Historie

„Für Real Madrid geboren!“ Pérez und Beckham über Galáctico-Transfer

David Beckham stammt aus Manchester Uniteds Jugend, wurde dort zur Legende. Aber laut Florentino Pérez war er „einfach für Real Madrid geboren.“ In der neuen Netflix-Doku blicken Pérez und Beckham zurück auf den Wechsel des Galácticos, obwohl im Sommer 2003 zuvor Barça-Präsident Joan Laporta einen Transfer angekündigt hatte.

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David Beckham
Am 2. Juli 2003 wurde David Beckham als neuer Real-Spieler vorgestellt – Foto: JAVIER SORIANO/AFP via Getty Images

Nicht für Barça: Geboren, um bei Real Madrid zu spielen

David Beckham hat Geschichte geschrieben. Nicht nur auf dem Fußballplatz. Ohne Zweifel ist er einer der berühmtesten Fußballer, die dieser Sport jemals hervorgebracht hat. Seine Karriere begann bei Manchester United und dort feierte er auch seine größten Erfolge, doch dann verließ er die Industriemetropole im Sommer 2003 auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft. Sein Ziel: Real Madrid. Es sah aus wie eine himmlische Verbindung. Die Galáctico-Ära der Blancos war zu diesem Zeitpunkt in vollem Gange und es machte für den Verein vielleicht nicht aus sportlicher Sicht, aber aus Marketing-Gründen durchaus Sinn, Beckham in seine Reihen aufzunehmen. Gleichzeitig hat die Liaison mit dem bekanntesten Verein der Welt auch der Marke Beckham viel gebracht.

Dabei verrät der inzwischen 48-Jährige in der neu erschienenen Netflix-Dokuserie „Beckham“, dass er eigentlich nie vorhatte, United zu verlassen. Es waren vor allem die immer größeren Spannungen zwischen dem Mittelfeldspieler und seinem Trainer Sir Alex Ferguson, die den Manager dazu bewogen haben, Beckham gehen zu lassen. „‚Erledigt. David wird uns verlassen.‘ Einfach so, eiskalt, und dann redete er über etwas anderes“, erinnert sich Fergusons damaliger Co-Trainer Carlos Queiroz. Der Schotte wollte den Briten sogar zu Barça abschieben! Der Spieler selbst war geschockt, als Joan Laporta, der sich im Sommer 2003 (erfolgreich) um die Präsidentschaft beim FC Barcelona beworben hatte, bei einer Pressekonferenz verlautbaren ließ, dass Manchester einem Wechsel zugestimmt habe. „Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Manchester United einem Deal zugestimmt hat. David Beckham wird künftig für den FC Barcelona spielen.“ Ferguson war daraufhin für seinen nichtsahnenden Spieler nicht zu sprechen. „Ich habe den Verein angerufen und gefragt, ob ich mit dem Boss sprechen kann. Sie sagten: ‚Nein. Er will nicht mit dir reden.‘“ Und Beckham war „wütend und verletzt“.

Gleichzeitig hielt Reals Präsident Florentino Pérez den schillernden Star für einen Spieler, der „dafür geboren wurde, um bei Real Madrid zu spielen“. Und tat entsprechend alles dafür, ihn nach Madrid zu holen. Nach dem Rückspiel im Champions-League-Viertelfinale zwischen United und Real am 23. April 2023, in dem Beckham zwei Tore erzielte, ereignete sich eine für ihn denkwürdige Szenerie – wegen und dank Zinédine Zidane, der damals seine zweite Saison bei den Blancos erlebte. „Zidane kam zu mir. Und ‚Zizou‘ spricht nicht so viel Englisch, er spricht generell nicht so viel. Er gab mir die Hand und sagte: ‚Kommst du nach Madrid?‘ Und ich so: ‚Hat das gerade ‚Zizou‘ gesagt?‘ Ich habe diesen Moment geliebt!“, erinnert sich der „Becks“. Als ihm klar wurde, dass es für ihn im Old Trafford keine Zukunft mehr gibt, entschied sich Beckham schnell für einen Wechsel, und zwar zu dem Verein, den er sich ausgesucht und den er schon immer geliebt hatte – Real Madrid.

