
„Pérez hat ihn anders als andere Spieler behandelt“
MADRID/PORTO. Nach langem Hin und Her ist es nun also offiziell: Iker Casillas wird ab der kommenden Saison nicht mehr für die Königlichen auflaufen und verlässt Madrid nach 25 langen Jahren gen Porto. Über die Art und Weise des Abschieds sowie die gesamte Handhabung der Causa Casillas in den letzten Jahren lässt sich trefflich streiten. Dass dabei einiges schief gelaufen ist, ist selbst für Außenstehende leicht ersichtlich. Schenkt man den Worten der Eltern des fünfmaligen Welttorhüters Glauben, hat speziell Präsident Florentino Pérez bei all den Vorfällen eine Sonderrolle eingenommen.
Was den Umgang mit ihrem Sohn angeht, erhoben sie nun schwere Vorwürfe: „Lorenzo Sanz und (Ramón) Calderón behandelten Casillas gut, aber Pérez nicht. Dieser Präsident hat ihn nie gewollt, weil er zu klein ist. Er war davon besessen, (Gianluigi) Buffon zu holen Iker hat Dinge hingenommen, die nicht geschrieben wurden, er hat psychologischen Druck ertragen, (Pérez; d. Red.) hat ihn anders behandelt als andere Spieler. Er hat ihn in den letzten fünf Jahren despektierlich behandelt und alles war sehr unfair.“
Letzten Endes hätten die wirtschaftliche Interessen alles überstrahlt. Da Casillas nicht in die Kategorie „Galáctico“-Transfer fiel, wäre er chancenlos gewesen: „Pérez will nur die, die er kauft. Wenn am Ende deine Verpflichtung von (Gareth) Bale weniger Trikots verkauft als mein Sohn, dann musst du eben dafür sorgen, dass die Fans dein Produkt mehr wollen als das andere. Iker war immer eine Ikone des Madridismo und man muss ihn entwürdigen, damit andere mehr geliebt werden. Das nennt sich dann Marketing“, so die harten Worte von Vater José Luis Casillas.
Laut dem Familienoberhaupt hatte die sukzessive Degradierung der Ikone ihren Ursprung einzig und allein beim streitbaren Vereinsoberhaupt: „Diese Kampagne des Ansehensverlust hat Pérez inszeniert, mithilfe verschiedener Journalisten und Medien, die ihm seit 2010 das Leben schwer machen. Klar, wenn 1.000 Leute pfeifen und du bittest deine Freunde miteinzusteigen und so das Volumen in die Höhe zu treiben, dann kannst du es so verkaufen, dass er nicht geliebt wird. Das war eine Kampagne von Hetzerei. Cristiano (Ronaldo) und Bale haben auch Fehler gemacht, aber ihnen haben sie nicht derart die Pistole auf die Brust gehalten. Mein Sohn ist kein Heiliger, aber er ist auch kein Maulwurf. (Álvaro) Arbeloa war Pérez’ Schützling. Er hat ihn benutzt, um Iker Schaden anzurichten. Pérez mag ein großartiger Präsident von ACS sein, aber als Präsident von Real Madrid…“
„Florentino will nicht, dass Iker triumphiert“
Casillas’ Mutter María del Carmen Fernández ging sogar noch weiter. Demnach habe Pérez einen Transfer zu einem anderen Top-Team verhindert, um ihrem Sohn weiter zu schaden: „Pérez hat in großem Maße Schuld, dass Iker Real Madrid verlässt. Er hat dafür gesorgt, dass es ihm sehr schlecht ging. Natürlich hatte mein Sohn mehr Offerten. Aber Pérez wollte nicht, dass er zu einem Spitzenteam geht, damit das Gleiche passiert wie bei (Álvaro) Morata. Er will nicht, dass Iker triumphiert.“
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Dass der Welt- und Europameister fortan für den portugiesischen Traditionsklub aufläuft, ist für die Familie nur schwer verständlich. Ein Spieler mit derartigen Verdiensten müsse auch bei einem Verein der entsprechenden Größenordnung spielen. „Porto ist dritte Liga, mein Sohn verdient ein Team einer höheren Kategorie. Als er überlegte nach Rom zu gehen, rief ich ihn an und sagte: ‚Was tust du da? Du gehst nicht!‘ Ruf dir nur mal Porto ins Gedächtnis. Ein Weltmeister kann nicht bei Porto enden. Er hätte aufhören sollen, wo er will und es hätte mich nicht gestört, wenn es in Barcelona gewesen wäre, weil sie dort Gentlemen sind. Ich will nur, dass sie meinen Sohn gut beraten, dass er nicht damit endet, Urinarien zu putzen, wie der Weltmeister Andreas Brehme oder so ruinös wie Vítor Baía.“
Eine Ära geht zu Ende: Nach insgesamt 25 Jahren nimmt Iker Casillas Abschied von Real Madrid. Die Klub-Legende wechselt zum FC Porto. REAL TOTAL blickt auf die glorreiche Karriere des „San Iker“ zurück.
Das Jahr 1999: Im Alter von gerade einmal 18 Jahren debütiert Casillas für die Profi-Mannschaft von Real. Am 12. September jenen Jahres war es beim 2:2 gegen Athletic Bilbao so weit.
In seiner Premieren-Saison kam der junge Iker auf insgesamt 46 Einsätze. 27 in der Liga, zwölf in der Champions League, fünf in der Copa del Rey und zwei bei der Klub-Weltmeisterschaft.
