
Lieber Cristiano,
jetzt ist also Schluss. Nach neun Jahren, 450 Toren in 438 Partien und 16 Titeln sagst du „Adiós“ und suchst bei der „Alten Dame“ in Turin nochmal eine neue Herausforderung – wie du in deinem Brief schreibst. Eigentlich sollte ich jetzt traurig sein, schließlich verliert Real Madrid den größten Akteur seit dem legendären Alfredo Di Stéfano. Doch es überwiegt ein anderes Gefühl: Das Gefühl großer Dankbarkeit. Dankbarkeit für all das, was du in den letzten neun Jahren für diesen wunderbaren Verein geleistet hast. Dankbarkeit für all diese einzigartigen Momente, die du dem Madridismo gemeinsam mit deinen fantastischen Teamkollegen beschert hast. Dankbarkeit für neun Jahre absolute Hingabe und schier unglaubliche Professionalität.

Am 11. Juni 2009 hat alles angefangen – da wurde der Wechsel Cristiano Ronaldos von Manchester United zu Real Madrid offiziell bekanntgegeben. Die damalige Rekordablöse: 94 Millionen Euro. (Foto: Ross Kinnaird/Getty Images)

Eine neue Welt, ein neues Zeitalter. Schon bei Ronaldos Präsentation am 6. Juli 2009 bekam man einen Vorgeschmack, auf das, was kommen sollte. 80.000 Zuschauer bei einer “simplen” Spielerpräsentation? Das gab’s noch nie – genau wie so einen Spieler. (Foto: Dani Pozo/AFP/Getty Images)

29. August 2009: Erstes Pflichtspiel, erstes Tor. Mit 3:2 wurde Deportivo am damaligen 1. LaLiga-Spieltag geschlagen. (Foto: Jasper Juinen/Getty Images)

Ronaldos erste Saison im weißen Trikot blieb allerdings ohne Erfolg. In der Liga nur Zweiter, schied man in Pokal und Champions League blamabel und früh aus. 2009/10 beendete die damalige Nummer 9 mit 33 Toren aus 35 Einsätzen. Es sollte nur noch besser werden! (Foto: Javier Soriano/AFP/Getty Images)

Hegemonie beendet! In der Liga noch unter Barcelonas Räder gekommen, wendete Real Madrid im Pokalfinale am 20. April 2011 das Blatt. Und Cristiano Ronaldo erzielte in der 103. Minute das Tor des Abends – das Tor zu seinem ersten von 16 Titeln im weißen Trikot, Madrids ersten Pokalerfolg seit 18 Jahren. (Foto: David Ramos/Getty Images)

Rekord-Saison 2011/12! Cristiano Ronaldo, Karim Benzema und Gonzalo Higuaín überrollen LaLiga, stellen mit 121 Toren und 100 Punkten neue Rekorde auf, CR7 allein steuerte 46 Buden bei – wettbewerbsübergreifend waren es am Ende 60 aus 55 Einsätzen. Unvergessen sein Tor zur (so gut wie entschiedenen) 32. Meisterschaft inklusive “Calma calma”-Jubel im Camp Nou. (Foto: Denis Doyle/Getty Images)

Die Unvollendeten? Trotz 55 Toren aus 55 Partien verlief Cristiano Ronaldos 2012/13 ordentlich, doch feierte man am Ende keinen Titel – und scheiterte zum dritten Mal in Folge im Champions-League-Halbfinale. Lastete ein Fluch auf CR7 und Co., der im Rennen um den Weltfußballertitel zum vierten Mal in Folge Lionel Messi gratulieren musste? (Foto: Mike Hewitt/Getty Images)

Si, si, si, la Décima esta aquí! Es war vollbracht: Nach zwölf langen Jahren des Wartens hat Real Madrid wieder den Europapokal gewonnen – mit 17 Toren in elf Einsätzen maßgeblich entscheidend: Cristiano Ronaldo, der mit Karim Benzema und Neuzugang Gareth Bale als “BBC” Europa das Fürchten lehrte. Große Zeiten lagen vor den Madridistas! (Foto: Lars Baron/Getty Images)

Tausende Madridistas haben Tränen in den Augen. Was war passiert? Nach unendlicher Anstrengung hat es Cristiano Ronaldo wieder geschafft, und durfte sich 2013 wieder als offiziell bester Fußballer der Welt bezeichnen. Nachdem Messi vier Jahre lang an der Spitze stand, wurde CR7 nach 2008 zum zweiten Mal der Ballon d’Or verliehen – die Belohnung für ein grandioses Jahr mit Erfolgen in Champions League, Copa del Rey, Super Cup und Klub-WM. (Foto: Martin Rose/Bongarts/Getty Images)

