— Toni Kroos (@ToniKroos) 3. Juni 2017
In welchem Gesellschaftsbereich verblassen Erinnerungen schneller als im Fußball? Wo auch immer auf diesem Planeten Aufstiege und Titel und glorreiche Partien gefeiert werden, wenige Monate, Wochen oder Tage später danach kann alles schon Vergessen, und man der Buh-Mann von allen sein. Real Madrid hat 2018/19 zurecht viele „Buh“-Rufe über sich ergehen lassen müssen, schon 2017/18 wirkte die Mannschaft nur selten wie eine Einheit, blickte zum LaLiga-Abschluss 17 Punkte auf Barcelona hoch. Doch das ist das eine Real Madrid, das andere Real Madrid hat der Fußballwelt bewiesen, dass das Unmögliche möglich ist.
Vom 28. Mai 2016 bis zum 1. Juni 2019 trug der Champions-League-Sieger Weiß. 1.099 Tage lang wähnten sich die Königlichen an der Spitze des Fußballs und schrieben auch dank vier Titel in fünf Jahren (2014, 2016, 2017, 2018) für immer Geschichte. Von Sergio Ramos über Carlo Ancelotti und Zinédine Zidane bis Cristiano Ronaldo, sie alle machten sich unsterblich. Mal mit Glück, wie vergangene Saison gegen Bayern oder Juventus, mal aber auch mit voller Wucht wie 2016/17, als die Blancos in der K.o.-Runde Bayern oder Atlético verdient ausschalteten. Machtdemonstrationen der besten Mannschaft aller Zeiten? 2016/17 feierte der spanische Rekordmeister immerhin das erste große Double (Liga und Königsklasse) seit 1958!

Von diesem Glanz ist nicht mehr viel übrig, Staub liegt auf „La Duodécima“ und ihren elf älteren und einem jüngeren Geschwister. Als 2012/13 noch die Münchner nach dem deutschen Finale feierten, standen die Blancos nach wie vor bei „nur“ neun Europapokalen – vier vor Bayern –, waren mal wieder an der Sehnsucht namens „La Décima“ gescheitert. Doch die Weichen waren gestellt, teilweise durch Transfers wie CR7 und Xabi Alonso 2009, durch José Mourinhos Grundsteinlegungen ab 2010, aber auch durch das letzte Puzzlestück namens Gareth Bale. „Be very, very afraid“, sagte ein englischer Kommentator, als das neue „BBC“ vor fünf Jahren auf Schalke mit 6:1 erstmals andeutete, was möglich wäre. An jenem 26. Februar 2014 gab es auch für mich ein „erstmals“ – das erste Mal Königsklasse live. Dass die Formel nun endlich gefunden schien für eine noch nie da gewesene Herrschaft in der Champions-League-Geschichte? Das hätte ich mir nie erträumen lassen.
Darum: Danke, Real Madrid! Ruft man sich die Durststrecke mit unzähligen Achtelfinal-Ausscheiden von 2003 bis 2010 in Erinnerung, dann ist so ein Katastrophen-Spieljahr doch zu verschmerzen. „Wir waren an einem Punkt angelangt, an dem es als normal betrachtet wurde, die Champions League zu gewinnen. Es ist aber nicht normal“, erklärte bereits Florentino Pérez die Situation und auch Toni Kroos fasste zusammen: „Wir sind Menschen! Für mich ist das ein wenig normal, nachdem man drei Champions-League-Titel gewinnt. Was für mich nicht normal ist: drei Champions-League-Titel in Folge gewinnen.“

Nein, diese Jahre waren nicht normal. Diese Jahre waren für viele Madridistas die größte Zeit ihres Lebens, nur leider werden das manche erst viel später verstehen. Normal war es nicht, aber real! Meine Erinnerungen werden nie verblassen, ich werde meine Enkel noch damit nerven, wie nur ein CR7 noch das Zuspiel Luka Modrićs im Finale 2017 erreichen konnte, wie Gareth Bale Zinédine Zidane vom Thron zum „Tor des Jahrhunderts“ stieß, die “Remontada” gegen Wolfsburg, 92:48, wie die Königlichen nie aufgegeben haben, und wie Kommentatoren wie Fans Zeuge einer 1099-tägigen Ära wurden. Danke, Real Madrid!
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