„Willst du für Real spielen? ‚Ja.‘ Abgemacht.“

„Das Telefon klingelte, es war Florentino. ‚David, möchtest du für Real Madrid spielen?‘ Ja. ‚Kein Problem.‘ Abgemacht.“, berichtet Beckham. Und Pérez ergänzt: „Das klingt vielleicht böse, aber bei allem Respekt für Manchester United: Wie ich schon sagte, er war einfach für Real Madrid geboren.“ Zwölf Stunden später flog er bereits nach Madrid. „Einfach so.“

35 Millionen wurden überwiesen und Pérez und Madrid hatten einen weiteren Galáctico. Den vierten. Was zu den berühmten „Cuatro Torres“ passt, Madrids vier Wolkenkratzern mit sehr berühmten Spitznamen. Beckham erklärt: „Ich saß mit dem Präsidenten zusammen. Von seinem Büro aus hatte man einen Blick auf einige Wolkenkratzer. Er meinte: Das sind die Galácticos. Das ist Figo, da Ronaldo, da Zidane. Dann sagte er: Der hier ist deiner. Das hat mir gefallen.“

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Die Cuatro Torres stehen auf Reals ehemaligem Trainingsgelände und haben durch den hohen Kaufpreis der Stadt Madrid an den Verein die Spitznamen der vier Galácticos – Fotos: REAL TOTAL/Nils Kern

Weltweite „Beckham-Mania“

Der Transfer löste eine regelrechte Hysterie aus – nicht nur in Madrid und Spanien, sondern weltweit! Beckham kam mit wichtigen Sponsoren-Verträgen. Die Öffnung nach China, die Merchandising-Einnahmen dank der Stars, alles begann mit ihm. Der Paradigmenwechsel kam mit Beckham. Kein Wunder, dass Beckham mit seinem neuen Verein nur Tage nach dem Transfer in Asien auf große Promo-Tour ging. Die Königlichen bekamen mit Beckham nicht nur einen Freistoß-Spezialisten, sondern auch den asiatischen Markt. In der einwöchigen Tour in Asien verkaufte Real Merchandising-Artikel wie Handys oder Beauty-Produkte, zusätzlich explodierten die Trikot-Verkäufe von einer Million zu drei Millionen verkauften Shirts in einer Woche. Fünf Millionen asiatische Fans waren plötzlich Real-Fans und drückten nicht mehr Manchester United die Daumen. Sein damaliger Real-Mitspieler Míchel Salgado berichtet in der Netflix-Doku, dass sich bei der Asien-Werbe-Tour regelmäßig über 10.000 Menschen vor dem Hotel der Blancos um vier Uhr in der Früh versammelten, nur um David Beckham zu sehen. Der Brite selbst, der mit seinem früheren Verein schon häufig auf Promo-Reisen unterwegs war, spricht im Zusammenhang mit der Asien-Tour mit Real von „einer ganz anderen Dimension“.

Der Hype um Beckham und Real war im Sommer 2003 auch in China riesig – Foto: LIU JIN/AFP via Getty Images

Neuer Freundeskreis gegen Einsamkeit

Nach dem Wechsel in die spanische Hauptstadt hatte Beckham Schwierigkeiten, sich in seiner neuen Umgebung einzuleben, und gibt in der Netflix-Dokuserie zu, dass er sich einsam fühlte, zumal seine Frau Victoria und die Kinder Brooklyn und Romeo noch nicht nach Madrid gezogen waren. Allerdings freundete er sich schnell mit dem brasilianischen Duo Ronaldo Nazário und Roberto Carlos an. Auch der Salgado war Teil der Gruppe und half Beckham sehr bei der Integration. „David hat am Anfang sehr unter der Einsamkeit gelitten“, erklärt der Spanier. „Also haben wir eine Gruppe von Freunden zusammengestellt, die sich um David kümmern, damit er sich besser fühlt.“ Es wird auch enthüllt, dass Beckham stundenlang mit Carlos lachen würde, obwohl er ihn eigentlich nicht verstehen konnte. Der damalige Manager Carlos Queiroz erinnert sich: „Ich erinnere mich noch an einen Tag, als ich David und Roberto Carlos am selben Tisch essen sah. Ich dachte: ‚Wie kann ein Mann, der kein Englisch spricht, und ein anderer, der kein Portugiesisch oder Spanisch spricht, zwei Stunden zusammen sein und lachen?‘.“ Allerdings war die Sprachbarriere laut Roberto Carlos nie ein Problem: „Er wusste genau, was ich ihm sagte und umgekehrt.“ 

Beckham freundete sich schnell mit Ronaldo und Roberto Carlos an – Foto: JAVIER SORIANO/AFP via Getty Images

Beckham fühlte sich dadurch sehr schnell sicher und wohl im Kreise der Mannschaft. Und nach einem glücklosen Debüt (trotz Vorlage) am 24. August 2003, als Real Madrid bei Mallorca mit 1:2 verlor, lief es drei Tage später bei seinem ersten Auftritt im Estadio Santiago Bernabéu deutlich besser. Denn der Engländer konnte nicht nur seinen ersten Treffer, sondern auch ersten Titel bejubeln – das Supercopa-Rückspiel wurde mit 3:0 gewonnen. Auch in seinem LaLiga-Debüt gegen Betis (2:1) netzte „Becks“ ein. Es schien zu laufen, Real Madrid führte die Tabelle lange an, und gewann am Ende doch keine Trophäe mehr – erst wieder im Sommer 2007 in Beckhams 159. und damit letztem Spiel. Aber das ist eine andere Geschichte.

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