
Sevilla und Espanyol fordern Aufklärung und Respekt für Fans
Der Korruptionsskandal um den FC Barcelona zieht immer weitere Kreise – wobei sich die Schlinge Tag für Tag etwas mehr zuzuziehen scheint. Fast eine Woche nachdem Dokumente veröffentlicht wurden, dass Barça von 2001 bis 2018 fast sieben Millionen Euro an den damaligen Vizepräsidenten des spanischen Schiedsrichter-Komitees (CTA) José María Enríquez Negreira überwiesen hat, gibt es immer mehr Details und Reaktionen.
Vorgeschichte zum Skandal: Was ist wann wie passiert
Mit dem FC Sevilla und RCD Espanyol haben sich am Montag die ersten LaLiga-Klubs zur Thematik geäußert. Sevilla „äußert Bedenken“ und fordert volle Klarstellung über das, was passiert ist bei dieser „ernsten Angelegenheit“, die die „Integrität der spanischen Wettbewerbe in Frage stellt“. „Alle Fans verdienen Respekt“, fordern die Andalusier und auch Barcelonas Stadtrivale zeigt sich „beunruhigt über die Informationen“ und fordert „außergewöhnliche Maßnahmen, um die tatsächlichen Vorgänge aufzuklären“.
Comunicado oficial en relación al denominado ‘Caso Negreira’.#SevillaFC #WeareSevilla
— Sevilla Fútbol Club (@SevillaFC) February 20, 2023
Spannend auch: Espanyol fordert auch die anderen Vereine auf, „einen Schritt nach vorne zu machen, um das gute Funktionieren und den guten Namen unseres Fußballs zu verteidigen“ – ob sich Real Madrid da auch angesprochen fühlen wird? Unwahrscheinlich. Zu ruhig scheint es beim spanischen Rekordmeister zu sein.
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— RCD Espanyol de Barcelona (@RCDEspanyol) February 20, 2023
Ex-Trainer hatten keine Ahnung
Inzwischen haben sich nicht nur zwei Erstligisten zur Thematik geäußert, sondern auch drei ehemalige Mitarbeiter des FC Barcelona. Denn der beschrieb die 18 Jahre lange Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Schiedsrichter als „technische Beratung“ über aktive Schiedsrichter für die Trainer und Spieler – laut Barça eine gängige Praxis bei Profifußballvereinen. Das kann gut sein, noch irritierender ist nur, dass sich frühere Trainer gar nicht an derartige Berichte erinnern können. Athletic-Coach Ernesto Valverde war 2018 der Letzte, der Enríquez‘ „Leistungen“ nutzen konnte beziehungsweise hätte nutzen können. Zwar gibt der Spanier zu, dass derartige Berichte „etwas Alltägliches“ seien, allerdings hatte er auf einer Pressekonferenz keine Erinnerung zu seinen drei Jahren in Katalonien: „Das (die Korruptionsvorwürfe; d. Red.) war auch für mich eine Überraschung. Ich hatte keine Ahnung von all dem, es ist lange her. (…) Ich erinnere mich nicht an die Berichte der Schiedsrichter.“
Valverde trainierte Barça von 2017 bis 2020, in der Saison 2013/14 hatte Gerardo „Tata“ Martino dieses Vergnügen. Einer seiner damaligen Assistenten verriet gegenüber EL CONFIDENCIAL: „Wir haben keine Schiedsrichterberichte erhalten. (…) Ich für meinen Teil habe keine Ahnung. Es ist das erste Mal, dass ich davon etwas höre.“
Fast sieben Millionen Euro (genau: 6.659.488 Euro) hat Barça für Schiedsrichter-Beratung an ein kleines Unternehmen – Enríquez’ Firma „DASNIL 95“ hat nach 2018 keine Umsätze mehr erzielt – über viele Jahre hinweg gezahlt, aber dann hat kaum jemand davon gewusst? Eine vertragliche Beziehung bestand nicht, wie inzwischen heraugefunden wurde, scheinbar sollten die Zahlungen geheim gehalten werden, bis das Finanzamt den Zeitraum von 2016 bis 2018 untersuchte und Fragen hatte zu den damaligen drei Zahlungen. „In diesem Sport gab und gibt es sehr viele Leute, die noch nie gegen einen Ball getreten haben und die dank dieser Sportart über ihre Verhältnisse gelebt haben“, weiß auch Quique Setién. Auf einer Pressekonferenz verriet er: „Wir alle wissen, dass dort, wo es Geld gibt, gibt es immer auch viele interessierte Leute und viel Verschmutzung.“ Setién trainierte die „Blaugrana“ im Jahr 2020, konnte da nicht mehr von Enríquez‘ Leistungen profitiert haben, da dieser 2018 beim spanischen Verband unter dem neu gewählten Luis Rubiales rausgeworfen wurde.
Keine Verträge, dafür Drohungen
Anders formuliert: Kaum hatte Enríquez sein hohes Amt als zweitwichtigster Mann im spanischen Schiedsrichterwesen nicht mehr inne, war er für den FC Barcelona scheinbar nicht mehr von wert. Die Katalanen hatten unter Bartomeu sogar schon vorher die Zahlungen verringert, wonach der Ex-Schiedsrichter sogar drohte „alle Unregelmäßigkeiten“ aufzudecken, wie er in einer handgeschriebenen Drohung per Fax formulierte – das Dokument hatte Bartomeu selbst zuletzt gezeigt. Apropos geleakte Dokumente: Als das Finanzamt 2021 nach Belegen für die Zahlungen fragte, gab es im Verein die Frage: „Sagen wir es ihnen (Vermutung: dass es keine Verträge oder ähnliches gibt und man die Beziehung verschleiern wollte; d. Red.) oder spielen wir verrückt?“ All das: geleakt von EL MUNDO und Co. und ein weiteres Zeichen, dass sich die Schlinge um den FC Barcelona weiter zuzieht.
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