Analyse

Ein Spiel als Sinnbild für eine verschenkte LaLiga-Saison

Real Madrid kommt in Girona ordentlich unter die Räder, die vorzeitige Meisterschaft des FC Barcelona ist nun endgültig nur noch Formsache. Die Art und Weise des Auftritts der Blancos dient dabei als Sinnbild für eine verschenkte Saison in LaLiga, in der man sich enorm unter Wert verkaufte.

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Was war da los? Valverde und Co. nach dem Spiel in Girona – Foto: Alex Caparros/Getty Images

Ancelottis Aussage wird prompt konterkariert

„Zwischen der Qualität beider Mannschaften liegen keine elf Punkte Differenz, das haben die Spiele gezeigt. Manchmal haben wir gewonnen, manchmal sie. Beide Mannschaften sind sehr ausgeglichen. Details haben für diese Distanz gesorgt, in den nächsten Spielen wollen wir diesen Rückstand verkürzen.“ Ob Carlo Ancelotti diese Worte, die er im Vorfeld des 31. Spieltages gegen den FC Girona tätigte, mittlerweile bereut? Denn dummerweise bewies sein Team rund 24 Stunden später durch eine krachende 2:4-Pleite im Montilivi „eindrucksvoll“, weshalb der Erzrivale aus Barcelona in der Tabelle derart weit enteilt und die Meisterschaft nur noch eine Frage der Zeit ist.

Und zwar nicht unbedingt, weil die Katalanen wieder über ein übermächtiges Team verfügen, das alles kurz und klein spielt, sondern weil sich die „Blaugrana“ in der Liga – nicht zum ersten Mal – schlichtweg konstanter und gefestigter präsentierte. Natürlich profitierte das Team von Trainer Xavi Hernández hier und da vom Spielglück oder der schwachen Chancenverwertung der Gegner. Dass die Tabellenführung und auch die baldige Meisterschaft hochverdient ist, daran bestehen jedoch keinerlei Zweifel.

An den Liga-Titel glaubten nach Barças 1:0-Erfolg über Atlético vergangene Woche ohnehin nur noch die kühnsten Optimisten, dennoch dürfte ein Großteil der Madridistas spätestens nach dem Girona-Auftritt mit dem Gefühl verbleiben, dass man in dieser Kampagne vorrangig an sich selbst denn am Erzrivalen gescheitert ist.

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Eine Mannschaft mit zwei Gesichtern

So stehen die Königlichen nach 31 absolvierten Spieltagen bereits bei fünf Unentschieden und sechs Niederlagen – ergo endeten ein Drittel aller absolvierten mit einem Punktverlust, die Zahl der verlorenen Partien übersteigt die der vergangenen Saison (vier) bereits. Die Spiele, in denen man nicht als Sieger vom Platz ging, folgten dabei fast immer dem gleichen Muster: Man fand gegen einen tief stehenden Gegner kaum offensive Lösungen und ließ sich hinten, unterstützt durch teils gravierende individuelle Patzer, auskontern. Wenn dann noch eine gnadenlose Effektivität wie bei Girona an diesem Abend hinzukommt, stehen schnell auch einmal vier Gegentore zu Buche.

Dass solche Spiele im Laufe einer Saison vorkommen können – auch wenn sie es idealerweise nicht sollten –, ist in Anbetracht des enormen Pensums der letzten Wochen irgendwo sogar menschlich. Es war jedoch nicht der erste Auftritt dieser Art in diesem Jahr und genau das gibt ein wenig zu denken. Dass die Königlichen in der Champions League stets noch einen Tick entschlossener und stärker auftreten, ist beileibe keine Neuigkeit. Die Diskrepanz zwischen den Auftritten in beiden Wettbewerben in diesem Jahr ist teilweise jedoch enorm. Benzema und Co. zeig(t)en in dieser Spielzeit allzu oft zwei völlig unterschiedliche Gesichter.

