Interview

„Briten reisen schlecht“ – Valdano skeptisch gegenüber Bale

„Der Fußball als Schule für das Leben“ – so lautet der Untertitel des neuen Buches von Jorge Valdano. Der einstige Spieler, Trainer und Generaldirektor von Real Madrid ist bekannt als Feingeist des spanischen Fußballs. Dass er aber nicht mehr wirklich durch die „weiße Brille“ schaut, seitdem er von José Mourinho um sein Amt bei den Blancos gebracht wurde, wurde auch im Interview klar, das er im Zuge seiner Buchvorstellung gab. Trotzdem lobte er Cristiano Ronaldo in höchsten Tönen und rief gleichzeitig zu Geduld auf – sowohl im Hinblick auf den durchwachsen Saisonstart, als auch auf Zweifel in Bezug auf einige Spieler der Königlichen.

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Spricht mal wieder Klartext: Jorge Valdano
Glaubt, dass Gareth Bale es in Madrid nicht leicht haben wird: Jorge Valdano

„Raúl ging ständig über Grenzen“

MADRID. Wenn man von Vereinslegenden bei Real Madrid spricht, fällt der Name Jorge Valdano nicht unbedingt zuerst. Zwar war der einstige argentinische Nationalspieler selbst drei Jahre in den 80er-Jahren für die Blancos auf der Jagd nach Toren, doch erreichte er dabei keine Zahlen, wie derzeit eine neue, lebende Legende. Die Rede ist von Cristiano Ronaldo, dem Valdano sein erstes Statement widmete: „Cristiano Ronaldo ist das beste Beispiel für Professionalität, Perfektion und Motivation.“ Wie selbstverständlich muss jedoch der Vergleich zu Lionel Messi gezogen werden, wobei Valdano meinte, dass „Messi viel mehr auf seine Eltern fixiert“ sei „als es Cristiano ist, aber Cristiano versucht jedes Jahr besser zu sein und dafür arbeitet er auch sehr hart.“ Vergleichen möchte ihn der 58-Jährige aber ohnehin mit einer der größten Ikonen in der spanischen Hauptstadt, nämlich dem heutigen Ehrenpräsidenten von Real Madrid. „Man muss anerkennen, welch ein Vorbild er ist und über seinen Fußball muss man nicht reden“, lobte der Argentinier weiter den portugiesischen Superstar. „Ein Spieler wie er, der im Jahr 70 Tore für Real Madrid schießt, muss sich maximal mit einem Alfredo Di Stefano messen… oder mit einem Raúl aufgrund seiner Bedeutung.“

Bei den Stichworten Legende und Raúl, durfte dann aber natürlich auch ein Kommentar zu „el Siete“ nicht fehlen. „Raúl ist ein Beispiel für die perfekte Mentalität. Auch wenn er technisch nicht der Beste war, hat immer seine Einstellung gestimmt. Ich habe gesehen, wie er gekämpft hat und völlig platt nach einem Spiel auf dem Sofa lag, weil er wieder einmal die Grenzen des physisch Möglichen überschritten hat“, erinnerte er sich an die Art und Weise, wie Raúl an der Concha Espina zur Ikone avancierte. Attribute, die denen von CR7 doch sehr ähnlich erscheinen. Gerade über den Mensch Ronaldo möchte der frühere Stürmer ohnehin kein schlechtes Wort über ihn verlieren: „Ich persönlich habe ihn als einen tollem Menschen kennengelernt und er muss sich keine Gedanken darüber machen, was die anderen Menschen über ihn denken. Er ist eine ausgezeichnete Persönlichkeit und ein außerordentlicher Fußballer.“

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„Bales Preis ist vom Markt bestimmt“

So ist es auch kein Wunder, wie Valdano zur Vertragsverlängerung zwischen dem Superstar und dem besten Verein des 20. Jahrhunderts steht. „Das Beste, was Madrid in den letzten fünf Jahren gemacht hat, ist die Vertragsverlängerung mit Ronaldo“, lautete seine kurze aber prägnante Meinung. „Er ist in diesen Momenten die Versicherung für Real Madrid.“ Bezahlt gemacht haben sich die 94 Millionen Euro Ablöse, die man 2009 für den portugiesischen Nationalspieler bezahlte, bereits mehrfach. Beweisen muss sich hingegen aber erst noch Gareth Bale, dessen „Preis vom Markt bestimmt“ gewesen sei.  „Es muss sich nun herausstellen, da ein Spieler wie Ronaldo 90 Millionen gekostet hat, was ein Spieler zeigen muss, der 100 Millionen Euro wert ist. Sie sind in einer anderen Kategorie. Er ist ein großer Spieler, aber man muss sehen, dass sich der Preis auch in Erfolge ummünzen kann. Er ist jedoch Brite und Briten reisen schlecht, wie es heißt“, so ein skeptischer Valdano.

Ein exzellenter Spieler, jedoch wollen ihn die Menschen als guten Torschützen sehen Jorge Valdano über Karim Benzema

Während Ronaldo auch zu Beginn dieser Situation Tore schießt wie am Fließband, lässt diese Ausbeute bei Karim Benzema noch zu wünschen übrig. „Benzema ist ein sehr guter Spieler, aber die Menschen wollen ihn als sehr guten Torschützen sehen. Das gehört zusammen. Er ist eine Nummer 9 und soll Vorlagen verwerten, jedoch mag er es lieber, diese zu geben und das gefällt vielen Menschen nicht“, erklärte Valdano, weshalb viele bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison heftige Kritik am Franzosen üben. „Er muss sich an den Zahlen messen lassen. Das Publikum fordert viel von einem Neuner und sie fordern Tore. Wenn diese nicht fallen, wirst du auf Widerstand stoßen. Trotzdem ist er meiner Meinung nach ein exzellenter Spieler.“ 

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„Es entsteht Unsicherheit, das ist das Problem in Madrid“

Nicht wenige Fans fordern also, den jungen Stürmern mehr Chancen zu bieten. Beim Last-Minute-Sieg am vergangenen Wochenende gegen Levante konnte Álvaro Morata zeigen, dass er auch unter Druck Tore schießen kann. „Wenn man morgen gegen den FC Bayern München spielen müsste, wäre ein Benzema einfach besser vorbereitet als ein Morata. Möglicherweise ist dann in sechs Monaten anders und er kann eine echte Alternative sein“, erklärte der Buchautor, warum Benzema aktuell noch den Vorzug erhält.

Zum Abschluss der Stellungnahme sollte dann aber auch die allgemeine Situation der Merengues in aller Kürze beleuchtet werden. Während man in der Liga der Spitze hinterherhinkt, sieht es in der Champions League sehr gut aus. „Das Problem ist die Ungeduld, denn es liegt eine Saison mit 100 Punkten zurück, jedoch ist es eine starke Mannschaft mit einem Trainer, der weiß wie er mit ihr umzugehen hat“, zeigte sich Valdano zuversichtlich. „Es ist noch der Anfang, wobei es ein Prozess des Suchens ist, was ganz normal ist. Die Gegner verbessern sich jedoch auch, weshalb viele etwas verängstigt sind. Es entsteht Unsicherheit und dieses Problem gibt es immer bei Real Madrid, wenn es nicht perfekt läuft. Damit muss man aber umgehen, denn so ist es bei diesem Verein nunmal.“

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von
Marcel Hildmann

Sportjournalismus-Student, der seit dem CL-Sieg 2002 im Bann der Königlichen steht und seit vielen Jahren im World Wide Web sein redaktionelles Unwesen treibt. Aus Leidenschaft wird nun Beruf – REALTOTAL ist dafür die perfekte Plattform.

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