Nationalmannschaft

Einzelkritik: No Real, no party – CR7, Bale und Co. mischen EM auf

Tore, Tränen und Titel. Real Madrids Stars haben eine spielerisch insgesamt enttäuschende EURO 2016 positiv aufgemischt. Von neun EM-Fahrern sind sieben mit überzeugenden Leistungen in Erscheinung getreten. REAL TOTAL macht nach dem Turnierende den großen Einzelcheck.

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Alexander Hassenstein/Clive Rose/Nicolas Tucat/AFP/Getty Images
Unter anderem Toni Kroos, Cristiano Ronaldo und Gareth Bale haben bei der EURO 2016 geglänzt – Foto: Alexander Hassenstein/Clive Rose/Nicolas Tucat/AFP/Getty Images

Deutschland

Toni Kroos

Einsätze: 6 von 6
Spielminuten: 570 von 570
Tore: 0
Vorlagen: 1
Schüsse pro Spiel: 2,5*

Am Dauerbrenner und Mittelfeld-Taktgeber lag es sicherlich nicht, dass der Titel-Traum des DFB-Teams im Halbfinale gegen den Gastgeber platzte. Kroos spielte eine fehlerfreie Europameisterschaft und bewies eindrucksvoll, seit seinem Wechsel nach Madrid nochmals gereift zu sein. Dies honorierte auch die UEFA und wählte ihn zurecht in die Elf der EURO.

Der Greifswalder war der stille Leader des Weltmeisters, brachte 92,4 Prozent seiner Pässe an seine Mitspieler. Der erste Turniertreffer der Deutschen durch Shkodran Mustafi gegen die Ukraine fiel außerdem nach einem der stets gefährlichen Kroos-Standards. Der 26-Jährige leitete zahlreiche Chancen ein, die Thomas Müller, Mario Gómez und Co. jedoch kläglich vergaben.

Wäre die deutsche Offensivabteilung auf seinem Niveau gewesen, hätte ein Final-Einzug wohl kein Problem dargestellt. Das Einzige, was man dem Strategen vorwerfen kann, ist sein bisweilen zu harmloses Spiel gegen den Ball. Er sah keine einzige Karte. Einerseits lobenswert, andererseits darf man auf seiner Position im defensiven Mittelfeld auch mal dazwischenhauen. Kroos ist nicht ein solcher Spieler, doch hin und wieder würde ihm ein wenig mehr Aggressivität nicht schaden. Trotzdem: Seine Gesamtleistung in Frankreich war „kroosartig“. REAL TOTAL-Note: 1,5.

Alexander Hassenstein/Getty Images
Kroos mit „kroosartiger“ EM – Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images

Spanien

Sergio Ramos

Einsätze: 4 von 4
Spielminuten: 360 von 360
Tore: 0
Vorlagen: 0
Schüsse pro Spiel: 2,5

Nach einer körperlich wie mental anstrengenden Saison, in der er Real Madrid erstmals als Kapitän repräsentierte, stand der Abwehrchef bei der EURO neben sich. Auf zwei überzeugende, aber keineswegs fordernden Leistungen gegen Tschechien und Türkei folgten zwei unterirdische Auftritte gegen Kroatien und Italien.

Im Duell mit den Kroaten verschoss Ramos sogar einen Elfmeter, der Spanien im Nachhinein den Gruppensieg kostete und auf den „schweren Pfad“ brachte. Gegen Italien präsentierte sich die gesamte Defensive der Iberer vogelwild. Ramos versäumte es ebenso wie sein einst kongenialer Innenverteidigungs-Partner Gerard Piqué, für Ordnung zu sorgen und sein Team aufzurichten.

Den Urlaub hat der Andalusier bitter nötig, um seinen Akku wieder aufzuladen und für Real Höchstleistungen bringen zu können. Nach diesem Achterbahn-Jahr in Madrid sei ihm einstweilen jeder Tag abseits des Fußballs gegönnt. REAL TOTAL-Note: 4,5.

