Interview

„Maulwurf? Verräter? Geizkragen? Das schert mich nicht“

Iker Casillas will die Vergangenheit hinter sich lassen und ausschließlich nach vorne blicken. In einem ausführlichen Interview mit PAPEL, einer von dem Tagesblatt EL MUNDO herausgegebenen Zeitschrift, sprach der Torhüter des FC Porto über seine letzten schwierigen Jahre bei Real Madrid und blieb dabei seiner Linie treu, kein negatives Wort über seinen ehemaligen Arbeitgeber zu verlieren. Auch berichtete der 34-Jährige von seinen ersten Monaten in Portugal.

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Iker Casillas
Iker Casillas war von 1990 bis 2015 ein Teil Real Madrids

IKER CASILLAS über…

…seine Situation in den vergangenen Jahren: „Sie war verdammt schwierig. Ja, ich hätte viel mehr und viel ehrlicher reden können, aber wozu? Die Leute erwarten jetzt die großen Erklärungen Ikers, aber diese werden nicht kommen. Warum sollte ich jetzt reden, wenn ich in den letzten drei Jahren nicht geredet habe? Ich würde niemals schlecht über meinen Ex-Klub und seinen Präsidenten reden, niemals. Dieser Klub hat mir mehr als 25 Jahre lang gewisse Werte vermittelt, eine Handlungs- und Umgangsform und eine Erziehung. Jetzt wäre es einfach, große Töne zu spucken und von vielen Dingen zu berichten, aber zugleich feige, da ich zuvor ebenso wenig darüber sprach.“

…seine stets ruhige Verhaltensweise: „Ich litt unter all dem, was außerhalb des Klubs über mich gesagt wurde. Ich bevorzugte es, zu schweigen, denn ich wollte meinem Arbeitgeber keinen Schaden zufügen. Es hatten ohnehin schon andere gesprochen. Nicht für mich, sondern über mich. Ich würde es heute genauso machen und erneut schweigen. Viele Leute meinten oft zu mir, ich müsse mit der Faust auf den Tisch hauen, aber ich bereue meine Verhaltensweise keineswegs.“

…manche Vorwürfe, er sei ein Maulwurf, Verräter und Geizkragen gewesen: „Das schert mich nicht.“

…seinen unrühmlichen Abschied: „Es war nun einmal der Abschied, den ich hatte. Nicht mehr, nicht weniger. Ich werde nicht zurückblicken und meinen Abschied mit denen anderer Spieler vergleichen. Ich musste weinen, weil mir tausende Erinnerungen durch den Kopf schossen. Als ich zum ersten Mal mit neun Jahren das Trainingszentrum betrat, als ich mit 14 mein erstes Gehalt bekam, als ich zum ersten Mal mit Real Madrid außerhalb Spaniens spielte… Natürlich bist du traurig, wenn du den Klub deines Lebens verlässt, aber ich bin ohne Gemurre gegangen. Ich denke auch, dass ich nahezu zu allen Madridistas ein gutes Verhältnis hatte.“

…sein Verhältnis zu Florentino Pérez: „Niemand hat mich enttäuscht. Ich bin mittlerweile in einem Alter, um Entscheidungen zu treffen und wegzuschauen. Hoffentlich wird es dem Präsidenten gut ergehen. Ich werde meinen Fortgang aus Spanien nicht ausnutzen, um über Real Madrid zu reden. Ich habe nicht Angst, sondern zügele mich nur. In meine Worte würde zu viel hineininterpretiert werden, es würden Debatten entstehen… das will ich nicht. Ich will einfach nur nach vorne schauen und nicht weiter in der Vergangenheit leben.“

…die Pfiffe der eigenen Anhänger gegen ihn: „Was mich wirklich verletzte, waren die Pfiffe in wichtigen Heimspielen wie beispielsweise 2014 gegen Valencia, als es für uns noch um die Meisterschaft ging. Das Wichtige war zu diesem Zeitpunkt, die Mannschaft voll und ganz zu unterstützen anstatt Casillas ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen. Aber das war nun einmal das Erbe der vergangenen Epoche und ich musste damit leben.“