In Girona war jenes Phlegma gar so offensichtlich, dass sich sogar Ancelotti, der sich sonst immer schützend vor sein Team stellt, zu ungewohnt scharfen Tönen hinreißen ließ: „Es war ein sehr harter Abend, denn wenn du ein Spiel so verlierst, ist das nicht leicht. In der Defensive waren wir sehr schlecht, das war der Knackpunkt im Spiel. Am Anfang waren wir mit dem Ball gut, aber wir haben uns in den Zweikämpfen nicht gut durchgesetzt, nicht gut verschoben und sie haben zwei Konter gegen uns herausgespielt und zwei Mal getroffen. Ab dem Moment wurde das Spiel komplizierter, wir haben versucht, mit individuellen Aktionen zurückzukommen. Wir haben heute nicht als Team zusammengespielt und auch das individuelle Niveau war heute sehr niedrig –  von allen. In den letzten Spielen waren wir defensiv sehr gut, das haben wir heute vergessen.“

Die Liga darf keine untergeordnete Rolle spielen

Dass das Team im Copa-Finale am 6. Mai sowie in der Königsklasse wieder ein anderes Gesicht zeigen wird, daran bestehen vermutlich wenig bis gar keine Zweifel. Dennoch geben die fahrigen Leistungen in der Liga zu denken, da sie phasenweise das Gefühl vermitteln, die Meisterschaft spiele in den Köpfen der Blancos nur eine untergeordnete Rolle. Ein fatales Signal für einen Verein wie Real Madrid. Ein Klub, der sich vor allem über die Mentalität des Niemals-Aufgebens definiert und das Selbstverständnis pflegt, jeden Wettbewerb gewinnen zu wollen, sollte dies über eine gesamte Spielzeit vor allem im nationalen Wettbewerb auch vorleben. Spiele wie in Girona können passieren, doch sie sind in diesem Jahr in einer ähnlichen Art und Weise zu oft passiert – wenngleich auch nicht immer mit einem derart krachenden Ende. Denn der Anspruch der Königlichen muss und sollte es sein, auch in der heimischen Liga die unangefochtene Nummer eins zu sein – und solche desolaten Auftritte wie am Dienstagabend gar nicht erst zuzulassen, egal wie aussichtslos die Lage in der Liga auch scheint.

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

Kommentare
Die Meisterschaft haben wir leichtfertig hergeschenkt. Sehr schade, denn gerade weil wir endlich wieder im Finale der Copa del Rey stehen, wäre ein Triple wieder möglich gewesen.

11 Punkte auf Barça holst du kurz vor Schluss nicht mehr auf und dass man deshalb in der Liga nicht mehr die gleiche Motivation wie in der CL an den Tag legt, ist auch nachzuvollziehen. Aber wir sind Real Madrid. Auch wenn wir keine Chance mehr auf die Meisterschaft haben, können wir nicht einfach zulassen, dass Barça uns mit um die 20 Punkten enteilt. Sowas geht einfach nicht. Auch wenn ich mir Kommentare lesen muss, dass Platz 3 oder 2 schlussendlich keine Rolle spielen..ähm doch, das spielt sehr wohl eine Rolle! Wenn Real die Meisterschaft nicht gewinnen kann, sind sie Vizemeister, so und nicht anders.

Allerdings muss ich sagen, dass das Spiel gestern ziemlich unglücklich für uns verlaufen ist. Wir hatten gut begonnen und die Jungs wollten auch den Sieg. Nur hat Girona fast jede Chance in ein Tor umgewandelt. Und wenn zu dieser Tatsache noch hinzu kommt, dass die Meisterschaft ohnehin bereits gelaufen ist, können wir auch mal unter die Räder kommen. Und dieser Castellanos vergibt gegen Barça jede 100%ige Chance wie ein Amateur, mutiert gegen uns aber zu Prime Lewandowski und schiesst uns mit 4 Toren ab...
 
Sehr guter Artikel!
Ich kann es gar nicht fassen, dass ich seit ich Real Fan bin noch nie eine Verteidigung der LaLiga erlebt habe. Die Dominanz die wir in der CL zeigen, sollte für einen Verein wie Real Madrid auch im eigenen Land wieder selbstverständlich werden.
 
