Reportage

Enzo Zidane: Letzte Ausfahrt Genfer See

Seit Beginn der fußballerischen Karriere des Enzo Zidane hängt der Schatten seines Vaters über ihm. Große Hoffnungen begleiteten ihn bereits in den Jugendakademien von Juventus Turin und Real Madrid. Bisher konnte der 22-Jährige seinen Erwartungen jedoch nicht gerecht werden, Anspruch und Realität liegen weit auseinander. Beim FC Lausanne-Sport steht er nun vor seiner womöglich letzten Chance, im Profigeschäft Fuß zu fassen.

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Hier strahlt Enzo noch – im Oktober an Spaniens Nordküste – Foto: instagram.com/enzo

„Ich will einfach wieder Freude am Fußball haben“

LAUSANNE. Enzo ist der Älteste von vier Zidane-Söhnen. Nachdem er unter Papa Zinédine den Sprung in den erweiterten Kader der Königlichen schaffte, verirrte sich seine Karriere in einer Mixtur aus Stagnation und Rückschritt. Der berühmte Vater sowie die fußballerische Ausbildung weckten große Hoffnungen auf einen weiteren Virtuosen des Fußballs. Enzo wird allerdings im März 23 Jahre alt und sein Durchbruch lässt weiter auf sich warten. Die Uhr tickt gegen ihn.

Beim FC Lausanne, seinem aktuellen Klub, freut man sich auf den Mann mit dem berühmten Namen. David Thompson, der Präsident des Klubs, bezeichnete ihn als wahre Verstärkung für das Team. Auch Enzo erhofft sich einen Wendepunkt in seiner Karriere: „Ich will einfach wieder auf dem Platz stehen und Freude am Fußball haben.“

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Bei Alavés unerwünscht

Mit einem ähnlichen Ziel – endlich sein Können beweisen zu dürfen – wechselte Enzo vergangenen Sommer von Real Madrid zu Deportivo Alavés. Dort unterzeichnete er einen Vertrag bis 2020. Nach nur vier Pflichtspielen mit gerade mal 155 Minuten in einem halben Jahr zog der Franzose im Januar die Reißleine. Der Transfer nach Lausanne scheint fast der letzte Strohhalm für den einstigen Castilla-Kapitän zu sein, an dem er sich nun dringend festklammern sollte. Das glücklose Intermezzo im kalten Baskenland erweckt Grund zur Sorge um die Karriere Enzos. Aber: Der Wechsel in die Schweiz ist kaum als Sprung, aber vermutlich eine letzte Chance zu sehen, die Fußballwelt von seinem Potential zu überzeugen. In der idyllischen Stadt am Genfer See wird der älteste Zidane-Sprössing mehr Ruhe um seine Person erfahren. Der Preis dafür ist eine Liga mit wenig Charme und ein Verein, der nicht zwingend als Top-Adresse des europäischen Fußballs gilt.

Der ehemalige Nachbar als Lockvogel – und Trainer

Eine entscheidende Rolle beim Wechsel spielte offensichtlich der Trainer des Klubs: Enzo kennt Fabio Celestini schon seit einigen Jahren. Als der heutige Übungsleiter noch seine Fußballschuhe beim FC Getafe schnürte (2005 bis 2010), wohnte er in derselben Nachbarschaft wie die Familie Zidane. Auf Nachfrage, wieso sich Enzo Alan Zidane Fernández, wie er mit vollem Namen heißt, für Lausanne entschieden hatte, begründet es der 22-Jährige: „Weil mich Celestini angerufen und mich von seiner Spielidee überzeugt hat. Er liebt den offensiven Fußball, viel Ballbesitz, das gefällt mir.“ Auch Celestini lobte seinen neuen Spielmacher und dessen „fantastische erste Ballberührung“. Der 42 Jahre alte Schweizer ist überzeugt davon, dass der FC Lausanne durch Enzo an technischer Qualität im Mittelfeld gewinnt. „Er hat Fantasie und Kreativität.“

Unter Papa Zinédine debütierte Enzo am 30. November 2016 für Real Madrid mit einem Tor Foto: Denis Doyle/Getty Images

In Lausanne: Drei Einsätze, Tor-Debüt am Wochenende

Der berühmte Name scheint allerdings für den in Bordeaux Geborenen eine Last zu darzustellen. Nicht ohne Grund hatte er sich dazu entschieden, schlichtweg „Enzo“ auf dem Rücken zu tragen, und wird eher mit Fernández – dem Nachnamen seiner Mutter – gelistet. Schon lange versucht er aus dem Schatten seines Vaters hervorzutreten. Der holprige Start in der Schweiz ist dabei nicht gerade hilfreich gewesen. Nach seinem ersten Testspiel in Thun attestierte man Lausannes neuer Nummer 21 zwar ein feines Füßchen, allerdings auch Probleme in Pressingsituationen und zu viele Ballverluste.

Es braucht so seine Zeit. Aber immerhin: Nach zwei Kurzeinsätzen gegen Luzern und Berns Young Boys durfte Enzo am Sonntag erstmals über 90 Minuten ran – und traf prompt gegen Sion (1:3). Blöd nur: Alle drei Partien mit dem königlichen Nachwuchsmann verlor Lausanne, steht damit als Drittletzter der Super League nur noch vor Thun und Sion. Langsam wird es Zeit für Enzo, zu zeigen was er kann.

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von
Christian Graber

Anhänger der Königlichen seit dem bitteren Halbfinalaus in der Champions League-Saison 2001 gegen die Bayern und seitdem Verehrer der Klubphilosophie. Spezifische Kenntnisse des Fußballmarktes in Lateinamerika und bekennender Freund der "Joga-Bonito-Kultur".

Kommentare
Talent hatte er auf jeden Fall, aber er ist nun auch schon fast 23 und obwohl ich ihm den Durchbruch wünschen würde, kann ich es mir nicht wirklich vorstellen, dass er es weit bringt.
 

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