Kommentar

Das Bernabéu verliert seine Optik? Schwachsinn!

400 Millionen Euro teuer, doch ist es eher die Optik, die Real Madrids Anhängerschaft zu den Bernabéu-Umbauplänen spaltet. Die Tradition ginge verloren, heißt es, was jedoch völlig falsch ist, wenn man sich die Entwicklung des Madrider Fußballtempels seit der Eröffnung 1947 genauer anschaut. REAL TOTAL-Chefredakteur Nils Kern klärt und räumt auf.

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Finaler Umbau-Entwurf steht, gefällt vielen aber nicht

Nun kann es endlich los gehen: Nachdem Real Madrid 2013 erstmals Entwürfe von einem modernisierten Stadion vorgestellt hatte, einigten sich Stadt und Verein in den letzten Wochen und präsentierten am Mittwoch den finalen Entwurf. Für Präsident Florentino Pérez stand fest: „Es wird eines der besten Stadien der Welt!“

Doch viele Fans der Königlichen sehen das anders, ganz anders. „Das klassische ist viel besser“, „Pérez sch**** auf die Tradition“, „Das alte ist viel besser“, jault es in vielen Ecken des Internets. Mir geht es nicht darum zu beurteilen, was „besser“ ist oder schöner aussieht. Aber wer behauptet, das Bernabéu verliere Optik, Tradition, Ursprung und alles, liegt schlichtweg falsch.

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Die Geschichte von Real Madrids Stadion

1947 nach drei-jähriger Bauzeit eröffnet, war am damaligen „Nuevo Estadio Chamartín“ (benannt nach dem gleichnamigen Stadtteil im damals noch kaum erschlossenen Norden Madrids) noch nicht viel vom heutigen ESB zu erkennen. Ovale Form, verschachtelte Fassade – das war’s. Seitdem erfuhr der Madrider Fußballtempel einige Renovierungen: 1953 und 1957 sowie 1982, 1992, 2004 und zuletzt 2012.

estadio santiago bernabeu 1947 nuevo chamartin real madrid
Das Chamartín bei seiner Eröffnung – Foto: corazonblanco.com

Um die 105 Mal 68 Meter große Spielfläche passierte so einiges. Zu einem Zuschauerrekord kam es beispielsweise im Jahre 1957: 124.000 Menschen schauten zu, als Real Madrid, gegen Florenz (2:0) den Europapokal zum zweiten Mal gewann. Das Stadion hatte sich da schon verändert im Vergleich zur Eröffnung zehn Jahre vorher, als „nur“ 75.000 rein passten. Der damalige Präsident Santiago Bernabéu Yeste erkannte schon in den 40ern: Je größer das Stadion, desto größer die Einnahmen, desto größer der Verein. Ein großer Denker, nach dem 1955 das Stadion umbenannt wurde.

estadio santiago bernabeu 1956 nuevo chamartin real madrid
Mehr Plätze für das Rekordpublikum – Foto: Pulledoffathalftime.com

Doch bis zur heutigen Optik dauerte es noch. Anfang der 80er-Jahre wurden zur WM 1982 in Spanien erste Plätze überdacht (ältere Fußballherren erinnern sich an Deutschlands 1:3-Finalniederlage gegen Italien im Bernabéu) und es entstanden überhaupt erstmals Sitzplätze. Doch von den vier Säulen-artigen Aufgängen an jeder der vier Ecken noch nichts zu sehen, geschweigedenn von den oberen Rängen und deren typischen, vertikalen Beton-Fassade.

estadio santiago bernabeu 1982 wm worldcup real madrid
Zur WM 1982 auf Vordermann gebracht – Foto: realmadrid.com

Doch all dies war nichts, im Vergleich zu den Umbaumaßnahmen Anfang der 90er. Es schien verrückt, das Dach von 22 auf 45 Meter anzuheben, doch mit den neuen Rängen und dem nebenan liegenden Shopping-Center „Esquina del Bernabéu“ lockten die Königlichen nach sportlich schwierigen Jahren noch mehr Zuschauer an, waren für eine glorreiche Zukunft gewappnet.