Es war deutlich mehr drin diese Saison. Vor allem wenn man sich die Konkurrenz anschaut. Dabei hat Carlo doch so gut begonnen mit sechs Siegen in Serie. Es war aber grob fahrlässig, in eine WM-Saison mit quasi identischem Kader zu gehen. Es war klar, dass Benzema die Saison seines Lebens nicht wiederholen wird und so kam es auch. Ich hoffe einfach, dass uns Carlo die Copa und im besten Falle noch die CL nach Madrid bringt. Das wäre mehr als nur ein guter Trost für die vergeigte Liga. Das wird aber alles andere als einfach…
 
Es war deutlich mehr drin diese Saison. Vor allem wenn man sich die Konkurrenz anschaut. Dabei hat Carlo doch so gut begonnen mit sechs Siegen in Serie. Es war aber grob fahrlässig, in eine WM-Saison mit quasi identischem Kader zu gehen. Es war klar, dass Benzema die Saison seines Lebens nicht wiederholen wird und so kam es auch. Ich hoffe einfach, dass uns Carlo die Copa und im besten Falle noch die CL nach Madrid bringt. Das wäre mehr als nur ein guter Trost für die vergeigte Liga. Das wird aber alles andere als einfach…

Was meinst du mit „wenn man sich die Konkurrenz anschaut!“? Rein spielerisch war Barca vielleicht schlecht, aber der aktuelle Punkteschnitt und die daraus sich ergebene Gesamtpunktzahl von 96 Punkten sprechen eine eindeutige Sprache! Am Ende war es für die blöden Katalanen, trotz vieler minimalistischer 1:0-Siege, eine überragende Saison… Leider.
 
Und Barcelona spielt in jedem Spiel ihren Stiefel runter und ist noch NIE seit Vereinsgedenken so leicht Meister geworden wie heuer!
 
Was meinst du mit „wenn man sich die Konkurrenz anschaut!“? Rein spielerisch war Barca vielleicht schlecht, aber der aktuelle Punkteschnitt und die daraus sich ergebene Gesamtpunktzahl von 96 Punkten sprechen eine eindeutige Sprache! Am Ende war es für die blöden Katalanen, trotz vieler minimalistischer 1:0-Siege, eine überragende Saison… Leider.

Damit meine ich, dass die Titelverteidigung sehr realistisch war, weil die Konkurrenz mehr als schlagbar ist, Real Madrid sich aber wie so oft lieber selbst geschlagen hat, indem man einen unnötigen Punktverlust nach dem nächsten fabriziert hat und nicht konstant genug unterwegs gewesen ist. Den Titel hat man zu leichtfertig hergeschenkt, wie man gestern exemplarisch sehen konnte. Der Direktvergleich in der Liga gegen Barca geht übrigens nach Madrid. Ich weiß nicht, wie viele Punkte FCB am Ende der Saison haben wird, aber jetzt haben sie 76. Ob das sang- und klanglose Ausscheiden aus CL und EL samt Demontage in der Copa mit Supercopa und Liga aufgefangen wird für eine angeblich überragende Saison? Wer es so sehen möchte.
 
So Auftritte wie gestern sind natürlich inakzeptabel und dürfen einfach nicht vorkommen. Egal ob man 2 oder 20 Punkte hinten liegt.
In Girona kann man patzen, aber nicht so.
Gerade defensiv war das katastrophal.

Ich bin mir aber sicher, dass das nur ein Ausrutscher war, der vielleicht zur richtigen Zeit gekommen ist. Spätestens gegen Osasuna werden wir die Mannschaft wieder in Topform sehen.

Ich muss aber etwas zur Meisterschaft sagen. Vor ab. Man hat Fehler sowohl in der Kaderplanung, als auch im Kadermanagment gemacht und hat dadurch teilweise unnötig Punkte liegen lassen. Ich glaube keiner kann diese Punkte wirklich anstreichen.

