
Ancelottis Aussage wird prompt konterkariert
„Zwischen der Qualität beider Mannschaften liegen keine elf Punkte Differenz, das haben die Spiele gezeigt. Manchmal haben wir gewonnen, manchmal sie. Beide Mannschaften sind sehr ausgeglichen. Details haben für diese Distanz gesorgt, in den nächsten Spielen wollen wir diesen Rückstand verkürzen.“ Ob Carlo Ancelotti diese Worte, die er im Vorfeld des 31. Spieltages gegen den FC Girona tätigte, mittlerweile bereut? Denn dummerweise bewies sein Team rund 24 Stunden später durch eine krachende 2:4-Pleite im Montilivi „eindrucksvoll“, weshalb der Erzrivale aus Barcelona in der Tabelle derart weit enteilt und die Meisterschaft nur noch eine Frage der Zeit ist.
Und zwar nicht unbedingt, weil die Katalanen wieder über ein übermächtiges Team verfügen, das alles kurz und klein spielt, sondern weil sich die „Blaugrana“ in der Liga – nicht zum ersten Mal – schlichtweg konstanter und gefestigter präsentierte. Natürlich profitierte das Team von Trainer Xavi Hernández hier und da vom Spielglück oder der schwachen Chancenverwertung der Gegner. Dass die Tabellenführung und auch die baldige Meisterschaft hochverdient ist, daran bestehen jedoch keinerlei Zweifel.
An den Liga-Titel glaubten nach Barças 1:0-Erfolg über Atlético vergangene Woche ohnehin nur noch die kühnsten Optimisten, dennoch dürfte ein Großteil der Madridistas spätestens nach dem Girona-Auftritt mit dem Gefühl verbleiben, dass man in dieser Kampagne vorrangig an sich selbst denn am Erzrivalen gescheitert ist.
Eine Mannschaft mit zwei Gesichtern
So stehen die Königlichen nach 31 absolvierten Spieltagen bereits bei fünf Unentschieden und sechs Niederlagen – ergo endeten ein Drittel aller absolvierten mit einem Punktverlust, die Zahl der verlorenen Partien übersteigt die der vergangenen Saison (vier) bereits. Die Spiele, in denen man nicht als Sieger vom Platz ging, folgten dabei fast immer dem gleichen Muster: Man fand gegen einen tief stehenden Gegner kaum offensive Lösungen und ließ sich hinten, unterstützt durch teils gravierende individuelle Patzer, auskontern. Wenn dann noch eine gnadenlose Effektivität wie bei Girona an diesem Abend hinzukommt, stehen schnell auch einmal vier Gegentore zu Buche.
Dass solche Spiele im Laufe einer Saison vorkommen können – auch wenn sie es idealerweise nicht sollten –, ist in Anbetracht des enormen Pensums der letzten Wochen irgendwo sogar menschlich. Es war jedoch nicht der erste Auftritt dieser Art in diesem Jahr und genau das gibt ein wenig zu denken. Dass die Königlichen in der Champions League stets noch einen Tick entschlossener und stärker auftreten, ist beileibe keine Neuigkeit. Die Diskrepanz zwischen den Auftritten in beiden Wettbewerben in diesem Jahr ist teilweise jedoch enorm. Benzema und Co. zeig(t)en in dieser Spielzeit allzu oft zwei völlig unterschiedliche Gesichter.
In Girona war jenes Phlegma gar so offensichtlich, dass sich sogar Ancelotti, der sich sonst immer schützend vor sein Team stellt, zu ungewohnt scharfen Tönen hinreißen ließ: „Es war ein sehr harter Abend, denn wenn du ein Spiel so verlierst, ist das nicht leicht. In der Defensive waren wir sehr schlecht, das war der Knackpunkt im Spiel. Am Anfang waren wir mit dem Ball gut, aber wir haben uns in den Zweikämpfen nicht gut durchgesetzt, nicht gut verschoben und sie haben zwei Konter gegen uns herausgespielt und zwei Mal getroffen. Ab dem Moment wurde das Spiel komplizierter, wir haben versucht, mit individuellen Aktionen zurückzukommen. Wir haben heute nicht als Team zusammengespielt und auch das individuelle Niveau war heute sehr niedrig – von allen. In den letzten Spielen waren wir defensiv sehr gut, das haben wir heute vergessen.“
Die Liga darf keine untergeordnete Rolle spielen
Dass das Team im Copa-Finale am 6. Mai sowie in der Königsklasse wieder ein anderes Gesicht zeigen wird, daran bestehen vermutlich wenig bis gar keine Zweifel. Dennoch geben die fahrigen Leistungen in der Liga zu denken, da sie phasenweise das Gefühl vermitteln, die Meisterschaft spiele in den Köpfen der Blancos nur eine untergeordnete Rolle. Ein fatales Signal für einen Verein wie Real Madrid. Ein Klub, der sich vor allem über die Mentalität des Niemals-Aufgebens definiert und das Selbstverständnis pflegt, jeden Wettbewerb gewinnen zu wollen, sollte dies über eine gesamte Spielzeit vor allem im nationalen Wettbewerb auch vorleben. Spiele wie in Girona können passieren, doch sie sind in diesem Jahr in einer ähnlichen Art und Weise zu oft passiert – wenngleich auch nicht immer mit einem derart krachenden Ende. Denn der Anspruch der Königlichen muss und sollte es sein, auch in der heimischen Liga die unangefochtene Nummer eins zu sein – und solche desolaten Auftritte wie am Dienstagabend gar nicht erst zuzulassen, egal wie aussichtslos die Lage in der Liga auch scheint.
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