
Geschäfte mit Tottenham wecken keine guten Erinnerungen
MADRID/LONDON. Florentino Pérez nahm am Donnerstagmittag wie ein Häufchen Elend neben Zinédine Zidane Platz, die Bestürzung und der Frust standen dem Präsidenten von Real Madrid mehr denn je ins Gesicht geschrieben. Kein Wunder, denn zum einen musste er seinen Lieblingstrainer, den König des legendären Champions-League-Triples, aus heiterem Himmel ziehen lassen. Und zum anderen graute es ihm offenbar schon davor, in Kürze die Nummer von Daniel Levy zu wählen. Die Nummer, die er seit September 2013 nie wieder wählen wollte.

Damals, so heißt es, soll sich Pérez geschworen haben, jedem Gespräch mit Tottenham Hotspur aus dem Weg zu gehen. 2012 hatte er erst Luka Modrić nach langem Tauziehen nach Madrid locken können, ehe er zwölf Monate später Gareth Bale für eine mittlerweile überbotene Rekordsumme von 101 Millionen Euro am letzten Tag der Transferperiode verpflichtete. Levy, der „Chairman“ des Londoner Traditionsklubs, spielte dabei eine entscheidende Rolle. Zunächst weigerte er sich wochenlang, mit Pérez zu sprechen. Dann trat er als selbstbewusster, nervenaufreibender, fast schon arroganter Verhandlungspartner auf. Natürlich mit dem Ziel, seinen Klub zu verteidigen. Ohne Rücksicht auf mögliche wirtschaftliche Gewinne. Anderenfalls würden Stars wie Harry Kane oder Dele Alli jetzt schon bei den schwerreichen Klubs aus Manchester spielen.
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Levy verkauft aber keine tragenden Säulen an direkte Konkurrenten. Dass Modrić und Bale in Madrid landeten, lag nur daran, dass beide Spieler streikten und ihren Boss anflehten, ihnen ihre Kindheitsträume zu erfüllen. Anders hätte Pérez wohl kaum eine Chance gehabt, sich den Mittelfeldspieler und den Stürmer zu sichern. Deshalb soll es bei einem finalen, klärenden Gespräch zu einem „Gentleman’s Agreement“ zwischen ihm und Levy gekommen sein. Der spanische Baulöwe habe dem britischen Geschäftsmann hoch und heilig versprochen, ihm in Zukunft niemanden mehr weg zu kaufen.
Bericht: Pochettino will schnell Klarheit
Fünf Jahre später muss Pérez dieses Versprechen unfreiwillig brechen. Ihm bleibt nichts anderes übrig, denn der einzige logische Kandidat auf Zidanes Nachfolge trägt den Namen Mauricio Pochettino. Blöd nur aus Real-Sicht, dass Tottenhams Erfolgscoach vor weniger als zwei Wochen seinen Vertrag bis 2023 verlängerte. In dem Glauben, der Trainerstuhl in Madrid bleibe noch viele Jahre besetzt. Und, entgegen einigen Medienberichten, ohne eine Klausel, die ihm einen vorzeitigen Wechsel zu Real erlaubt.
Deshalb dämpfte der 46 Jahre alte Argentinier auf einer Veranstaltung in Barcelona am Freitag die Euphorie vieler Madridistas und unterstrich, dass Levy alle Züge in der Hand halte. Wie das spanische Sportblatt MARCA kurz darauf vermeldete, würde der frühere Coach von Espanyol Barcelona gerne noch in der nächsten Woche Klarheit haben. Er schätze das Projekt von Tottenham, er liebe seine Spieler – aber er wisse eben auch, dass der Zug nach Madrid nur einmal hält. Aus diesem Grund vermied er offenbar auch ein Bekenntnis zum Tabellendritten der abgelaufenen Premier-League-Saison.
„Das Leben bringt dir unerwartete Umstände. Man weiß nie, was morgen passiert. Das Wichtigste ist, die Gegenwart zu genießen. Ich lebe in der Gegenwart, es gibt nichts Wichtigeres als das. Was sein muss, wird sein“, lauteten seine kryptischen Worte. Worte, in die nur Pérez und Levy Klarheit bringen können.
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