Ich höre aber immer wieder, wie sich Leute darüber beschweren, dass man gegen ein so lächerlich schwaches Barcelona die Meisterschaft verliert. Ob Barca aber jetzt in der CL Gruppenphase ausscheidet oder nicht ist für den Liga Alltag völlig irrelevant.
Was wichtig ist, ist die Liga Performance und da muss man ehrlich sein. Barcelona spielt da punktetechnisch eine wahnsinnig gute Saison. Wenn die nicht einbrechen, werden sie am Ende die 90 Punkte Marke knacken, was wir zuletzt 16/17 geschafft haben. Das ist die Realität, gegen die wir konkurrieren. Wir sind halt nicht die Bundesliga oder die Ligue 1. Hier gibt es halt auch mindestens ein anderes Team, das in der Lage solche Liga Kampagnen abzuliefern.

Im direkten Duell hat man sich in der Liga auch gut gegen sie gehalten. Das Hinspiel hat man gewonnen. Im Camp Nou dann in letzter Sekunde verloren. Der direkte Vergleich geht aber immerhin an uns. Aber die Konstanz der Katalanen ist beeindruckend und das muss man bei all der Antipathie einfach zugeben.

Und wenn man es runterbrechen möchte, dann ist es die defensive Stabilität, die Barca zum Meister gemacht hat. Wir können uns ja noch so dumm und dämlich reden und alles auf Glück schieben, aber Barca reicht es wenn sie dem Gegner irgendwie ein Tor reindrücken, um das Spiel zu gewinnen. Bei uns kann da immer noch was passieren. Es wird viel über unsere Offensive geredet und dass wir einen neuen RF bleiben, aber ich glaube um Barca nächste Saison zu knacken brauchen wir wieder eine konstant gute Defensive.

Für nächste Saison gehe ich aber auch davon aus, dass Barca schwächer wird. Sie haben in dieser Saison viele Spiele gewonnen, in denen sie echt Glück hatten. Sowas geht auf lange Zeit einfach nicht gut.

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Wirklich sehr schade, bin auch der Meinung, eine Titelverteidigung wäre absolut möglich gewesen. Barça ist zwar sehr konstant heuer aber sie zeigen eben auch, was mit einem breiteren Kader möglich wäre, selbst ohne tollen Fußball.
Da sehe ich sowohl das Präsidium als auch den Trainer gefordert. Einerseits müssen die Alternativen da sein (9er!), sonst tut sich jeder Trainer schwer. Andererseits muss Carlo konsequenter rotieren, vor allem da wo eigentlich genug Alternativen im Kader wären. Und nicht erst dann wenn sich einer verletzt.
 
Was meinst du mit „wenn man sich die Konkurrenz anschaut!“? Rein spielerisch war Barca vielleicht schlecht, aber der aktuelle Punkteschnitt und die daraus sich ergebene Gesamtpunktzahl von 96 Punkten sprechen eine eindeutige Sprache! Am Ende war es für die blöden Katalanen, trotz vieler minimalistischer 1:0-Siege, eine überragende Saison… Leider.

Damit meine ich, dass die Titelverteidigung sehr realistisch war, weil die Konkurrenz mehr als schlagbar ist, Real Madrid sich aber wie so oft lieber selbst geschlagen hat, indem man einen unnötigen Punktverlust nach dem nächsten fabriziert hat und nicht konstant genug unterwegs gewesen ist. Den Titel hat man zu leichtfertig hergeschenkt, wie man gestern exemplarisch sehen konnte. Der Direktvergleich in der Liga gegen Barca geht übrigens nach Madrid. Ich weiß nicht, wie viele Punkte FCB am Ende der Saison haben wird, aber jetzt haben sie 76. Ob das sang- und klanglose Ausscheiden aus CL und EL samt Demontage in der Copa mit Supercopa und Liga aufgefangen wird für eine angeblich überragende Saison? Wer es so sehen möchte.

Ich rede nur von der Liga. Alles andere war lächerlich in deren Saison! :)
 

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