Interview

Ex-Castilla-Coach Toril: Canteranos erfahren zu wenig Wertschätzung

„Canteranos an die Macht“ lautet derzeit das Motto bei den Königlichen. In Abwesenheit der verletzten Stammkräfte wie James Rodríguez oder Gareth Bale rücken Casemiro, Lucas Vázquez und Jesé Rodríguez immer mehr ins Rampenlicht und wissen durch gute Leistungen zu überzeugen. Eine Entwicklung, die besonders Ex-Real-Jugendcoach Alberto Toril erfreut, der im Interview mit CADENA COPE dem Canterano-Trio ein Sonderlob aussprach. Gleichzeitig warb er im Fall Denis Cherysehv um Geduld und merkte an, dass die Nachwuchsspieler Reals generell zu wenig Wertschätzung erfahren würden.

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Jesé Rodríguez feierte 2011 sein Profidebüt bei Real Madrid

„Casemiro kam in schlechter Form und mit wenig Moral“

MADRID. Dass aktuell mit Carlos Casemiro, Lucas Vázquez und Jesé Rodríguez drei Spieler aus der eigenen Cantera für Furore sorgen, wird man bei Real Madrid mit großem Wohlwollen registrieren, da sich insbesondere Neu-Trainer Rafael Benítez vor der Saison das Ziel setzte, wieder vermehrt eigene Jugendspieler bei den Profis zu integrieren. Einen Mann dürfte dieser Umstand jedoch besonders freuen: Alberto Toril. Der 42-Jährige Spanier war nämlich zwischen 2011 und 2013 als Trainer für die Castilla verantwortlich und hatte dabei jene Spieler, die nun bei den „Großen“ mitmischen, unter seinen Fittichen.

Besonders hervor sticht in den letzten Wochen dabei vor allem Casemiro, der mittlerweile als ernsthafter Kandidat auf einen langfristigen Stammplatz gilt. In den Augen seines Förderers eine extrem erfreuliche Entwicklung, da dieser nach seinem Wechsel 2013 aus Sao Paolo zunächst mit einigen Problemen zu kämpfen hatte, seit seiner Rückkehr aus Porto aber geradezu aufblüht: „Als Casemiro zur Castilla kam, sah er sich speziellen Umständen ausgesetzt. In der Theorie war es eigentlich ein Schritt zurück, weil er aus Sao Paolo kam, aber er sah es als Herausforderung wieder auf sein Niveau zu kommen und hat nun bewiesen, dass er ein sehr wettbewerbsfähiger Spieler ist. Er kam in schlechter Form und mit wenig Moral, aber für ihn war es eine großartige Gelegenheit. Er fand eine gute Umgebung sowie eine tolle Arbeitsgruppe vor und beendete das letzte Jahr nun auf großem Niveau.“

Ähnlich wie der Brasilianer wählte auch Mitspieler Vázquez den Umweg über einen Leihverein, um über regelmäßige Spielpraxis den nächsten Schritt in der Entwicklung zu nehmen. Bei Espanyol Barcelona wusste der heute 24-Jährige diesen auch zu vollziehen und konnte Benítez von einer Rückholaktion überzeugen. Für Toril war das „Auslandsjahr“ die absolut richtige Entscheidung, da sein ehemaliger Schützling dadurch weiter reifte: „Bei Lucas konnte man gute Voraussetzungen erkennen. Der Schritt zu Espanyol gab ihm das, was ihm fehlte: Pausen zu nehmen und die Fähigkeit, zu wählen. Er ist ein Arbeiter und das gefällt Benítez. Er wird dem Team viele Minuten mit Qualität bescheren.“

„Jesé ist durch seine Verletzung erwachsen geworden“

Eine ähnliche Reifephase durchlebte auch Jesé – wenn auch unter anderen Umständen. Durch seine schwere Kreuzbandverletzung besitzt der „Goldjunge“ mittlerweile eine andere Sicht auf die Dinge und auch eine andere Einstellung bezüglich seines Berufes. „Die Dinge passieren aus einem Grund. Ich sage nicht, dass ich nicht gearbeitet habe früher, aber seit der Verletzung arbeite ich mehr“, so der Jungstar nach dem 3:1-Erfolg in Vigo ehrlich.

Sein Jugendförderer teilt diese Ansicht – und sagt seinem Zögling gleichzeitig eine große Zukunft voraus: „Jesé ist durch die Verletzung erwachsen geworden und schätzt jetzt die kleinen Dinge. Er muss sich die Minuten verdienen, wenn alle fit sind. Er besitzt natürliches Talent, ist unberechenbar und macht Dinge, die niemand anderes tun kann. Mit dem nötigen Selbstvertrauen kann er bei Madrid ein großer sein.“

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Nicht ganz so positiv gestaltet sich hingegen die Situation von Denis Cheryshev, der ebenfalls unter dem Fußballlehrer aus der Nähe von Córdoba seine letzten Schritte Richtung Profibereich unternahm. Nach einer eigentlich passablen Vorbereitung hängt der Russe gegenwärtig ein wenig durch und wird schon jetzt als heißer Kandidat auf einen Wintertransfer gehandelt. Toril würde dies allerdings als zu früh empfinden und erbat für den Flügelflitzer noch ein wenig Geduld: „Cheryshev hat seinen Platz noch nicht gefunden, aber in bestimmten Phasen der Saison kann er dir viele Dinge bieten, weil er Qualität und Frische besitzt.“

„Schön, sie nach so vielen Jahren bei den Profis zu sehen“

Für den einstigen Canterano selbst ist der Umstand, dass nun vier „seiner Jungs im großen Bernabéu auflaufen, die schönste Bestätigung, welche man als Jugendtrainer erfahren kann. Im gleichen Atemzug übte der Ex-Profi allerdings auch leise Kritik am Transfergebahren seines Jugendklubs, da durch die millionenschweren Mega-Transfers zum einen die Erwartungshaltung an die eigenen Nachwuchstalente enorm sei und zu anderen die zugekauften Spieler oftmals auch eine größere Wertschätzung erhielten: „Das ist die wichtigste Befriedigung. Nach so vielen Jahren mit ihnen ist es sehr schön, sie in der ersten Mannschaft zu sehen. Wir schätzen die von außerhalb leider immer mehr. Wenn die Canteranos unangefochtene Stammspieler wären, würde man sie anders betrachten.“

Am derzeitigen Auftreten der Mannschaft hat der Pokalsieger von 1993 allerdings wenig zu bemängeln. Benítez’ auf Balance ausgelegte Spielweise stehe dem Team gut zu Gesicht und der Trainer leiste überdies hervorragende Arbeit: „Er ist ein kompletter Trainer. Er arbeitet jede Phase des Spiels ab. Du kannst ihn nicht in eine Schublade stecken. Er will ausgeglichene Mannschaften, die als Block agieren. Das kann Madrid viel geben. Benítez gefällt es, dass seine Spieler in der Defensive arbeiten. Spieler wie (Gareth) Bale, Cristiano (Ronaldo) oder (Karim) Benzema sind entscheidend im Angriff, aber die Defensive fällt ihnen schwer.“

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von
Yannick Frei

Hauptberuflich im Nachwuchsfußball zuhause. Von den Großmeistern Figo und Zidane verzaubert, bin ich bis heute ein glühender Anhänger des größten Klubs der Welt.

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