Der Spanier profitierte von der Verletzung der deutschen Nummer eins Bodo Illgner und konnte diesen dauerhaft aus dem Tor verdrängen. Dennoch sagte Casillas respektvoll: „Bodo ist ein absoluter Top-Torwart, von dem ich viel gelernt habe und weiterhin viel lerne.“
Als 19-Jähriger traf Casillas Anfang Mai 2001 im Halbfinale der Königsklasse auf Bayern München.
In der Spielzeit 2001/02 räumte der 20-jährige Casillas mit Real den Henkelpokal ab. Nach 2000 schon zum zweiten Mal. Siegtorschütze beim 2:1 gegen Bayer Leverkusen war Zinédine Zidane.
Längst war Casillas in Europa jedem Fan und Experten ein Begriff geworden.
August 2003: Casillas mit den „Galácticos“ David Beckham (links) und Luís Figo (Mitte).
Vier Jahre später: Auf internationalem Parkett treffen sich Casillas und die Bayern erneut. Nach den Erfolgen in 2000 und 2002 mussten die Königlichen gegen den deutschen Rekordmeister im Wettbewerb allerdings schon zum fünften Mal in Serie frühzeitig (Achtelfinale) die Segel streichen.
Dafür sollte Casillas in der Spielzeit 2006/07 wieder spanischer Meister werden. Nach 2001 und 2003 sein persönlich dritter Liga-Titel.
„Olé!“ Casillas und die Meister-Trophäe.
Dezember 2010: Casillas erhält zum dritten Mal die Auszeichnung de besten Torhüters der Welt.
Ein Titel, den der Mann aus Móstoles in bis dato zwölf Profi-Jahren noch nicht gewinnen konnte, war die Copa del Rey. Das änderte sich jedoch im April 2011, als Real den FC Barcelona in einem packenden Endspiel mit 1:0 bezwang.
Eine Liebeserklärung an den Verein.
Das neue Kapitäns-Duo: Casillas und Vize Sergio Ramos.
Die traditionelle Feier am Cibeles-Brunnen.
August 2011: Ramos und Casillas stemmen die Trofeo Santiago Bernabéu in die Höhe.
November 2011: Auszeichnung für Casillas für die meisten internationalen Spiele als spanischer Akteur.
2012: Casillas inzwischen zum vierten und fünften Mal zum besten Keeper des Planeten ernannt.
Der Schlussmann und Innenverteidiger Pepe. Acht Jahre lang sollten sie sich eine Kabine teilen. Als José Mourinho Casillas Anfang 2013 auf die Bank verdonnerte, stellte sich der Portugiese auf dessen Seite und forderte Respekt gegenüber der Klub-Ikone.
April 2012: Die Blancos triumphieren im Camp Nou mit 2:1 und sichern sich damit praktisch ihre insgesamt 32. Meisterschaft. Für Casillas die mittlerweile fünfte.
13. Mai 2012: Da ist das Ding! Casillas streckt den Liga-Titel als Kapitän in die Höhe.
Die Legende bei der Titel-Party an der Cibeles.
Feierei mit Weltstar Cristiano Ronaldo, für den es die erste Meisterschaft mit Real war.
August 2012: Real und Casillas schlagen Barcelona im Supercopa-Finale.
April 2013: Ein Treffer fehlte beim 2:0-Sieg gegen Borussia Dortmund zum Einzug ins Champions-League-Finale. Casillas, hinter Diego López inzwischen Reservist, tröstet den weinenden Spielführer Ramos.
August 2013: Casillas nimmt die Trofeo Bernabéu entgegen. Die Partie wurde damals als Abschiedsspiel für Legende Raúl genutzt.
April 2014: Zum zweiten Mal gewinnt Casillas den spanischen Pokal. Wieder musste Barcelona im Finale dran glauben. Diesmal siegte Madrid mit 2:1.
Jubel bei Casillas, Jubel bei den Madridistas.
Dem Copa-del-Rey-Triumph setzten die Merengues einen Monat später noch die Krone auf. Im Endspiel der Champions League traf man auf Atlético und bezwang den Stadtrivalen nach 120 Minuten mit 4:1!
Casillas war als Kapitän derjenige, der den langersehnten zehnten Titel auf europäischen Terrain überreicht bekam. Ein Foto für die Ewigkeit.
Auf diesen Moment hatte auch Casillas lange gewartet.
Ramos und Casillas: gemeinsam sind sie zweimal Europameister, einmal Weltmeister und schließlich auch Champions-League-Sieger geworden. Seit 2005 verteidigten sie dasselbe Trikot.
Casillas bei der Feier am berühmten Cibeles-Brunnen. Um 5 Uhr morgens herrschte mitten in Madrid nichts als Ekstase.
Auch im Bernabéu-Stadion wurde der riesige Triumph ausgiebig gefeiert. Mit dabei: Casillas’ Sohn Martín.
Die Titeljagd ging erfolgreich weiter. Am 12. August 2014 heimsten die Blancos dank eines 2:0 über den FC Sevilla den UEFA Super Cup ein…
…und etwas mehr als vier Monate später den Klub-WM-Titel. Ein perfektes Jahr mit vier Trophäen!
Es war der letzte Pokalgewinn für Casillas im Real-Trikot. Zum Ende des Spieljahrs 2014/15 sollte kein weiterer herausspringen. Sowohl in der Copa del Rey als auch in Meisterschaft und Königsklasse ging man leer aus. Es hätte sicherlich ein schöneres Ende für die Legende, die im Alter von neun Jahren in die Jugendakademie der Madrilenen kam, geben können.
„Iker, ewiger Dank für alles.“
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