stéfano?

Der Junge aus Madeira hat es allen gezeigt. Mit einer fabulösen Champions-League-Saison mit 17 Treffern führte er Real zu „la Décima“ und erlöste den Madridismo von einer zwölf Jahre andauernden Besessenheit. Am letzten Dienstag folgte im UEFA Super Cup ein weiterer imposanter Auftritt des Superstars, der zeigte: Ronaldo ist unantastbar. Sein Trainer aus Jugendtagen stellt ihn sogar auf eine Stufe mit Reals Vereinslegende schlechthin: Alfredo Di Stéfano. „Cristiano erinnert mich an Di Stéfano. Di Stéfano nutzte das gesamte Spielfeld und Cristiano hat sich ebenfalls zu einem Spieler entwickelt, der das ganze Feld nutzt. Er ist nicht mehr jener Fußballer, der in Manchester an der Linie klebte. Und ähnlich wie Di Stéfano erzielt er Tore jeglicher Art. Die Ähnlichkeit zwischen beiden ist sehr groß.“ Eines ist für Pereira ohnehin sicher: Der Torjäger wird als einer der ganz Großen in die Annalen eingehen. „Er wird als einer der Größten der Historie gelten. Er wird einer sein, den man nie vergisst. Er ist schon jetzt unsterblich.“ Dafür wird er arbeiten. Wie ein Besessener. Jeden Tag. Egal, wie groß die Widerstände sind.

https://www.youtube.com/watch?v=1czrMUMOICM

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

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