
„Kitzelt sehr in den Füßen“
SAARBRÜCKEN. Ein Ex-Madrilene macht es vor. „Wir halten uns strikt daran, was von uns verlangt wird: Zuhause bleiben, Abstände halten, vorsichtig sein“, verrät Christopher Schorch im exklusiven Interview mit REAL TOTAL. Der 31-Jährige spielte von 2007 bis 2009 in Real Madrids Castilla und steht derzeit mit dem 1. FC Saarbrücken sowohl vor dem Aufstieg in die dritte Liga, als auch im Halbfinale des DFB-Pokals. Daher ist für Schorch klar: „So vorsichtig wir sind, wir haben trotzdem im Hinterkopf: Wann geht es endlich wieder los, wann kann man wieder spielen? Denn: Es kitzelt schon sehr in den Füßen!“
Einkaufen für Senioren: „Einfach etwas Gutes tun“
Der in Halle an der Saale geborene Innenverteidiger weiß dennoch, sich zu beschäftigen: „Wir haben unsere ganz normalen, individuellen Pläne, die wir von unseren Fitnesstrainern erhalten, die wir tagtäglich erhalten.“ Und darüber hinaus fällt Schorch gemeinsam mit Freundin Celine Preuß, welche für Saarbrückens Frauenmannschaft spielt, durch solidarische Aktionen auf: Das Paar geht unter anderem in der Saarland-Hauptstadt für Senioren einkaufen. „Wir haben damit angefangen, so den Leuten zu helfen, etwas Gutes zu tun. Wir haben die Zeit, sind jung, fit und letztendlich fällt es mir dank meiner Freundin auch in so einer schweren Zeit leicht – man hat trotzdem Spaß zusammen, man darf den Spaß nie verlieren im Leben!“
Ob er sich mehr solcher Aktionen von seinen Kollegen wünscht? „Letztendlich muss jeder für sich entscheiden, was gut ist oder nicht, was man machen möchte und was nicht“, so Schorch, der darüber hinaus Trikots zur Verfügung stellt, bei denen der Erlös We Kick Corona zugutekommen soll. Warum? „Weil ich das auch eine gute Aktion finde von den Jungs!“ Gemeint sind die Bayern-Profis Leon Goretzka und Joshua Kimmich und ihre gemeinsam gegründete Spendenaktion. Der frühere Madrilene ergänzt: „Jeder macht etwas auf seine Art, wir machen es eben so, weil wir auch nicht so eine unfassbare Reichweite haben wie Goretzka oder Kimmich, deren Aktion sehr gut angenommen wird von vielen Profisportlern. Daran sieht man, dass es doch eine große Gemeinschaft ist, und das muss man vorleben und ich denke das tun sehr viele.“
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„Stolz, dass sich Mitarbeiter keine Gedanken machen müssen“
Sehr viele machen sich auch Sorgen. Angesichts der Möglichkeit eines kompletten Abbruchs der Saison meldeten erste Vereine bereits Kurzarbeit an. „Kurzarbeit ist auch bei uns ein Thema“, verrät Schorch, der aber auch glaubt, dass „durch die Halbfinalteilnahme am DFB-Pokal der Verein noch etwas Luft hat. Und was für mich auch schön ist, ist, dass unsere Mitarbeiter und die, die sehr, sehr viel hinter den Kulissen leisten, sich keine Gedanken machen müssen. Deswegen können wir auch stolz sein, dass wir so weit gekommen sind, dass der Verein in so einer schweren Zeit die Möglichkeit hat, ganz normal alles weiter zu zahlen, was mich persönlich freut.“ Letztendlich muss jedoch „jeder für sich klar machen, ob man auf etwas verzichten kann oder nicht im Leben“.
