
Di María ist nicht Özil
Ein Spruch von Don Santiago Bernabéu besagt, dass in jede gute Mannschaft mindestens ein Argentinier gehöre. Nach dem Abschied von Ángel Di María gen Manchester steht Real Madrid ohne einen Spieler aus dem Land des Vizeweltmeisters da. Weitaus kläglicher ist jedoch die Tatsache, dass der spanische Rekordmeister einen absoluten Leistungsträger verloren hat. Di María avancierte an der Concha Espina von einem talentierten Burschen zu einem Weltklasse-Profi, der für mich aktuell zweifelsohne zu den fünf besten Spielern der Welt zählt.
Anders als im Fall Mesut Özil wird sich das Fehlen des rastlosen Laufwunders aus Rosario bemerkbar machen. Allen voran die „Big Games“, in denen auf Di María immer Verlass war, werden Carlo Ancelotti Sorgenfalten bereiten. Spontan kommt mir kein Ersatz für einen Spielertyp in den Sinn, der wie kein zweiter kämpft und zugleich über herausragende technische Fähigkeiten verfügt. Wer hätte die Energie aufgebracht, den Weg zu gehen, den Di María vor dem 2:1 im letztjährigen Champions-League-Finale ging? Der Mann mit der Nummer 22 war ein Schlüsselspieler. Und Schlüsselspieler sollten für ihre Leistungen belohnt werden! Da das letztlich nicht eintrat, verließ „Ángelito“ den Verein. Ich kann nach dem Verlauf dieses Sommers nur den Kopf schütteln!
Pérez war nie vom Argentinier begeistert
Auch wenn er in seinem Abschiedsbrief betonte, die sportliche über die wirtschaftliche Wertschätzung zu stellen, bildete einer der wesentlichen Gründe für Di Marías Entscheidung sicherlich das Jahresgehalt von acht Millionen Euro netto, das ihm United im Gegensatz zu den Königlichen bot. Die Schmerzgrenze der Blancos lag angeblich bei sechs Millionen. Eine Summe, die für Di María wohl auch akzeptabel gewesen wäre, sofern er sich im Bernabéu voll und ganz wohlgefühlt hätte. Das war aber schon seit geraumer Zeit nicht mehr der Fall. Präsident Florentino Pérez outete sich nie als Fan des Argentiniers. Seine Verpflichtung resultierte ohnehin nur aus einem Wunsch von José Mourinho, den zu seiner Zeit als Coach in Spanien eher Rohdiamanten anstatt fertige Stars begeisterten. Di María ließ sich im Vergleich zu den Top-Verdiener Cristiano Ronaldo, Sergio Ramos, Karim Benzema und Co. schlecht vermarkten und wurde anfangs sogar nur mit 1,8 Millionen Euro netto per annum abgespeist. Real Madrid ist mehr als ein Fußballverein, Real Madrid ist eine Marke. Di Marías Standing bei der Klubführung glich dem eines Jugendspielers. Das verdeutlicht sein Brief, in dem er fehlende Gerechtigkeit im Umgang mit seiner Person bemängelt.
Parallelen zum Fall Makélélé
Nach all den Freuden, die der Mittelfeldmotor dem Madridismo bescherte, hätten seine Wünsche spätestens vor der Weltmeisterschaft erfüllt werden müssen. Stattdessen passierte nichts, bis mit James Rodríguez wieder einmal ein neuer „Galáctico“ an Land gezogen wurde, der ihm seine Position wegen seiner Ablösesumme und seines Status als WM-Held mehr als nur streitig machte. Ein noch klareres Signal als das, das der Verein ein Jahr zuvor mit der Verpflichtung von Gareth Bale setzte.
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Die Ankunft des Kolumbianers besiegelte das Ende Di Marías in Madrid und den Höhepunkt eines Streits ohne Zurück. Der Brief macht diesen Streit endgültig publik. Die Unruhe, die die Schlammschlacht zwischen Spieler und Direktive hervorruft, erinnert an die vergangener Tage. Stichwort Claude Makélélé. Kein Superstar, aber ein immens wichtiger Mann, der sich aufrieb und Wege ging, die andere nicht gingen. Pérez sieht das nicht. Er sieht die 75 Millionen Euro, die der Verkauf von „el Fideo“ in die königlichen Kassen spült. Später sieht er möglicherweise ein Team, das ohne Di María weniger gut funktioniert und die erwarteten Titel verspielt.
Die Mannschaft muss sich neu erfinden
Es liegt an Ancelotti, aus dem Problem keine Katastrophe werden zu lassen. Dass der Abgang Di Marías im Moment eine Niederlage für die Merengues bedeutet, steht nach den ersten Saisonspielen außer Frage. Das Team muss sich ohne seine „Lunge“ neu erfinden und braucht dazu Zeit. Die Madridistas täten gut daran, es dabei zu unterstützen und auf die Pfiffe, wie beim durchschnittlichen Auftakt gegen den FC Córdoba (2:0), zu verzichten. Don Santiago Bernabéu erklärte zu seiner Zeit stets, dass der Verein über jedem Spieler stehe. Wenngleich die Königlichen keinen Argentinier mehr haben, haben sie weiterhin eine Mannschaft, die den Weggang eines Schlüsselspielers mit vereinten Kräften auffangen kann.
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