estadio santiago bernabeu 1992 real madrid
In den 90er-Jahren erhielt das Bernabéu seine heutige Optik – Foto: Historias matritenses

Und als Florentino Pérez um die Jahrtausendwende das Zepter des Präsidenten übernahm, tat sich auch viel im Inneren: Restaurants, Pressebereiche, ein Museum, ein Adidas-Shop, Audio- und Heiz-Systeme, VIP-Boxen, die beiden großen Bildschirme und vieles mehr ergänzten die Bauten an der Osttribüne mit dem markanten, das Grund-Design brechende Dach.

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81.044 Zuschauer fasst das Bernabéu heute und dabei wird es auch bleiben – Foto: Gerard Julien/AFP/Getty Images

All das ist Real Madrid

Und jetzt sagt mir: Was ist die Tradition? Der Adams-Anzug eines Stadions, das bei seiner Eröffnung noch einen anderen Namen trug als heute? Im Gegensatz zu Trikotfarben gibt es beim Stadion wenig zu streiten, dabei wissen auch hier viele nicht, dass Real Madrid ursprünglich „blanco y morado“, also Weiß und Violett ist. Nach 20 Jahren ist es Zeit für den nächsten großen infrastrukturellen Schritt, damit Real Madrid das bleibt, was es ist: der größte Verein der Welt.

Das Video zum neuen Entwurf | Alle Videos

Größer, moderner, prachtvoller

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Ja, die Entwürfe vom neuen Bernabéu sind avantgardistisch, ohne Platz für Fußballromantik. Ja, 400 Millionen Euro sind eine Menge, ohne dass sich die Kapazität erhöht, dafür aber Komfort, Logistik und vieles mehr. Es leuchtet, es strahlt, selbst auf dem Klo hat man heute schon besten WLAN-Zugang – all das ist das 21. Jahrhundert, und all das ist Real Madrid. Wer also behauptet, das Bernabéu verliere seine Optik: Perdón, aber das ist Schwachsinn. Dieses Stadion ist wie der Verein: stets im Wandel.

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Nils Kern

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Kommentare
Wenn es den leuten optisch nicht gefällt ,gefällt es den leuten nicht
Da braucht man das auch nicht schönreden
 
Wenn es den leuten optisch nicht gefällt ,gefällt es den leuten nicht
Da braucht man das auch nicht schönreden

Es geht in diesem Bericht auch nicht nur um die Optik, sondern darum, dass viele sagen, dass Perez die Tradition egal sei. Und DAS wird in diesem Bericht behandelt.
Ich finde das neue Stadion sind absolut geil aus, ich stehe halt auf den modernen Stil. Ich kann allerdings auch verstehen, dass man das neue Stadion nicht schön findet. Aber es geht nicht um einen Individuellen, sondern um Real Madrid und da weiss Perez bestimmt besser bescheid, was besser für den Club ist. Sportlich ist er eine Niete, aber wirtschaftlich hat er genug drauf.
 
Ich mag zwar generell dieses moderne sterile nicht, aber das ist ok..
Das mit den projezierbaren Videos auf den Wänden und das man die Farbe der Wände ändern kann ist halt schon cool!
 
Mir gefällt es und ein update ist so oder so schon lange nötig. Sehr viele vereine haben mittlerweile modernere Stadien, da muss real nunmal auch nachziehen. Und die art und weise wie man es macht gefällt mir.
 
Der umbau war schon sehr nötig, gerade jetzt wo atletico und barca auch aufrüsten, ich finde es nur schade, dass die kapazität nicht erhöht wurde...
Aber optisch: BOMBASTISCH, GALAKTISCH, MODERN, was will man mehr? Sogar mit verschließbarem dach! Ich finde zwar das alte stadion hat auch seinen charme, aber mit dem neuen tempel ist real madrid definitiv im 21.Jh angekommen

Ps: und wem die grundoptik nicht gefällt, der sollte sich lieber schneller daran gewöhnen, denn alle modernen stadion gehen in die richtung...
 

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