Positiver Effekt auf Fußballwelt? „Ablösesummen normalisieren“
Der Abwehrhüne hofft zudem, dass die Corona-Krise positive Auswirkungen auf die Fußballwelt haben wird. Konkreter, „dass diese ganzen Ablösesummen, die in die Höhe geschossen sind, dass sich das wieder normalisiert.“ Denn auch Schorch sieht, dass „egal welche Vereine, auch Barça hat Kurzarbeit angemeldet, von ganz klein bis ganz groß hat jeder damit seine Probleme, außer Bayern, die extrem gesund aufgestellt sind, mittlerweile auch Borussia Dortmund.“ Und während in LaLiga schon vier Klubs ERTE, die spanische Kurzarbeit, angemeldet haben, scheint auch Real Madrid dank guten, finanziellen Polsters noch weit weg von einer finanziellen Krise zu sein.
So lautet auch Schorchs Wunsch „dass alle einen Gang zurück schalten in Sachen Geldforderung und Ablösesummen, damit alles human wird beziehungsweise humaner. Denn im Sport ist nunmal viel Geld unterwegs, das muss man wissen. Und von daher denke ich, dass man immer aus einer Krise etwas Positives ziehen muss und kann.“ Positiv, verbunden mit einer „guten“ Lösung für die Ligen: „Was passiert mit der dritten Liga, was mit der Regionalliga? Letzten Endes haben wir über zwei Drittel der Spiele absolviert und spielen dieses Jahr die Saison unseres Lebens. Wir sind Erster mit sechs Punkten Vorsprung, stehen als erster Viertligist in der Geschichte des DFB-Pokals im Halbfinale – deswegen hoffe ich, dass wir das auch krönen können mit dem Aufstieg, unserem größten Ziel.“

Umbruch: Lob für Real Madrid und Zidane
Von der Regionalliga Südwest hin zu LaLiga. Dort haben die Königlichen auch noch ein großes Ziel vor Augen – die erste Meisterschaft seit 2017. All das nur ein Jahr, nachdem die Königlichen komplett am Boden lagen. „Jeder Umbruch benötigt natürlich Zeit. Ich finde es gut, dass Real Madrid den Umbruch gewagt hat. Natürlich auch mit dem richtigem Trainer, mit Zinédine Zidane, der ist einfach der richtige Trainer für Real Madrid“, kommentiert Schorch die Situation bei seinem einstigen Arbeitgeber. Zwar hat der Deutsche in seinen zwei Jahren kein Spiel für die erste Mannschaft bestritten, aber oft mit den Profis trainieren und so einige kennenlernen dürfen – mehr dazu im zweiten Teil unseres Interviews am Mittwoch.
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Schorch hat noch mehr Lob für den 47-jährigen Franzosen über: „Er ist der, der kein Blatt vor den Mund nimmt und auch die unantastbaren Stars zurecht stutzt oder auch sagt, auf wen er verzichten kann, und lieber jüngeren Spielern die Chance gibt, wie einem Vinícius (Júnior), der eingeschlagen ist. Wenn das nicht unter Zidane passiert wäre, wäre es vermutlich gar nicht passiert, denn Zidane macht keinen Halt vor Namen.“
Trotzdem glaubt der Ex-Canterano, dass „der Umbruch noch weiter geht” und “noch ein, zwei Jahre dauert“ aber, dass „Real Madrid auch Zidane die Zeit dafür gibt“.
Zeit, um nach wie vor einen großen Abgang zu verkraften. „Der Weggang von Cristiano Ronaldo ist brutal schwer zu ersetzen. Viele haben gesagt, es sei eigentlich gut für Real, aber letztendlich hat man gesehen, was Ronaldo für Real Madrid war. Wie viel er ausgemacht hat, die entscheidenden Tore kamen meist von ihm. Und sowas zu ersetzen, dauert Jahre und geht auch nicht mit ein, zwei Spielern, sondern da braucht man eine ganze Mannschaft dahinter und ich glaube, da sind sie mittlerweile auf einem guten Weg wieder etwas aufzubauen.“
Seine früheren Erfahrungen mit CR7, Sergio Ramos und auch Raúl González, darüber berichtet Schorch im zweiten Teil unseres Interviews, in dem er sich auch genauer zu seiner früheren Kritik an den Real-Fans äußert sowie Unterschiede zwischen deutschem und spanischem Fußball aufzeigt.
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