
Zwei Traumpässe, enormer Zug zum Tor, ein vor der Linie weggegrätschter Schuss, herausragender Kampfgeist und meist vom Gegner nur durch Fouls – einmal mit Gelb – zu stoppen: In der Copa del Rey präsentierte sich Endrick von seiner besten Seite und setzte die gegnerische Defensive mit seiner physischen Wucht unter Druck. Gerade gegen robuste Drittligisten macht der 1,73-Meter-Mann so seine Qualitäten sichtbar, auch wenn das Resultat des Spiels nur knapp zu Gunsten der Königlichen ausfiel. Unter Xabi Alonso steht der junge Brasilianer allerdings, noch hinter Eigengewächs Gonzalo García, am Ende der internen Hackordnung. So sammelte er vor seiner Auswechslung in der 77. Minute gerade einmal magere 22 Spielminuten in LaLiga und in der Champions League. Eine erschreckende Bilanz, auch wenn der Stürmer zu Saisonbeginn lange verletzt war. In der abgelaufenen Spielzeit zeigte er phasenweise unter Ex-Real- und Neu-Brasilien-Coach Carlo Ancelotti, was in ihm steckt – immerhin erzielte der Angreifer in seiner Debüt-Saison sieben Treffer und legte einen weiteren auf.
Endrick vs Talavera pic.twitter.com/soJ97f4aQp
— ???????? (@idoxvi) December 17, 2025
Impulsivität als Hindernis
Der 19-Jährige trifft seine Wahl auf dem Feld oft aus dem Bauch heraus und trotz seiner auffälligen Leistungen bleiben die bekannten Schwächen sichtbar: Taktische Ungestümtheit, unkontrollierte Laufwege und riskante Entscheidungen kosten Endrick in Alonsos System Spielzeit. Gleichzeitig ist klar, dass sein Talent und sein Selbstbewusstsein ihn bereits jetzt zu einem spektakulären Spieler machen. Hinzu kommt die aktuelle Konkurrenzsituation: Gonzalo García, der bei der Klub-WM für Furore sorgte, steht derzeit vor Endrick. Der Spanier wirkt reifer und taktisch stabiler, auch wenn er bei seinen wenigen Möglichkeiten zuletzt nicht voll überzeugte. Der 14-fache brasilianische Nationalspieler ist damit das Schlusslicht in der Offensiv-Hierarchie unter Alonso und kann sich ohne gravierende Veränderungen nicht weiterentwickeln. Seit seinem Wechsel von Palmeiras an die Concha Espina fiel der Marktwert sukzessive von stolzen 60 Millionen Euro auf nur noch 25 Millionen Euro.
Bleiben oder Leihe?
Hier entsteht der zentrale Zwiespalt: Einerseits lässt sich argumentieren, dass Endrick sofort mehr Verantwortung und Einsatzzeiten bei den Blancos verdient, weil Motivation, Dynamik, Talent und Durchsetzungsfähigkeit vorhanden sind. Andererseits spricht gerade seine Notwendigkeit für kontinuierliche Spielpraxis klar für eine Leihe. Nur in echten Wettbewerben kann er lernen, seine Ungestümtheit zu zügeln, taktische Disziplin zu entwickeln und sein enormes Potenzial auszuschöpfen. Laut Medienberichten steht eine Winter-Leihe zu Olympique Lyon bevor, die ihm genau diese Spielpraxis bieten würde. Ein Szenario, das an Marian Díaz erinnert, der beim französischen Klub einst ebenfalls aufblühte. Der vermutlich vorerst letzte Auftritt in der Copa del Rey – in LaLiga ist Endrick noch einmal gesperrt – liefert jedenfalls Argumente für beide Wege: Endrick wirkt bereit für höhere Aufgaben, ist aber noch längst nicht vollends ausgereift – speziell nicht für Alonsos Positionsspiel? Eins ist sicher: Das Sturmtalent bringt alles mit, um ein großer Spieler zu werden. Ob der nächste Schritt in der spanischen Hauptstadt oder doch wie mehr oder weniger abgemacht ist bei einem Leihklub, wird entscheidend für seine weitere Entwicklung sein – auch mit Blick auf die bevorstehende Weltmeisterschaft im Sommer 2026. So bleibt der Eindruck, dass sein Einsatz am Mittwochabend ein zu guter Abschied war…


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