Francisco Leong/AFP/Getty Images
Ramos erlebte ein Turnier zum Vergessen – Foto: Francisco Leong/AFP/Getty Images

Álvaro Morata

Einsätze: 4 von 4
Spielminuten: 289 von 360
Tore: 3
Vorlagen: 0
Schüsse pro Spiel: 3,3

Drei Tore und viele gute Einzelaktionen können sich sehen lassen. Morata demonstrierte bei seinem ersten großen Turnier, für einen neuen Anlauf im Estadio Santiago Bernabéu gewappnet zu sein. Im Achtelfinale blieb jedoch auch der 23-Jährige blass. Seine Ex-Juventus-Kollegen Giorgio Chiellini und Leonardo Bonucci nahmen ihn ordentlich in die Mangel, zumal Morata gegen Italien keine Unterstützung, stattdessen nur ideenlose und undankbare lange Bälle erhielt. Bis auf Andrés Iniesta präsentierte sich keiner seiner Offensivkollegen in Topform.

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Man darf gespannt sein, wie er mit Reals Stürmern harmoniert, sollte er nicht doch noch weiterverkauft werden. Aktuell stehen die Zeichen auf Verbleib – wohl auch, weil seine EM den Verantwortlichen der Königlichen Lust auf mehr gemacht hat. REAL TOTAL-Note: 2.

Alex Livesey/Getty Images
Morata war einer der besten Torjäger – Foto: Alex Livesey/Getty Images

Lucas Vázquez

Einsätze: 1 von 4
Spielminuten: 20
Tore: 0
Vorlagen: 0
Schüsse pro Spiel: 0

Jung, hungrig, dynamisch. Genau diese Attribute fehlten der Mannschaft von Vicente del Bosque in Frankreich. Dabei hatte der Fußball-Lehrer aus Salamanca den bei Real so überzeugenden Lucas Vázquez auf der Bank sitzen. Erst 20 Minuten vor dem Turnierende gab er dem Debütanten eine Chance. Zu spät, denn Vázquez wusste während seines Kurzeinsatzes gegen die Italiener durchaus zu gefallen. Dem 25-jährigen Wirbelwind gehört die Zukunft – auch im weißen Trikot. Zu wenig Spielzeit für eine Bewertung.

Mike Hewitt/Getty Images
Lucas durfte nur 20 Minuten ran – Foto: Mike Hewitt/Getty Images

Kroatien

Luka Modrić

Einsätze: 3 von 4
Spielminuten: 272 von 390
Tore: 1
Vorlagen: 0
Schüsse pro Spiel: 0,7

Es hätte seine EM werden können, doch Kroatien scheiterte bereits im Achtelfinale an Portugal. Nach zwei sagenhaften Darbietungen, vor allem im Eröffnungsspiel gegen die Türkei, als er sehenswert aus der Ferne traf, wiesen körperliche Problemen den Mozart vom Balkan etwas in die Schranken.

Eine gegen Tschechien zugezogene Adduktorenverletzung setzte den Mittelfeldregisseur nicht nur gegen Spanien außer Gefecht, sondern hemmte ihn auch im Duell mit seinen Teamkollegen Cristiano Ronaldo und Pepe. Modrić wirkte gegen den späteren Turniersieger verständlicherweise nicht mehr so frisch wie zu Beginn. Auch er hatte eine lange Saison hinter sich. REAL TOTAL-Note: 2,5.

Mike Hewitt/Getty Images
Modrić schoss eines der schönsten EM-Tore – Foto: Mike Hewitt/Getty Images

Mateo Kovačić

Einsätze: 2 von 4
Spielminuten: 36 von 390
Tore: 0
Vorlagen: 0
Schüsse pro Spiel: 0,5

Die enttäuschende Saison des kroatischen Versprechens setzte sich bei der EURO fort. Kovačić kam lediglich zu zwei Kurzeinsätzen. Im Spiel gegen Spanien, als alle mit dem 22-Jährigen als Modrić-Ersatz gerechnet hatten, vertraute Ante Čačić überraschend auf den zwei Jahre jüngeren Marko Rog. Kovačić überzeugte seinen Coach offenbar nicht im Training. Lag das an der fehlenden Spielpraxis bei Real?

Klar ist: In den nächsten Wochen wird der gebürtige Linzer seine Zukunft analysieren müssen. Real-Trainer Zinédine Zidane soll ihm einen Wechsel auf Leihbasis ans Herz gelegt haben. REAL TOTAL-Note: 4,5.