…seine Rolle am Ende der Ära José Mourinho: „Anfang 2013 kehrte ich in die Startformation zurück. Barcelona zog in der Liga davon, doch in der Champions League und im Pokal waren wir auf einem guten Weg und besaßen noch alle Chancen. Dann verletzte ich mich. Dann begann ich einen Strom von Nachrichten über mich zu verspüren. Mehr und mehr wurde über mich gesprochen. Das kam mir seltsam und verdächtig vor.“

…seine Meinung über „the Special One“: „Meine Empfindung für Mourinho ist nicht die, die ich weder in diesem Moment noch irgendwann anders preisgeben werde. Das, was wir uns sagen mussten, sagten wir uns damals von Angesicht zu Angesicht. Die Leute wissen, was war: Wir hatten am Ende unserer Zusammenarbeit kein gutes Verhältnis mehr zueinander.“

…seine Beziehung zu Cristiano Ronaldo: „Er ist eine sehr direkte Person, der sein Temperament und seinen Charakter hat. Ich habe ihn sechs Jahre lang kennen lernen dürfen und wir sind immer wunderbar miteinander umgegangen. Wenn wir mal ein Problem miteinander hatten, klärten und vergaßen wir es umgehend.“

…seine häufig infrage gestellten Führungsqualitäten: „Ich habe mich als Leader gefühlt, sowohl bei Real Madrid als auch bei der Nationalmannschaft. Ich wuchs mit vielen Leadern auf, von denen ich lernte. Ich versuchte, diese Erfahrungen auf meine Weise umzusetzen, mit meiner Persönlichkeit zu verknüpfen. Ich nehme an, dass der eine oder andere Kamerad damit nicht ganz zufrieden war. Ein Leader, genau weil er eben ein Leader ist, kann nicht allen zusagen. Aber alles in allem bin ich der Meinung, aus dem Holz eines Leaders geschnitzt zu sein.“

…die zum Teil fehlende Dankbarkeit in Spanien: „Ich habe nicht das Gefühl, dass die Spanier undankbar sind. Sowohl bei der Nationalmannschaft als auch bei Real Madrid wurde mir immer viel Dankbarkeit entgegengebracht. Eine andere Sache ist die spanische Presse.“

…sein neues Abenteuer beim FC Porto: „Ich habe in der Mannschaft gespielt, die DIE Mannschaft ist. Die Mannschaft der Welt. Nun bin ich bei einem neuen Klub, an dessen Geschichte ich ebenfalls teilhaben will. Mit Bescheidenheit und Demut hat dieser Klub viele Erfolge gefeiert. Porto ist auch ein großer Klub und ich fange bei Null an. Das ist eine Herausforderung für mich.“

…die Unterschiede zwischen seinem neuen und alten Arbeitgeber: „Hier ist das Umfeld wesentlich menschlicher und familiärer, wenngleich trotzdem absolut professionell. Alle rudern in die gleiche Richtung.“

…seine Integration ins Team von Julen Lopetegui: „Sie war einfach, weil einige Spanier im Team sind und man sogleich jegliche Scham gegenüber Unbekannten ablegt. Hier sind viele junge Spieler. Ich möchte, dass sie verstehen, dass ich eine demütige Person bin, die mit harter Arbeit ihre Ziele erreicht hat. Niemand soll sich wegen meines internationalen Rufes gegenüber mir zurückhalten. Ich bin einer mehr im Kader und will ein Vorbild und eine Unterstützung sein. Ich will, dass man mich in Portugal so sieht, wie ich bin.“

…seine Präsentation bei den Portugiesen: „Ich war kurioserweise sehr nervös, denn ich erlebte nie zuvor eine eigene Präsentation. Ich debütierte als dritter Torhüter für Real Madrid, weil die zwei Stammkeeper verletzt gewesen waren.“

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