
Mit 42 Punkten Tabellenführer in LaLiga, starke 13 Zähler Vorsprung auf Atlético Madrid, sagenhafte 18 auf den FC Barcelona: Das alles ist Carlo Ancelotti in seiner Funktion als Chefcoach von Real Madrid zuzuschreiben. Der 62-Jährige gewinnt am Sonntagabend auch das Derbi Madrileño gegen Diego Simeones Truppe – das wohlgemerkt erstmals in der Primera División – und steht nach 17 Spieltagen bei 13 Siegen, drei Remis und nur einer einzigen Niederlage. Wer hätte das vor der Saison gedacht?
Die Königlichen stehen absolut verdient dort, wo sie stehen: An der Spitze. Weil Ancelotti weiß, wie er seine Mannschaft zu führen und zu kontrollieren hat. Die Blancos besiegeln mit dem 2:0 gegen Atlético wettbewerbsübergreifend nicht nur ihren zehnten Sieg in Folge – der Fußball, den „Don Carlo“ spielen lässt, ist abermals auch schön anzuschauen. Unter dem Italiener ist eine klare Spielidee zu erkennen: Der Spielaufbau basiert auf einem taktischen Konzept, Offensivaktionen wirken ausgeklügelt – aber doch kreativ. Ancelotti weckt endlich wieder Begeisterung, Spiele von Real Madrid anzusehen.
Das war unter seinem Vorgänger Zinédine Zidane teilweise anders. Zumindest zur zweiten Amtszeit des Franzosen. Zwar holte der 49-Jährige mit den Merengues 2020 noch die Supercopa und den letzten Meistertitel, doch waren die Siege oft „dreckig“ und wenig ästhetisch. Der Spielaufbau wirkte unter „Zizou“ teils auf Zufall basiert, Offensivaktionen zu ideenlos. Ancelottis Real hat allein in den bisherigen 17 Ligaspielen schon 39 Tore erzielt. In der Vorsaison waren es unter Zidane in der kompletten Ligasaison 67 Tore. Spielen die Königlichen unter Ancelotti so weiter, kommen sie am Ende der Spielzeit bei 20 Toren mehr als in der Vorsaison unter Zidane raus.
Der Wechsel vom Franzosen zum Italiener kam für Real Madrid genau zum richtigen Zeitpunkt. Zidane wirkte amtsmüde – und konnte Spielern und Verein auch deshalb kein neues Leben mehr einhauchen. Ancelotti startete seine zweite Amtszeit beim spanischen Rekordmeister dafür mit neuem Elan und einer ganz besonderen Motivation: Diesmal will er nicht wieder entlassen werden, er möchte mehr als den Champions-League-Titel und die Copa del Rey gewinnen. Diese Saison ist wohl mindestens der Meistertitel fällig.
Ancelotti hat im Sommer genau an den richtigen Stellschrauben gedreht: Er hat so ziemlich jeden Spieler nochmal auf ein neues Level gehoben. Anfangen im Tor bei Thibaut Courtois, der letzte Saison schon stark auftrat, aber in dieser Spielzeit nochmal einen Sprung gemacht hat. Oder auch Éder Militão, der unter Zidane teilweise kaum Beachtung fand, sich unter Ancelotti aber bislang prächtig entwickelt. Auch das Dreier-Mittelfeld um die Routiniers Luka Modrić, Casemiro und Toni Kroos zählt wieder zu den besten Mittelfelds oder ist gar (wieder) das beste Mittelfeld der Welt.
Und im Angriff spielt Vinícius Júnior unter Ancelotti derart beeindruckend auf, dass der 21-jährige Brasilianer derzeit völlig zurecht Ovationen im Abonnement des Estadio Santiago Bernabéu erhält. Doch selbst Spieler wie Marco Asensio, der zwischen Startelf und Joker-Rolle wechselt, stehen plötzlich wieder im Fokus – während unter Zidane noch über einen Abgang spekuliert wurde. Ähnlich verhält es sich bei Luka Jović, der unter Ancelotti eine ganz andere Körpersprache an den Tag legt als unter Zidane.
Dieser Ancelotti erhält sämtliche Lobeshymnen völlig zu Recht. Und das sich ausgerechnet Simeone nach der Derby-Niederlage vor seinem Kollegen verneigt, zeigt den Stellenwert, den der Real-Coach und seine gegenwärtige Spielweise in der Fußballwelt besitzt. „Real spielt einen Fußball, der mir sehr gefällt, auf hohem Niveau und mit schnellen Umschaltaktionen, dazu mit einem großartigen Trainer, der viele Dinge gut macht, vieles verbessert hat… Sie kommen auf dein Tor zu und oft wird es gefährlich. Sie befinden sich in einer sehr starken, konstanten Verfassung“, schwärmt der Atlético-Trainer. Ancelotti muss seine Erfolgsformel nur am Laufen halten, dann dürfen sich die Real-Fans vermutlich noch auf so einige Spektakel in dieser Saison und auch darüber hinaus freuen. Vertraglich ist „Carletto“ ja noch bis 2024 an die Madrilenen gebunden.
Community-Beiträge