
Rücktritt? Zidane gibt sich weiter kämpferisch
„Ich glaube, die Spieler brauchen auch eine Veränderung. (…) Ich kann einfach nicht klar sehen, dass wir weiter gewinnen werden“, Worte von Zinédine Zidane, die die aktuelle Situation bei Real Madrid wohl nur zu gut zusammenfassen würden. Allerdings stammen diese Aussagen nicht aus der Presserunde nach der 0:2-Niederlage der Königlichen gegen Shakhtar, sondern von seinem Rücktritt im Mai 2018. Es ist jedoch genau das eingetreten, was „Zizou“ am Ende seines ersten Cheftrainer-Engagements prophezeit hat: 15 Pflichtspiele, nur sieben Siege, drei Remis und bereits fünf Niederlagen – so die ernüchternde Ausbeute der Madrilenen in der bisherigen Spielzeit 2020/21.
Der spanische Rekordmeister zeigt in dieser Saison mehrere Gesichter, hat mit massiven Formschwankungen zu kämpfen. Während es beispielsweise Auftritte wie beim 3:1-Erfolg im Clásico gegen den FC Barcelona oder bei den beiden Siegen gegen Inter Mailand (3:2 und 2:0) gibt, liefern die Blancos gleichzeitig auch besorgniserregende Leistungen, um dabei die letzten beiden Pleiten gegen Deportivo Alavés (1:2) und Shakhtar als Paradebeispiele zu nennen.
Kein Glanz, kein Gloria – nicht das gewohnte Real Madrid
Die Fans des weißen Balletts bekommen kaum noch Hoffnung geschöpft. Zidane meint jedoch: „Ich habe Kraft und werde weiterhin alles geben, genauso wie meine Spieler auch.“ Doch zu was das am Ende der Saison genügen wird? Klar, hat Real im vergangenen Sommer erst noch die 34. spanische Meisterschaft perfekt gemacht – der erste Liga-Titel seit 2017. Und doch muss einfach gesagt werden, dass allen voran in der Vorsaison mächtig davon profitiert wurde, dass der FC Barcelona, der drei der letzten fünf Meisterschaften für sich ausmachte, in einer Krise steckte und immer noch drinnen ist. Auch Stadtrivale Atlético stellte in LaLiga keine ernsthafte Konkurrenz um die Spitze dar – das hat sich mit dieser Saison geändert.
Die Königlichen rangieren in der Primera División nach zehn Duellen nur auf dem vierten Rang, in der Champions League haben die Merengues mehr Glück als Verstand, dass sie mit einem möglichen Sieg gegen Borussia Mönchengladbach am kommenden und letzten Gruppenspieltag (Mittwoch, 9. Dezember, 21 Uhr, im REAL TOTAL-Liveticker und DAZN) sogar noch den Gruppensieg landen können. Und doch droht in der Liga eine ähnlich blamable Spielzeit wie 2018/19, als Zidane im März zurückkehrte und auch in der Königsklasse könnte Real zum ersten Mal überhaupt in der Gruppenphase ausscheiden.
Neben Zidane stehen auch andere in der Pflicht
„Wir haben mehrfach schlimme Situationen überstanden. Das gehört zum Fußball dazu, es wird immer schwere Zeiten geben“, betonte Zidane am Dienstagabend auch, doch es fragt sich, wann und wie Besserung und vor allem Konstanz eintritt. „Konstanz im Fußball ist am schwersten zu erreichen“, um den Franzosen selbst zu zitieren. Doch es ist nicht nur der 48-Jährige, der Bringschuld leisten muss. Er wird auch weiterhin auf seine vertrauten Spieler wie Raphaël Varane, Toni Kroos, Luka Modrić, Marco Asensio oder Karim Benzema setzen – um die in den Vordergrund zu Rücken, die dienstags in Kiew enttäuschten. Ob auch die Führung ihren Teil beizutragen hat? Mit Sicherheit, denn der Umbruch stockt weiter. Doch muss eben aktuell mit dem Personal gearbeitet werden, das im vergangenen Sommer zusammengestellt wurde.
Dann sind aber eben auch die Stars des königlichen Starensembles gefordert, das zu repräsentieren, wofür Real Madrid steht – egal wie Alt und zu wie vielen Titel sie auch schon beigetragen haben. „Sobald du dem Klub beitrittst, weißt du, dass es eine andere Art von Verein ist. Sie geben dir dicke Bücher über ihre Historie. Wenn du dir diese ansiehst, spürst du, dass es nur ums Gewinnen geht. Das brennt sich in deinem Kopf ein“, brachte es zuletzt Ex-Blanco Claude Makélélé auf den Punkt. Eine Anforderung, der im aktuellen Kader nicht mehr jeder gewachsen scheint, so erklärte schon Ex-Trainer Santiago Solari auf seiner Abschiedspressekonferenz vor anderthalb Jahren, dass nicht alle Spieler „des Wappens würdig“ seien.
Nicht Pérez: „Zizou“ wird Zeitpunkt seines Abgangs bestimmen
Sehen wir es realistisch: Für sonderliche Veränderung wird Zidane bei Real Madrid nicht mehr sorgen. Dafür weisen die Auftritte, um nur jene ab dem Zeitpunkt seines Comebacks zu nennen, zu viele Baustellen auf, die er nicht nur eigen- aber mitverantwortlich geschaffen hat. Drei Champions-League-Titel in Folge werden auf Lebenszeit eine Hausnummer bleiben, dem Franzosen vermutlich auch so schnell nicht mehr nachzumachen sein und doch sollte sich „Zizou“ ernsthafte Gedanken machen. Aufhören, wenn es am schönsten ist, das hat er bereits verpasst. Aufhören, um sein Denkmal möglichst unbeschädigt zu lassen, das kann er noch tun.
Und auch wenn ein Real ohne Zidane doch schwer vorstellbar ist, wird es sportlich der richtige Weg sein, um den Umbruch, der vor zwei Jahren eingeleitet wurde, konsequent zu vollziehen. Eine Kündigung von Präsident Florentino Pérez? Wirkt viel zu unwahrscheinlich! Eigentlich unvorstellbar, dass der 73-jährige Spanier seine aufgezogene Legende vor die Tür setzt. Und doch sollte – und das wird Zidane auch – er alles daran setzen, die Spielzeit so erfolgreich wie möglich zu Ende zu bringen. Beziehungsweise „sich in den Sommer retten“, beschrieb es REAL TOTAL-Chef Nils Kern. Zwar besitzt er dann in Madrid noch ein weiteres Jahr Vertrag, dennoch weiß genau er am besten, wann es Zeit ist, Adiós zu sagen. Das tat er 2018, als er merkte, er könne dem Team keine Impulse mehr setzen – und sollte es im Sommer 2021 nicht nur zum Wohle des Vereins, sondern auch zu seinem eigenem, ein zweites und letztes Mal machen. Anders gesagt: Nach dieser Saison muss meiner Meinung nach Schluss sein – eine Veränderung jetzt ist dagegen auch Corona-bedingt unrealistisch.
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