2014/15 begann mit zwei Titeln, endete mit Carlo Ancelottis Aus. Bei den Spielern so beliebt, schien “Carlettos” Glückssträhne beendet. CR7 beendete die Spielzeit mit 61 Treffern in 54 Spielen und gewann auch den Ballon d’Or 2014. (Foto: Javier Soriano/AFP/Getty Images)

Nach Manuel Pellegrini, José Mourinho und Carlo Ancelotti folgte in Rafael Benítez Ronaldos vierter Trainer bei Real – und das im sechsten Jahr. Doch erst mit dem fünften Übungsleiter sollte der Knoten endgültig platzen… (Foto: Paul Crock/AFP/Getty Images)

Liebe auf den ersten Blick: Unter Zinédine Zidane wusste der Portugiese sich nochmal zu steigern, auch weil der Franzose ihn von Pausen und Rotationen überzeugen konnte. CR7 machte das Spiel mit und gewann – acht Titel folgten in den zweieinhalb Jahren unter „Zizou“. Also genauso viele wie bisher. (Foto: Gonzalo Arroyo Moreno/Getty Images)

Es passte einfach: Sagte man CR7 anfangs noch nach, in großen Spielen unterzutauchen, wurde er immer entscheidender. Neben Hattricks gegen Bayern und Atlético 2017 war er vor allem 2016 entscheidend, als er die 0:2-Pleite in Wolfsburg im Alleingang zu einem 3:0 im Rückspiel drehte – der Grundstein für „La Undécima“, Madrids elften Europapokal. Und vermutlich alles, was danach kam. (Foto: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images)

Wenn Gold bräunt… Insgesamt gewann CR7 in seinen neun Saisons in Madrid drei Goldene Schuhe als Europas bester Liga-Torjäger: 2011, 2014 und 2015 zuzüglich dem von 2008 aus United-Zeiten. (Foto: Javier Soriano/AFP/Getty Images)

Noch mehr Gold: Nach dem Ballon d’Or 2008 durfte sich der Mann aus Madeira auch 2013, 2014, 2016 und 2017 als bester Kicker des Planeten bezeichnen – und zog damit mit Lionel Messi gleich. (Foto: Pierre-Philippe Marcou/Getty Images)

Die ewige Rivalität schien sowohl Cristiano Ronaldo als auch Messi Jahr um Jahr zu Höchstleistungen und Rekorden zu befördern. Wie wohl die Zukunft der beiden fünfmaligen Weltfußballer – nun getrennt von der Liga – aussieht? (Foto: Gonzalo Arroyo Moreno/Getty Images)

Am 10. Juli 2016 machte CR7 wohl das Spiel seines Lebens – außerhalb des Spielfelds. Ausgewechselt im Finale der Europameisterschaft gegen Frankreich, peitschte Portugals Kapitän seine Mannen zum ersten Titel seiner Nation. Ein weiterer, unvergesslicher Punkt in Ronaldos Vita. (Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Am 7. November 2016 konnten die Madridistas noch träumen: Für immer Real – CR7 verlängerte seinen bis 2018 laufenden Vertrag bis 2021. Damals schien zwischen Florentino Pérez und dem Superstar noch alles in bester Ordnung. (Foto: Gerard Julien/AFP/Getty Images)

Ein weiterer Grund für das “alles erreicht”-Gefühl in Madrid? Neben dem sportlichen hat Ronaldo auch das private Glück erreicht: In Georgina Rodríguez fand er im Herbst 2016 nicht nur die große Liebe, sondern auch eine ideale Lebenspartnerin und Mutter seiner Kinder Cristiano Junior, den Zwillingen Eva und Mateo (alle drei von einer Leihmutter) sowie der gemeinsamen Tochter Alana Martina.

Nach acht Toren im Viertel- und Halbfinale gegen Bayern und Atlético ballerte Ronaldo im Finale 2017 einfach weiter – Juventus musste mit zwei CR7-Toren dran glauben und verlor 1:4. Am Ende feierten die Blancos den zweiten CL-Titel in Serie – neuer Bestwert dank und für die Nummer 7. (Foto: Matthias Hangst/Getty Images)

Wo warst du am 3. April 2018, als Cristiano Ronaldo – endlich – das Tor seiner Karriere erzielte? Oft versucht, und stets gescheitert, schien der Fallrückzieher im Viertelfinal-Hinspiel bei Juventus (3:0) der ideale Ort und Zeitpunkt für diesen unvergesslichen CR7-Moment. Ausgerechnet beim zukünftigen Arbeitgeber… (Foto: Alberto Pizzoli/AFP/Getty Images)