Mateo Kovacic im Trikot der kroatischen Nationalelf (Foto: AFP/Getty)
Kovačić nahm nur eine Reservistenrolle ein – Foto: AFP/Getty Images

Wales

Gareth Bale

Einsätze: 6 von 6
Spielminuten: 533 von 560
Tore: 3
Vorlagen: 1
Schüsse pro Spiel: 4,3

Vollkommen unverständlich, weshalb die UEFA davon absah, ihn in die Elf der EURO zu wählen. Bale war der einzige Superstar des Turniers, der wirklich in jedem Spiel positiv in Erscheinung trat und sich bedingungslos für sein Team aufopferte. Er nahm den Fußball-Zwerg Wales auf seine Schultern und trug ihn mithilfe großartiger Co-Produzenten wie Aaron Ramsey, Joe Allen oder Hal Robson-Kanu auf sensationelle Art und Weise bis ins Halbfinale. Ein Märchen, das die wunderbare Saison Bales passend abrundete.

Antrittsstark, für die Kollegen aufopfernd, abschluss- und einsatzfreudig (und Herzen ließ er auch anderweitig aufgehen). Knüpft die Nummer 11 an diese Leistungen an, stellt sich nicht die Frage, wie die zukünftige Galionsfigur von Real heißt. Sir Gareth at his best! REAL TOTAL-Note: 1.

Stu Forster/Getty Images
Bale ackerte und rackerte für Wales – Foto: Stu Forster/Getty Images

Portugal

Pepe

Einsätze: 6 von 7
Spielminuten: 650 von 810
Tore: 0
Vorlagen: 0
Schüsse pro Spiel: 0,5

Chapeau vor diesem Fußballspieler. Zu unfair? Zu alt? Von wegen! Pepe belehrte in den vergangenen vier Wochen all seine Kritiker eines Besseren. Die Madridistas wissen schon längst, was sie an dem mittlerweile 33-Jährigen haben. Nach seinen Leistungen bei der EURO dürften auch die Portugiesen ihm endlich ein Denkmal bauen.

Ohne den sich mit fairen Mitteln (nur eine Gelbe Karte!) in jeden Zweikampf werfenden, alles und jeden überspringenden Innenverteidiger hätte die Seleção das Finale nie erreicht. Dass Frankreich kaum Durchschlagskraft hatte, war dem Defensivfelsen mit der Nummer 3 geschuldet. Die logische Konsequenz: Die UEFA ernannte Pepe zum „Man of the Match“ und verlieh ihm obendrein einen Platz in der Top-Elf. REAL TOTAL-Note: 1.

FRANCISCO LEONG/AFP/Getty Images
Pepe (l.) glänzte nicht nur gegen Kroatien – Foto: Francisco Leong/AFP/Getty Images

Cristiano Ronaldo

Einsätze: 7 von 7
Spielminuten: 625 von 810
Tore: 3
Vorlagen: 3
Schüsse pro Spiel: 6,4

Nein, er konnte in seinem womöglich wichtigsten Spiel nicht über die volle Länge mitwirken. Dennoch war er ein Teil der Mannschaft. Ein wahrer Kapitän. Ein Leader aus dem Bilderbuch. Ein Co-Trainer mit einer unbändigen Siegermentaltiät. „Er übertrug seine Kraft auf uns“, schlussfolgerte Eder, Portugals Endspiel-Held, nach der Sensation in Saint-Denis.

Drei Tore, drei Vorlagen, Silberner Schuh (den er gerne verschenkte). Ronaldos Anteil an der ersten internationalen Trophäe seines Landes war riesig, schließlich brachte sein Doppelpack beim spektakulären 3:3-Gruppenduell mit Ungarn die Iberer erst in die K.o.-Phase. Das Halbfinale gegen Wales entschied er binnen fünf Minuten mit einem Tor und einer Vorlage. Und jeder weiß: CR7 ging nicht hundertprozentig fit ins Turnier. Aber auch ein halber Ronaldo reicht schon, um weit zu kommen. So weit? Damit hätte er wohl selbst vor einigen Wochen kaum gerechnet. Der Ballon d’Or ist ihm wohl nicht mehr zu nehmen… REAL TOTAL-Note: 1.

Francisco Leong/AFP/Getty Images
CR7 holte seinen ersten Titel mit Portugal – Foto: Francisco Leong/AFP/Getty Images

*Datenquellen: transfermarkt.de und whoscored.com

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