Am 26. Mai wurde die Geschichte beendet: letztes Spiel, letzter Titel. In seinem 438. Einsatz wurde eine verkorkste Saison in Form des Champions-League-Titels doch noch gerettet – entsprechend deutete CR7 nach seinem 16. Titel im weißen Trikot seinen Abschied erstmals an. (Foto: Michael Regan/Getty Images)

Der letzte Auftritt, der letzte Kuss. Am Tag nach dem Gewinn von “La Decimotercera” feierte das Bernabéu seine(n) Helden, und versuchte den Portugiesen mit “Cristiano quedate”-Rufen (Cristiano bleib) von einem Verbleib zu überzeugen. Es nützte nichts – der 27. Mai 2018 sollte Ronaldos letzter Auftritt im weißen Trikot sein nach neun Jahren mit 438 Spielen, 450 Toren und 16 Titeln. (Foto: Denis Doyle/Getty Images)
Ich weiß noch ganz genau, wie ich im April 2011 die ganze Nachbarschaft zusammen schrie, nachdem du uns zum ersten Pokalsieg seit 18 Jahren geköpft und das scheinbar übermächtige Barcelona unter Pep endlich in die Knie gezwungen hast. Wie ich kaum mehr an mich halten konnte, als du das Camp Nou nach Mesut Özils Traumpass 2012 zum Schweigen brachtest. Wie ich 2014 ungläubig mit dem Kopf schüttelte, als du gegen die Bayern deinen 15. Saisontreffer in der Champions League erzielt und einen neuen Rekord aufgestellt hast. Wie ich zwei Jahre später Zeuge wurde, als du gegen Wolfsburg eine unglaubliche Aufholjagd im Alleingang hingelegt hast. Wie ich 2017 mit offenem Mund vor dem Fernseher saß, als du uns wie selbstverständlich zur Titelverteidigung in der Königsklasse getragen hast, und wie ich vor wenigen Monaten nach deinem Fallrückzieher gegen Juve die Hände über dem Kopf zusammenschlug, weil du gerade einen der schönsten Treffer der Europapokal-Geschichte erzielt hast.
Ich könnte diese Liste noch ewig weiterführen, denn die Liste einzigartiger Momente während deiner Zeit in Madrid ist schier endlos, doch alleine damit, diese besonderen Augenblicke Revue passieren zu lassen, würde man deinem Vermächtnis beim größten Klub der Welt nicht wirklich gerecht werden. Du warst die Gallionsfigur einer Mannschaft, die die Hegemonie Barcelonas zwischen 2009 und 2012 zu durchbrechen vermochte und mit der Rekordmeisterschaft 2011/12 neue Maßstäbe gesetzt hat. Du warst gemeinsam mit Sergio Ramos der unumstrittene Leader einer Mannschaft, die dem Madridismo 2014 „la Décima“ schenkte und den Verein von seiner zwölfjährigen Obsession befreite. Du warst die treibende Kraft der vergangenen drei Königsklassen-Triumphe in Folge, die auf lange Zeit unerreicht bleiben dürften. Du hast die Werte dieses Vereins gelebt, wie kaum ein anderer, Blut und Wasser für dieses Wappen geschwitzt. Warst der Vorzeige-Profi schlechthin, der seine Teamkollegen mitgerissen hat und immer dann zur Stelle war, wenn ihn sein Team besonders gebraucht hat. Als Vorbild schwärmten ehemalige Teamkollegen genauso von dir wie einstige Jugendspieler. Du warst Reals Lebensversicherung, Retter und Anführer. Du warst Real Madrid.
All das ist nun Vergangenheit. Und die Vorstellung daran wirkt ehrlich gesagt ziemlich befremdlich. Weil ich mir ein Real Madrid ohne dich eigentlich nicht vorstellen kann. Weil ich mir das Trikot mit der Nummer 7 eigentlich nur noch in Verbindung mit dem Namen Ronaldo vorstellen kann. Weil ein Real Madrid ohne Cristiano Ronaldo für mich nicht existiert. Wenn ich dich zukünftig also im Trikot von Juventus werde spielen sehen, wird das mit großer Wehmut einhergehen. Gleichzeitig werde ich aber auch ein Lächeln auf den Lippen tragen. Weil ich an all das denke, was du für unseren wunderbaren Verein geleistet hast. Weil ich mich daran zurückerinnere, wie ich dich das erste Mal im Bernabéu live habe spielen sehen und von deiner unglaublichen Athletik und taktischen Intelligenz in den Bann gezogen wurde. Weil sich vor meinem inneren Auge all die Momente abspielen werden, in denen du für Real Madrid Geschichte geschrieben hast. Diese Momente werden für immer bleiben. Genauso wie du für den Madridismo für immer eine Legende bleiben wirst.
Danke, Cristiano, für alles! Hala Madrid!
Yannick
Community-Beiträge